Antrag: Zukünftige Infrastrukturpolitik für Niedersachsen - mobilitätssichernd, nachhaltig, bezahlbar

Fraktion SPD
Bündnis 90/Die Grünen                                                         

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Niedersachsen ist in Mitteleuropa eine zentrale Logistikdrehscheibe für Güter auf Schienen, Straßen und Wasserstraßen und eine Mobilitätsdrehscheibe für den Personenverkehr auf Schienen und Straßen. Der Ausbau der Hafenhinterlandverkehre und der Ausbau zur Mobilitätssicherung sind Kernaufgaben der Infrastrukturpolitik des Landes.

Festzustellen ist, dass viele verkehrliche Großprojekte in Niedersachsen über ihre Benennung, über Teilplanungen oder über inzwischen völlig unrealistische Kostenkalkulationen hinaus in den letzten zehn Jahren nicht vorangekommen sind.

Viele Verkehrsprojekte stehen noch am Anfang oder sind trotz fertiger Planung finanziell in den nächsten Jahren nicht abgesichert. Allein sechs Ortsumgehungen von Bundesstraßen sind fertig geplant, aber finanziell nicht abgesichert. Bundesweit verliert Niedersachsen immer mehr den Anschluss an den Ausbau anderer Bundesländer und der europäischen Nachbarländer.

Wir brauchen daher auch für Niedersachsen einen Neuanfang.

Infrastrukturpolitik braucht zunächst auch auf Bundesebene ein neues Grundkonzept für die Bundesverkehrswegeplanung 2015. Eine reine Fortschreibung des derzeit geltenden Bundesverkehrswegeplans von 2003 wird vor dem Hintergrund immer enger werdender finanzieller Spielräume einer bedarfsgerechten Schwerpunktsetzung nicht gerecht.

Ziel muss es sein, dieses Grundkonzept für die Bundesverkehrswegeplanung zu erarbeiten und eine zeitgemäße Schwerpunktsetzung vorzunehmen.

Der Landtag stellt daher fest:

  •  Die Infrastrukturpolitik des Landes muss am Leitbild einer sozialen, ökonomischen und ökologischen Entwicklung nachhaltig ausgerichtet werden.
  • Die Bürgerinnen und Bürger müssen umfassend und frühzeitig bei der Festlegung der Ziele und Prioritäten des Infrastrukturausbaus sowie bei der Planung der Verkehrswege beteiligt werden, damit Lösungen gefunden werden, die möglichst vielen Interessen gerecht werden und Akzeptanz schaffen. Es müssen mehr Planungsspielräume vor Ort ermöglicht werden.
  • Es bedarf einer besseren Abstimmung zwischen dem Bundesverkehrswegeplan und den vorhandenen Infrastrukturnetzen der Bundesländer. Dazu gehört auch eine anteilige Finanzierung von Netzen der NE-Bahnen durch den Bund.
  • Alle Verkehrsträger, Straße, Schiene, Wasserstraßen und Luftverkehr, sind unter Vernetzungsgesichtspunkten bei Ausbauprojekten zu planen und zu realisieren. Das beinhaltet auch die Einbeziehung und Berücksichtigung nichtmotorisierter Verkehrssysteme. Dabei sind verstärkt Verkehre auf umweltfreundlichere Verkehrsträger zu verlagern und ist ein „Modal Split“ zwischen den Verkehrssystemen zu entwickeln.
  • Verkehrspolitik muss einen gestaltenden Anspruch haben und dabei die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen, die Transporterfordernisse der Wirtschaft und die Freiheit der Menschen, das Verkehrsmittel seiner Wahl zu nutzen, anerkennen.
  • Gut ausgebaute Verkehrswege und ihre dauerhafte Unterhaltung sind eine wesentliche Grundlage der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands als Industrie-, Dienstleistungs- und Exportnation.
  • Verkehrspolitik der nächsten Jahre muss zunächst durch effiziente Organisation von Verkehren und einer integrierten Verkehrs- und Siedlungspolitik die bestehende Infrastruktur besser zu nutzen.

Die Landesregierung wird aufgefordert:

  • für gesamtstaatliche Aufgaben, Straße, Schiene und Wasser betreffend, beim Bund Mittel für den Bau einzuwerben;
  • insbesondere für die Hafenhinterlandanbindungen zusätzliche Mittel einzuwerben;
  • neue Verkehrsprojekte des vordringlichen Bedarfs an ihrer Netzfunktion zu orientieren, an den Nachhaltigkeitszielen und an der Finanzierbarkeit zu messen und erst dann zu planen, wenn auch in vertretbarer Zeit Baureife erreicht werden und Bau erfolgen kann.

Analog zur Grundkonzeption des neuen Bundesverkehrswegeplans 2015 sind folgende Prioritäten zu setzen:

  • höchster verkehrlicher Nutzen bei möglichst geringen Belastungen für Mensch und Natur,
  • Erhalt vor Ausbau vor Neubau,
  • optimierte Nutzung vorhandener Kapazitäten,
  • Vorrang bei Engpassbeseitigung, um Störanfälligkeit zu verhindern,
  • Stärkung intermodaler Knoten und kombinierter Verkehre,

Begründung:

Die niedersächsische Verkehrspolitik wird in den nächsten Jahren mit großen Herausforderungen konfrontiert. Mobilität ist eine wesentliche Grundlage für den Wohlstand und die Prosperität Niedersachsens und das Rückgrat unseres Industrie- und Dienstleistungsstandortes.

Nicht abgeschlossene Hafenhinterlandanbindungen, geringe Beförderungsdichte im regionalen Schienenverkehr, die fehlende angemessene Instandhaltung der NE-Bahnen für ein Gesamtschienennetz in Niedersachsen, Sanierungsverzug bei Landesstraßen, geringe Planungs- und Fertigstellungsquoten bei den großen Verkehrsprojekten Niedersachsens kennzeichnen die fehlende Dynamik in der niedersächsischen Verkehrspolitik.

Niedersachsen kann als zentrales Logistik-, Industrie- und Dienstleistungsland den Anschluss an die Nachbarländer nur halten, wenn es gelingt, Ziele und Grundsätze einer nachhaltigen Verkehrspolitik im gesellschaftlichen Konsens zu finden.

Dazu bedarf es der Überprüfung der bisherigen Praxis der Planung und des Ausbaus, der Einführung einer frühzeitigen und optimierten Bürgerbeteiligung und eines gesellschaftlichen parteiübergreifenden Konsenses als Handlungsrahmen.

Vor dem Hintergrund einer maßlosen Überzeichnung der Mittel im Bundesverkehrswegeplan durch eine Vielzahl von Verkehrsprojekten ist eine reine Fortschreibung nicht sinnvoll. Sie bedarf unter Netzgesichtspunkten und unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Verkehrspolitik einer Überprüfung.

Das bedingt auch die verstärkte Förderung technischer Innovationen, effizienterer Antriebe und Treibstoffe, aber auch verstärkt telematischer Verkehrslenkungssysteme.

Gleichzeitig sind flankierend Anreize zu schaffen, damit der Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße sowie den ÖPNV, Fuß- und Radverkehr vorankommt.

Dabei müssen einzelne Verkehrsträger optimiert und so verknüpft werden, dass sie im Zusammenspiel ihre Stärken in Niedersachsen optimal entfalten können.

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