Antrag: Täter-Opfer Ausgleich fördern - Justiz entlasten – freie Träger beauftragen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der kürzliche abgehaltene Kongress zum Täter-Opfer Ausgleich (TOA) in Oldenburg hat erneut die Wirksamkeit und Effektivität des Täter-Opfer Ausgleich deutlich werden lassen. Nach ganz überwiegender Auffassung der Fachwelt besteht in einem Täter-Opfer-Ausgleichsverfahren eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, dass ein dauerhafter Rechtsfriede zwischen den Beteiligten hergestellt wird. Der Täter-Opfer-Ausgleich ist im Erwachsenenstrafrecht ebenso anwendbar wie im Jugendstrafrecht.

Nicht zuletzt der Landesrechnungshof hat daher auch in seiner Rechnungsprüfung für das Jahr 2006 gefordert, dass der Täter-Opfer-Ausgleich in Niedersachsen aufbau- und ablauforganisatorisch optimiert werden muss. Auch wurde eine stärkere Förderung des Täter-Opfer-Ausgleichs durch freie Träger angeregt. Dieses würde dem Subsidiaritätsgedanken Rechnung tragen. Außerdem haben freie Träger, die sich ausschließlich mit außergerichtlicher Streitschlichtung beschäftigen, oft ein hohes Maß an Spezialisierung.

Derzeit weichen die Zahlen der Strafverfahren, die im Wege des Täter-Opfer-Ausgleichs geregelt werden, in den einzelnen Landgerichtsbezirken stark voneinander ab. Während im Gerichtsbezirk Braunschweig im Jahr 2006 0,15% aller neu aufgenommenen Strafverfahren an den TOA verwiesen worden sind, waren es im Bezirk Oldenburg 0,71%. Diese Diskrepanz erklärt sich nach Auffassung des Landesrechnungshofes vor allem damit, dass dem Täter-Opfer-Ausgleich von den einzelnen Staatsanwaltschaften ein unterschiedlich hoher Stellenwert beigemessen wird.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf:

  • die außergerichtliche Streitschlichtung in Niedersachsen deutlich auszubauen,
  • exekutive Maßnahmen einzuleiten, um in den verschiedenen Gerichtsbezirken die TOA- Quoten anzugleichen und anzuheben,
  • TOA-Aufträge und die verfahrensrechtlichen Folgerungen bei der Berechnung des Justizpersonals sachgerechter zu berücksichtigen, so dass vor allem die Staatsanwaltschaften einen Anreiz zur verstärkten TOA Anwendung haben,
  •  die Durchführung des TOA durch freie Träger deutlich stärker zur fördern und diesen auch im Bereich junger Straftäter eine sachgerechte, dauerhafte und angemessene Förderung über das Auslaufen der gegenwärtigen Förderrichtlinie am 31.12.08 hinaus zu sichern.
  • Bei der Durchführung von ambulanten Maßnahmen nach JGG durch freie Träger qualitative Standards einzuführen. 

Begründung

Fantasievolle und rechtspolitisch innovative und kreative Initiativen werden in Niedersachsen derzeit zu wenig unterstützt. Die außergerichtliche Streitschlichtung wird nur verbal gefördert, aber faktisch liegt dieses hochinteressante rechtspolitische Feld brach. Statt innovative und wirksame Instrumente zur Eindämmung der Jugendgewalt mit Nachdruck zu fordern, stimmt die Regierungskoalition das alte Lied der Strafverschärfung an, obwohl hinlänglich bewiesen ist, dass eine Änderung des Strafrahmens bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität wenig Erfolg verspricht.  

Der Täter-Opfer-Ausgleich im Jugend- und Erwachsenenstrafrecht wird in Niedersachsen nicht vorangetrieben, obwohl er zu den interessantesten Entwicklungen im strafrechtlichen Bereich gehört.  Der Täter-Opfer Ausgleich führt vor allem Dingen längerfristig zu einem nachhaltigen Rechtsfrieden zwischen den Konfliktparteien, weil Opferempathie gefördert wird, wie u.a. wissenschaftliche Untersuchungen Prof. Dr. D. Rössner, Universität Marburg beweisen.

Viele Untersuchungen aus dem Bereich der Opferforschung zeigen wiederum, dass Kriminalitätsopfer vor allen Dingen wünschen, dass die Täter die Schwere der Tat verstehen und ein Unrechtsbewusstsein entwickeln. Durch die direkte Konfrontation mit dem Opfer wird dieser Prozess in vielen Fällen erreicht. Ein Lern- und Umdenkungsprozess findet beim Täter statt, so dass die Rückfallgefahr deutlich sinkt.

Entscheidend für die Wirksamkeit des TOA ist die Einhaltung qualitativer Standards. Die freien niedersächsischen Träger haben sich evaluieren und zertifizieren lassen, so dass eine hohe Wirksamkeit des TOA gewährleistet ist. Studien der Universität Bielefeld (Bals et.al.)  ergaben, dass es in mehr als 80 % der von den TOA-Einrichtungen bearbeiteten Verfahren zu einvernehmlichen Lösungen der Betroffenen gekommen ist. Ebenso ist in über 80% dieser Fälle eine Einhaltung der Vereinbarungen zu verzeichnen. Damit sind vornehmlich die Interessen der betroffenen Opfer verwirklicht worden, was den Rechtsfrieden nachhaltig stärkt.

Daher sollten die freien Träger deutlich mehr politische Unterstützung erfahren. Mit dem systematischen Ausbau einer freien Trägerstruktur für den Täter Opfer Ausgleich in Niedersachsen kann Jugendkriminalität langfristig und nachhaltig eingedämmt werden und die Justiz entlastet werden.

Fraktionsvorsitzender

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