Antrag: Transparenz und Wettbewerb bei der Vergabe von Gutachten, Beraterverträgen, Werkverträgen, Studien oder sonstigen freiberuflichen Leistungen

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 11.02.2004

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag stellt fest,
 dass die bisherige Vergabe von Gutachten, Beraterverträgen, Werkverträgen, Studien oder sonstigen freiberuflichen Leistungen sowohl bei der vorangegangenen als auch bei der jetzigen Landesregierung intransparent und nicht immer sachgerecht war,
 dass bei der Vergabe von entsprechenden Aufträgen teilweise gesetzliche Bestimmungen umgangen worden sind,
 dass es dringend notwendig ist, die Vergabe von Gutachten, Beraterverträgen, Werkverträgen oder sonstigen freiberuflichen Leistungen auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und sicherzustellen, dass sämtliche Aufträge sachgerecht sind und den gesetzlichen Bestimmungen genügen.
 Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf,
 den Haushaltsausschuss vierteljährlich über Ausschreibung und Vergabe von Gutachten, Beraterverträgen, Werkverträgen, Studien oder sonstigen freiberuflichen Leistungen zu unterrichten,
 die Ergebnisse der Gutachten, Studien und anderer Beratungstätigkeiten zu veröffentlichen, sofern einer Veröffentlichung keine gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehen,
 auch unterhalb der Ausschreibungsgrenzen nach §2 der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) grundsätzlich eine Ausschreibung vorzusehen.
Begründung
Die SPD-Landesregierung hat in der 14. Wahlperiode in einem völlig unverantwortlichem Maß Gutachten und sonstige freiberufliche Leistungen an Dritte vergeben. Insbesondere der an Roland Berger vergebene Gutachtervertrag zur Prüfung der Konsolidierungspotenziale für den Landeshaushalt und die Medienberatung durch die fts media sind Beispiele dafür, wie zu Lasten der Steuerzahler Regierungshandeln durch teure und ineffiziente Inanspruchnahme Dritter ersetzt worden ist.
Die neue Landesregierung hat in den ersten elf Monaten bereits 22 Aufträge an Dritte mit einem Finanzvolumen von ca. 900.000 Euro vergeben. Dies ist mehr als im ersten Jahr der SPD-Alleinregierung. Von diesen 22 Aufträgen wurden 21 ohne Ausschreibungsverfahren freihändig vergeben. Von den 16 Folgeaufträgen (Finanzvolumen ca. 5 Millionen Euro) für Projekte, die bereits von der alten Landesregierung begonnen wurden und die die neue Landesregierung fortführt, wurden lediglich vier ausgeschrieben.
Offenbar hat sich eine Praxis eingebürgert, die den Verzicht auf Ausschreibung zur Regel erhoben hat. Das Gebaren der alten und neuen Landesregierungen legt zumindest die Vermutung nahe, dass nicht allein die Leistungsfähigkeit und die Kosten für die Auswahl einiger Auftragnehmer ausschlaggebend waren. Bei der freihändigen Vergabe durch die CDU/FDP-Landesregierung fällt z. B. auf, dass allein vier Aufträge an die Diekwisch consulting vergeben wurden.
Für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen oberhalb des Schwellenwertes der VOF gibt es eindeutige Vergaberegeln. Die öffentliche Bekanntmachung der Vergabeabsicht, die Ausschreibung, die interne Dokumentationspflicht und die Bekanntmachung der jeweils getroffenen Entscheidung gewährleisten Transparenz. Die Vergabe im Wettbewerb führt in der Tendenz zu kostengünstigeren Angeboten als freihändige Vergaben, die keinen Vergleich verschiedener Anbieter ermöglichen. Auch unterhalb der Schwellenwerte nach VOF gibt es üblicherweise Verfahrensvorschriften für die Vergabe von Gutachten, Beraterverträgen und sonstigen freiberuflichen Leistungen. In der Regel ist auch unterhalb dieser Grenzen eine Ausschreibung angezeigt.
Künftig soll die Vergabe von freiberuflichen Leistungen in Niedersachsen grundsätzlich im Wettbewerb erfolgen. Transparenz und Wettbewerb senken die Kosten für die öffentliche Hand und erschweren "politische Mauscheleien".
Ein transparentes Verfahren ermöglicht zudem eine bessere Kontrolle über die Notwendigkeit von Auftragsvergaben. Warum braucht die CDU/FDP-Landesregierung eine "Repräsentative Telefonumfrage bei der wahlberechtigten Bevölkerung Niedersachsens" für 30.000 Euro? Sind die Erstellung einer "Benchmarkstudie des Standortes Niedersachsen für Versicherungsunternehmen" und eine "Input-Output-Analyse für die Niedersächsische Versicherungsbranche" (zusammen 55.500 Euro) Landesaufgabe?
Bisher ist es für das Parlament kaum möglich, die Vergabe und die Qualität von Gutachter- und Beraterdienstleistungen zu beurteilen und zu kontrollieren. Offensichtlich hatten bisher auch die Ministerpräsidenten kaum einen Überblick über die Praxis der Ressorts bei der Vergabe von derartigen Aufträgen an Dritte. Um zukünftig Transparenz zu gewährleisten, soll der Haushaltsausschuss vierteljährlich unterrichtet werden und die Gutachter- und Beraterergebnisse veröffentlicht werden.


Fraktionsvorsitzende

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