Antrag: Taten statt warmer Worte - Kindergelderhöhung auch für arme Familien

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Die jüngsten Zahlen des Landesbetriebs für Statistik und Kommunikationstechnologie haben bestätigt, dass die Armut, auch in Niedersachsen, auf hohem Niveau stagniert. Jede/r siebte Niedersächsin/-sachse ist arm, besonders betroffen sind kinderreiche Familien und Alleinerziehende. Jedes 5. Kind lebt in Armut.

Die für das kommende Jahr beschlossene Kindergelderhöhung kommt den armen Familien nicht zugute, weil sie als Einkommen des Kindes gilt und vom Regelsatz abgezogen wird, während wohlhabende Eltern zusätzlich zur Kindergelderhöhung von Steuervergünstigungen profitieren. Dabei hätte der Erhöhungsbetrag von 10, bzw. 16 Euro gerade bei armen Familien eine besondere Bedeutung.

 

Der Landtag wolle beschließen:

  1. Das Land erhöht die Regelsätze für Kinder nach dem SGB XII (Sozialhilfe) um den Betrag der Kindergelderhöhung. Diese Erhöhung soll rückwirkend ab dem 1.1.2008 gelten

  2. Die Landesregierung wird aufgefordert, im Bundesrat eine Gesetzesinitiative mit folgendem Inhalt einzubringen:

Im SGB II (Arbeitslosengeld II) werden die Regelsätze für Kinder um den Betrag der Kindergelderhöhung angehoben. Diese Erhöhung soll rückwirkend ab dem 1.1.2008 gelten.

Begründung

Schon seit langer Zeit beklagen Betroffene und ihre Selbsthilfeorganisationen sowie die Nationale Armutskonferenz nicht ausreichende Regelsätze für Kinder. Unter Fachleuten ist unumstritten, dass eine Neuberechnung der Kinderregelsätze unter Berücksichtigung des kinderspezifischen Bedarfs dringend erforderlich ist. Kinder und Jugendliche haben aufgrund ihres Wachstums und ihres Schulbesuchs einen besonderen Bedarf, der keinesfalls prozentual vom Erwachsenenbedarf abgeleitet werden kann.

Die Landesregierung hat zwar im Bundesrat eine Entschließung unterstützt, nach der die Bundesregierung aufgefordert wird, die Regelsätze für Kinder nach dem SGB II sowie dem SGB XII neu zu bemessen und als Grundlage dafür eine spezielle Erfassung des Kinderregelbedarfs vorzusehen. Auf einen Gesetzentwurf konnten sich die Länder jedoch nicht einigen. Die CDU-SPD geführte Bundesregierung hat bis heute keine einzige Maßnahme zur Abdeckung der Fehlbedarfe für Kinder und Jugendliche im SGB II oder SGB XII Bezug vorgelegt. Sie will erst nach Vorlage der Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, deren Daten frühestens 2010 vorliegen werden tätig werden. Damit ist eine Änderung der Kinderregelsätze in weite Ferne gerückt.

Die geplante Kindergelderhöhung wird in einer Pressemitteilung (15.10.2008) der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend folgendermaßen kommentiert: " Die im Gesetz enthaltene gestaffelte Kindergelderhöhung bereits ab dem dritten Kind kommt insbesondere Mehrkindfamilien sowie Familien im unteren und mittleren Einkommensbereich zugute."

Dies gilt jedoch nicht für Familien im Transferbezug. Bei Ihnen wird das Kindergeld, und damit auch die Erhöhung des Kindergelds, als Einkommen des Kindes gewertet und vom Regelsatz abgezogen. Die Kinder in diesen Familien sind ohnehin durch die nicht ausreichenden Regelsätze schon extrem gegenüber ihren Altersgenossen benachteiligt. Dadurch, dass die Kindergelderhöhung ihren Familien nicht zugute kommt, verschärft sich diese Situation noch.

Unabhängig von der dringend erforderlichen Neuberechnung der Regelsätze muss deshalb als Sofortmaßnahme und um eine gravierende Ungleichbehandlung der armen Familien zu vermeiden die Teilhabe dieser Familien an der Kindergelderhöhung ermöglicht werden.

Die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister hat in ihrer 85. Konferenz in Hamburg die Bundesregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass zeitgleich zur Kindergelderhöhung die Familien, die Leistungen nach dem SGB II bekommen, bis zur Klärung des kinderspezifischen Bedarfs in den Regelsätzen in gleicher Höhe davon profitieren. Nachdem jedoch die Bundesregierung auf die Entschließung des Bundesrates vom 23.5.2008 in der dieser die Bundesregierung zu verschiedenen Schritten im Kampf gegen die Kinderarmut auffordert hatte, bisher nicht reagiert hat, ist nicht damit zu rechnen, dass der Bitte der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister gefolgt werden wird.

Um der Bitte Nachdruck und Ernsthaftigkeit zu verleihen, ist eine Gesetzesinitiative erforderlich.

Parlamentarische Geschäftsführerin

Zurück zum Pressearchiv