Antrag: Unser Wasser schützen, Klimavorsorge treffen, Nutzungskonflikte vermeiden

Antrag nach § 23 Abs. 1 Satz 2 GO LT

zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/9917: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes und anderer Gesetze sowie zur Aufhebung wasserrechtlicher Verordnungen

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Sauberes Wasser ist eines unserer kostbarsten Naturgüter. „Wasser ist ein Menschenrecht – keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt und sorgsam behandelt werden muss,“ so formuliert es die Nationale Wasserstrategie.

Die Ressource Wasser steht jedoch zunehmend unter Druck. Die Klimakrise verändert Niederschlagsmuster und erhöht das Risiko von Hitze- und Trockenperioden. Nicht nur in Trockenzeiten steigt vielerorts die Nachfrage nach landwirtschaftlicher Beregnung. Diese Klima- und Nutzungsveränderungen wirken sich auch auf Grundwasserstände, Bodenfeuchte und wasserabhängige Ökosysteme wie Auen, Teiche, Wälder und Moore aus. Die Dürrejahre seit 2018 hatten in Niedersachsen drastische Folgen: Schwere Schäden im Wald, die Landwirtschaft musste erhebliche Ernteeinbußen hinnehmen, die Grundwasserstände sanken laut Daten des NLWKN auf Niedrigstwerte ab.

Zusätzlich leiden Grund- und Oberflächengewässer unter der Belastung durch Nährstoffe und Schadstoffe. Nur 2 Prozent der niedersächsischen Bäche, Flüsse und Seen erreichen das Ziel des guten ökologischen Zustands. Die zulässige Nitratbelastung im Grundwasser wird auf zwei Drittel der Landesfläche überschritten.

Mit einem nachhaltigen Wassermanagement ist die Qualität des Wassers wirksam zu schützen, für ausreichende Wasserverfügbarkeit zu sorgen und eine sparsame Wassernutzung zu gewährleisten. Dafür ist u.a. in vielen Regionen ein Paradigmenwechsel von der Entwässerung hin zu einem verbesserten Wasserrückhalt und einer Stärkung der Grundwasserneubildung erforderlich.

Der Landtag begrüßt

  • den begonnen Stakeholderdialog zur Erarbeitung eines niedersächsischen Wasserversorgungskonzeptes und die erfolgte Evaluierung des aktuellen Standes der Wasserversorgung,
  • die bereitgestellten Fördermittel für regionale Wasserversorgungs- und Wassermengenmanagementkonzepte sowie für deren Umsetzung, die ab dem Jahr 2022 eingesetzt werden sollen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Einen belastbaren Zeit- und Finanzierungsplan vorzulegen, um die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie in Niedersachsen schnellstmöglich umzusetzen. Zudem sind klare Zuständigkeiten für die Umsetzung der ökologischen Gewässerentwicklung zu schaffen und die Unterhaltungsverbände von Planungs- und Finanzierungsrisiken zu entlasten.
  2. Dem Landtag Ende 2023 eine Evaluierung der Umsetzung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für die dritte Bewirtschaftungsperiode der Wasserrahmenrichtlinie vorzulegen, einschließlich einer Bewertung der Finanz- und Personalkapazitäten. Auf dieser Grundlage sind dem Landtag nötigenfalls Handlungsvorschläge zu unterbreiten, um die definierten Ziele und Maßnahmen bis zum Zieljahr 2027 umzusetzen.
  3. Von der Analyse ins Handeln zu kommen und für das angekündigte Wasserversorgungskonzept einen Maßnahmenplan vorzulegen, um drohenden Nutzungskonflikte um Wasser frühzeitig und unter Beteiligung aller Interessensgruppen zu begegnen.
  4. Mit einem „Klimapuffer“ Vorsorge gegen eine Übernutzung der Grundwasserreserven zu treffen. Die Vorgaben zur mengenmäßigen Bewirtschaftung des Grundwassers sind auf Grundlage aktueller Klimaprognosen hinsichtlich zu erwartender Veränderungen bei Niederschlagsmustern und Grundwasserneubildung zu überprüfen.
  5. Den Einsatz moderner Effizienz- und Kreislauftechnologien durch strengere Vorgaben für Wasserrechtsverfahren zu befördern. Die Entnahme von Grund- oder Oberflächenwasser darf nur zugelassen werden, soweit der Bedarf durch Effizienztechnik minimiert und das Potential von Alternativen wie der Nutzung von Prozess-, Regen- oder Brauchwasser ausgeschöpft ist.
  6. Schulungsangebote für eine naturverträgliche Gewässerunterhaltung zu schaffen. Nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein ist ein entsprechender Fachkundenachweis mittelfristig verbindlich für die Durchführung von Unterhaltungsarbeiten an Gewässern vorauszusetzen.
  7. Ein Landeskonzept zu entwickeln, um die Verbreitung von Multiresistenten Keimen, Antibiotikarückständen, Mikroplastik und weiteren Spurenstoffen in unseren Bächen, Flüssen und Seen zu bekämpfen. Belastungen sind an der Quelle zu minimieren und die Verursacher*innen an den Kosten zu beteiligen. Die Wasserwirtschaft benötigt Planungssicherheit, welche Anforderungen an Abwassereinleitungen künftig gelten, welche Technik eingesetzt und an welchen besonders belasteten Standorten Investitionen in eine 4. Reinigungsstufe prioritär erforderlich sind.
  8. Ein Förderprogramm für Schwamm-Kommunen aufzulegen, um durch die Begrünung von Dächern, Fassaden und öffentlichen Flächen, Baumpflanzungen sowie die Entsiegelung von Flächen den Wasserrückhalt und das natürliche Versickern zu stärken. 
  9. Den Vorteil von Laubwald- und Moorflächen für den Gewässerschutz, die Grundwasserneubildung und die Starkregenvorsorge durch einen Vorteilsmaßstab ähnlich wie in Schleswig-Holstein bei den Beiträgen zu den Wasser- und Bodenverbänden besser zu berücksichtigen,
  10. Weidetierhaltung, regionalen Futtermittelanbau und ökologische Landwirtschaft endlich konsequent zu fördern und den Nährstoffüberschuss durch eine flächengebundene Tierhaltung abzubauen.

