Christian Meyer: Rede zum Gesetz für gutes und faires Wohnen in Niedersachsen (Änderungsantrag Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

(Anrede)

Bereits vor mehr als einem dreiviertel Jahr hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf für einen besseren Wohnraumschutz und gegen Zweckentfremdung vorgelegt. Die SPD hat uns damals vorgeworfen, dass der Entwurf auf den bestehenden Gesetzen in Hamburg, NRW, Bayern und Berlin basiert. Was dort funktioniert braucht auch Niedersachsen- und die Kommunalen Spitzenverbänden warten darauf. Bei unserer Einbringung hat Bauminister Olaf Lies angekündigt, dass er - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - zügig ein Gesetz vorlegen werde. Im Koalitionsvertrag heißt es – ich zitiere „Wir wollen EIN Wohnraumschutzgesetz schaffen, das einerseits die Rechte von Mietern auf angemessene Wohnzustände definiert und andererseits den Kommunen die Möglichkeit einräumt, über eine Satzung die Zweckentfremdung von Wohnraum zu unterbinden.“

(Anrede)

Sie brechen gerade Ihre eigenen Versprechungen, statt einem umfassenden Gesetz wie in den anderen Ländern und in unserem grünen Gesetzentwurf, greifen Sie heute die Rechte von Mieter*innen auf angemessene Wohnzustände in keiner Weise auf. Sie legen nur einen kleinen Teil vor, nämlich in besonderen Lagen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum für Touristen oder gegen Umnutzung in Gewerbe vorzugehen. Und auch hier folgen Sie nicht den Forderungen der Kommunen, die in der Anhörung deutlich für die grünen, schärferen Regeln plädiert haben. So wollen Sie erst gegen spekulativen Leerstand von mehr als einem halben Jahr vorgehen, während wir 4 Monate vorschlagen und Berlin sogar 3 Monate hat. Auch sind die Bussgelder nur ein Fünftel des bayrischen Niveaus und das will schon etwas heißen. Und Sie wollen auch keine aktive Meldepflicht und angemessenen Ersatzwohnraum für Durchschnittsverdiener, sondern sorgen für einen zahnlosen Tiger, wo viele Zweifel haben, ob er wirksam die Umwidmung von Wohnraum etwa auf den Inseln bekämpft. Der Bürgermeister von Langeoog hat ja in der Anhörung klargemacht wo die Probleme liegen. Auch Orte wie Delmenhorst würden gerne solche Satzungen gegen Zweckentfremdung einführen, sind aber durch ihre harten Kategorien für Wohnungsnotstand daran gehindert.

Es bleibt also fraglich, ob Sie damit wirklich die Wohnungsnot ernsthaft beseitigen können.

(Anrede)

Was uns und die Kommunen aber wirklich verwundert, ist, dass die SPD und auch die CDU auf jegliche Definition von menschenwürdigem Wohnraum verzichten. Ist die Unterbringung von 15 Menschen in einer Wohnung mit 60 m² mit einer Toilette für Sie angemessen? Bekommen die Kommunen weiterhin keine Aufsichtsmöglichkeiten wenn menschenunwürdige Bruchbuden und Schrottimmobilien an Menschen die in Schlachthöfen arbeiten oder zur Saisonarbeit bei uns, vermietet werden.

Ich erinnere noch einmal an Ihr Versprechen im Koalitionsvertrag:

Dieses EINE Gesetz sollte also auch menschenunwürdige Wohnverhältnisse wie bei Werksvertragsarbeitern bei Schlachthöfen oder im Wollepark in Delmenhorst, wo Menschen wochenlang ohne Wasser und Heizung hausen mussten, umfassen. Auch die Sozialministerin hat nach den Tuberkulose Erkrankungen von Menschen im Raum Cloppenburg angekündigt, dass die Kommunen mit dem neuen Gesetz bessere Aufsichtsmöglichkeiten bekommen sollen, um gegen unwürdige Wohnverhältnisse vorzugehen. Doch dies fehlt alles im Gesetz. Die Kommunen bekommen keine bessere Aufsicht.

(Anrede)

Ob es nun die CDU, der Lobbydruck, der Ministerpräsident oder der stellvertretende Ministerpräsident war der diesen Teil zur Menschenwürde des Wohnens blockiert, bleibt unklar. Fakt ist, das Thema menschenwürdige Wohnverhältnisse ist für die GroKo anders als versprochen, nicht so wichtig.

Im rot-grünen Gesetzentwurf der letzten Periode war diese soziale Komponente selbstverständlich vorgesehen und da hatte das Ministerium und der GBD keine Bedenken.

(Anrede)

Und ich weiß auch nicht, wem es hilft aus einem Gesetz zwei zu machen. Das ist weder Bürokratieabbau noch für die Betroffenen Vermieter*innen und Mieter*innen verständlich. Sie schaffen dann auch zwei verschiedene Eingriffs- und Betretensrechte in die Unverletzlichkeit der Wohnung – Artikel 13. Daher helfen wir GRÜNE ihnen heute ihre eigenen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Mit unserem Änderungsantrag können Sie heute auch dafür sorgen, dass Kommunen effektiv und wirksam gegen unwürdige Wohnverhältnisse und Abzocke vorgehen können. In Hamburg, NRW, Berlin und selbst Bayern existiert schon ein solches Gesetz. Und was Olaf Scholz und die rot-grüne Landesregierung in Hamburg seit langem in Kraft gesetzt haben, sollten wir doch auch den Kommunen in Niedersachsen erlauben.

Der Präsident des Städtetages OB Ulli Mägde aus Lüneburg hat dies mehrfach angemahnt, dass die Kommunen stärker gegen katastrophale Wohnverhältnisse vorgehen müssen. Und wenn Sie nicht auf uns hören, dann doch wenigstens auf die Kommunen, die händeringend ein Wohnraumschutzgesetz wollen. Daher stimmen Sie unserem Änderungsantrag heute zu und Niedersachsen bekommt ein gutes Wohnraumschutzgesetz und konsequentes Vorgehen gegen Zweckentfremdungen wie in anderen Bundesländern. Und unbürokratisch ist es auch, statt zwei Gesetzen nur eins zu machen. So wissen Mieter*innen, Vermieter*innen und Kommunen woran sie sind.

Und setzen Sie vor der Europawahl ein Zeichen, dass die Menschen aus anderen europäischen Ländern, die hier in der Fleischindustrie schuften, uns nicht egal sind, sondern wie alle Menschen ein Menschenrecht auf faires und gutes Wohnen haben. Und zeigen Sie das spekulativer Leerstand, Abzocke mit unwürdigem Wohnraum von Niedersachsen nicht toleriert, sondern wirksam bekämpft wird.

Schon Goethe schrieb 1802: „‘Eine schlechte Wohnung macht brave Leute verächtlich‘.

Daher stimmen Sie für faires und gutes Wohnen in Niedersachsen und setzen Sie Ihren eigenen Koalitionsvertrag um.

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