Antrag: Tierschutzplan weiterentwickeln – Schaffen von Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Nutztierhaltung in Niedersachsen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Mit seinem im April 2011 veröffentlichten Tierschutzplan ist Niedersachsen bundesweit Vorreiter  beim Tierschutz in der Nutztierhaltung. Ziel des „Tierschutzplan Niedersachsen" ist es, praxisgerechte Lösungen zur dringend erforderlichen Verbesserung des Schutzes bzw. Wohls  unserer Nutztiere zu erarbeiten und schrittweise in die Praxis umzusetzen. Dies sollte auf der Ebene eines Bundeslandes sinnvollerweise in Zusammenarbeit mit den Beteiligten erfolgen. Im Rahmen des Tierschutzplanes werden für 13 Tierarten bzw. Nutzungsgruppen rund 40 tierschutzrelevante Schwerpunktthemen bearbeitet. Unter anderem sollen Strategien erarbeitet werden, um die auf europäischer Ebene seit langem nur noch ausnahmsweise zulässigen nicht-kurativen Eingriffe, wie z. B. das Kupieren des Schwanzes bei Schweinen oder das Kürzen des Schnabels bei Legehennen und Puten, zu vermeiden.

Der Landtag begrüßt,

  • dass die Landesregierung den bereits von ihrer Vorgängerin im April 2011 veröffentlichten Tierschutzplan mit dem darin verankerten Zeitplan umsetzt,
  • die Bereitschaft u. a. der Landwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels, an der Umsetzung des Tierschutzplans mitzuwirken.
    Dazu gehören beispielsweise
    • die bereits Anfang 2013 zwischen dem Verband der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft und der Landesregierung geschlossene Moschusentenvereinbarung, nach der unter anderem seit Ende 2013 auf das Kürzen des Schnabels bei Moschusenten verzichtet wird
    • die im Juni 2015 zwischen dem Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland (AEF), der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) und der Landesregierung vereinbarten gemeinsamen Eckpunkte zur Tierwohlförderung mit der darin verankerten Zustimmung der Wirtschaft zur „Ringelschwanzprämie“ und zum Ausstieg aus dem routinemäßigen Kupieren der Schwänze bei Schweinen
    • die im Juli 2015 vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), dem Bundesverbandes Deutsches Ei (BDE) und dem Verband Deutscher Putenerzeuger (VDP) unterzeichnete Vereinbarung zum Verzicht auf das Schnabelkupieren in den Brütereien ab August 2016 und zum Verzicht auf die Einstallung schnabelgekürzter Legehennen ab 1.1.2017
    • die im September 2015 mit dem Verband der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft geschlossene Pekingentenvereinbarung, nach der den Pekingenten zukünftig der Zugang zu Badewassers zu gewähren ist.
    • die im September 2015 mit über 20 landwirtschaftlichen Verbänden, der Tierärztekammer Niedersachsen, Schlacht- und Transportunternehmen geschlossene Vereinbarung zum Verzicht auf die Schlachtung hochträchtiger Rinder, die als bundesweit vorbildlich gilt
    • die Entscheidung des Lebensmittelzertifizierers Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT), beginnend ab dem Jahr 2017 künftig keine Eier von Legehennen mehr zu zertifizieren, deren Schnabel gekürzt wurde. Da alle großen deutschen Lebensmittel-Handelsketten von ihren Lieferanten verlangen, dass sie vom KAT zertifiziert sind, werden Eier von Hühnern mit gekürzten Schnäbeln damit aus deutschen Supermarktregalen verschwinden
    • der von der Landesregierung im Dezember 2015 eingesetzte interministerielle Arbeitskreis mit Vertretern unter anderem von Landwirtschafts- und Tierschutzverbänden, deren Aufgabe es ist, Hemmnisse der Umsetzung von Tierschutzmaßnahmen in der Nutztierhaltung zu identifizieren und Lösungsansätze zu erarbeiten
  • die Ausrichtung der Investitionsförderung im Bereich des Stallbaus auf ein höheres Tierschutzniveau und die erstmalige Förderung von Tierschutzmaßnahmen aus EU-Mitteln
  • dass sich die Landesregierung für eine verbindliche Kennzeichnung der Haltungsform auch bei Frischfleisch und bei Produkten einsetzt, in denen Eier verarbeitet wurden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. Investitionen zum tiergerechten Umbau vorhandener Stallanlagen auch bei Betrieben und in Regionen zu fördern, die bisher nicht förderfähig sind, sofern die Investition nicht mit einer Erhöhung des Tierbesatzes über 2 Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche des Betriebes und mit zusätzlichen positiven Umweltwirkungen einher geht
  2. sich dafür einzusetzen, dass sich künftig auch Großhandelsunternehmen, Großverbraucher und Verarbeitungsbetriebe an Initiativen der Wirtschaft zur Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung stärker beteiligen
  3. eine wissenschaftliche Evaluierung des Tierwohls im gesamten Lebenszyklus der Nutztiere über die Züchtung und Haltung bis hin zu Transport und Schlachtung zu prüfen und weitere Tierschutzindikatoren auf wissenschaftlicher Grundlage zu entwickeln und zu etablieren.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen

  1. dass der  Tierschutzplan des Bundes hinsichtlich der darin formulierten Maßnahmen und ihrer Verbindlichkeit am Tierschutzplan Niedersachsen ausgerichtet wird
  2. die EU-weite Einführung von höheren Tierschutzstandards voranzutreiben
  3. die Förderung von Tierwohlmaßnahmen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz zu ermöglichen
  4. dass die Regelungen für die 2. Säule dahingehend geändert werden, Tierschutzzahlungen auch für Lösungen, die gesetzlichen Vorgaben entsprechen, gewährt werden dürfen, wenn diese oberhalb des EU-Niveaus liegen.

Begründung

Rund 85% der Verbraucherinnen und Verbraucher fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit Nutztieren, aber nur etwa 35% sind der Auffassung, dass die Landwirtschaft dieser Anforderung auch tatsächlich gerecht wird. So das Ergebnis einer im März 2012 veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS-Emnid im Auftrag des Deutschen Bauernverbandes. Aufgrund der sich verändernden gesellschaftlichen Anforderungen wie auch der Struktur der Nutztierhaltung haben sich in den letzten Jahren eine Reihe von Akteuren auf den Weg gemacht, mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung umzusetzen: Angeführt von Niedersachsen haben inzwischen der Bund und verschiedene Bundesländer Tierschutzpläne o. ä.. Interessenverbände  wie ISN oder der Verband der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft haben Vereinbarungen mit der Landesregierung über erste Verbesserungen von Haltungsbedingungen geschlossen. Mit der Tierwohl-Initiative sind auch der Handel und die Fleischwirtschaft einen ersten wichtigen Schritt zur Förderung des Tierschutzes gegangen. Das große Interesse der tierhaltenden Betriebe, sich an dieser Initiative oder den Förderprogrammen des Landes zur Förderung des Tierwohls zu beteiligen, zeigt, dass auch auf Seiten der Landwirtschaft große Bereitschaft besteht, mehr für den Tierschutz in der Nutztierhaltung zu tun.

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