Antrag: Zehn Jahre Neonaziaufmärsche in Bad Nenndorf sind zu viel: Niedersachsen steht zusammen und entschieden gegen Geschichtsrevisionismus und rechtsextreme Propaganda

Fraktion der CDU
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion der FDP

Der Landtag wolle beschließen:

Resolution

Seit 2006 veranstalten Neonazis aus ganz Deutschland und dem Ausland jährlich im August einen sogenannten Trauermarsch im Kurort Bad Nenndorf im Landkreis Schaumburg, um die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen. Aufhänger dieser Veranstaltungen ist dabei für sie das im Ortskern gelegene Winklerbad. Der britische Militärgeheimdienst richtete hier nach dem zweiten Weltkrieg ein Verhörzentrum ein. Hochrangige Angehörige des Naziregimes, wie Oswald Pohl, der Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes der SS, und damit der Hauptverantwortliche unter anderem für die Vernichtung durch Arbeit im nationalsozialistischen KZ-System, waren hier inhaftiert. Die Vernehmungen richteten sich nicht nur gegen Nazis, sondern auch gegen Deutsche, die unter dem Verdacht standen, Kommunisten zu sein. Bereits 1947 schlossen die Briten das Verhörzentrum und verfolgten diese Vorfälle gerichtlich.

Die Neonazis instrumentalisieren das Gebäude als geschichtsrevisionistisches Symbol und relativieren damit die historische deutsche Schuld unter anderem am Verbrechen des Holocaust. Diese von Neonazis inszenierten Trauermärsche sind nicht das Zeichen ehrlicher Trauer, sondern Ausweis ihrer Billigung des von Deutschen verursachten Leiden. Der Niedersächsische Landtag zeigt seinen tiefen Respekt vor der eindeutigen Ablehnung der Bevölkerung aus Bad Nenndorf und der vielen engagierten Menschen aus ganz Niedersachsen, die gegen den Hass und die Menschenverachtung der Neonazis seit Jahren aufstehen. Wir wissen um die Belastungen gerade der Bewohnerinnen und Bewohner Bad Nenndorfs durch den rechten Aufmarsch. Den in Bad Nenndorf gesetzten Zeichen ist es zu verdanken, dass der Aufmarsch mittlerweile vom ehemals bundesweit drittgrößten Aufmarsch von Neonazis in den letzten Jahren kontinuierlich geschrumpft ist.

70 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus ist es weiterhin unsere besondere Verantwortung in der deutschen Gesellschaft jeder Relativierung der historisch einmaligen Verbrechen des Holocausts entschieden entgegen zu treten!

Mit Sorge beobachtet der niedersächsische Landtag die Zeichen des Hasses. Angriffe auf Flüchtlingswohnheime, Moscheen und Synagogen sind mahnende Signale: Einem Wiedererstarken rechtsextremer, antisemitischer und rassistischer Ideologien und aller anderer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit kann nur durch ein konsequentes Engagement der Gesellschaft gegen Neonazis begegnet werden. Deswegen spricht sich der Landtag gegen Diskriminierung und Ausgrenzung aus und engagiert sich parteiübergreifend für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft. Mit allen Fraktionen unterstützen wir den jahrelangen, friedlichen Einsatz gegen diesen Neonaziaufmarsch vor Ort. Wir rufen alle Menschen in Niedersachsen auf, gemeinsam mit den Nenndorferinnen und Nenndorfern gegen den rechtsextremen Spuk in ihrer Stadt auf die Straße zu gehen! Im zehnten Jahr der Neonazi-Aufmärsche wollen wir ein gemeinsames Zeichen setzen, dass die Geschichtsrevisionisten in unserer Gesellschaft keinen Platz haben, weder in Bad Nenndorf, noch sonst irgendwo!

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