Begründung

Der Gewässerschutz muss mit oberster Priorität verfolgt und die EU-Umweltrichtlinien zum Schutz unserer Grund- und Oberflächengewässer vor schädlichen Einträgen wie Nitrat und Phosphat sowie zur Herstellung des guten, ökologischen Zustands müssen endlich umgesetzt werden.

Der Schutz von Bächen, Flüssen und Seen vor Verunreinigungen muss auch vor dem Hintergrund des Klimawandels verbessert werden, denn belastete Gewässer sind weniger resilient gegenüber klimatischen Veränderungen. Doch es fehlen weiterhin Grenzwerte für die Belastung von Abwasser und Oberflächengewässern mit Mikroplastik, Arzneimittelrückständen und Multiresistenten Keimen. Aus dem bundesweiten Forschungsprojekt Hyreka, das 2019 abgeschlossen wurde und auch die niedersächsischen Messdaten zu Multiresistenten Keimen in Oberflächengewässern berücksichtigte, folgten bislang keine Konsequenzen. Solange keine bundesweiten Grenzwerte festgelegt sind, muss das Land einen Orientierungsrahmen für Verursacher*innen, Wasserwirtschaft und Kommunen schaffen. Eine flächendeckende Nachrüstung von Kläranlagen mit der vierten Reinigungsstufe ist derzeit aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen nicht anzustreben, ist an besonders belasteten Standorten jedoch ein wichtiges Instrument für Gesundheits- und Gewässerschutz. Wo eine Minderung der Belastungen an der Quelle nicht gelingt, müssen die Verursacher*innen für den erhöhten Aufwand der Abwasserbehandlung in die finanzielle Verantwortung genommen werden.

Die Unterhaltung von Gewässern kann, wenn sie gewässerökologische Ziele berücksichtigt, wesentlich zur Erreichung der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie beitragen. Der Entwurf der Landesregierung zur Novelle des Landeswassergesetzes sieht die dringend überfällige Erweiterung des Unterhaltungsbegriffs auf ökologische Aspekte vor, entsprechend der Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes. Durch die Schaffung von Schulungsangeboten ist sicherzustellen, dass die mit der Gewässerunterhaltung beauftragen öffentlich-rechtlichen Körperschaften (Wasser- und Bodenverbände) ihre gesetzlichen Aufgaben zur Erhaltung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses sicherstellen und gleichzeitig die natürliche Entwicklung der Gewässer fördern sowie durch eine Verringerung der Unterhaltungsintensität auch ihre finanziellen Aufwendungen verringern können. In Schleswig-Holstein ist bereits seit 2020 ein Fachkundenachweis „Schonende Gewässerunterhaltung“ für Mitarbeiter*innen und Maschinenführer*innen in Lohnunternehmen und Bau- und Betriebshöfen verpflichtend eingeführt.

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