Antrag: Südniedersachsen stärken – gebündelte EU-Förderpolitik zum Erfolgsmodell machen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Das südliche Niedersachsen mit den Landkreisen Goslar, Göttingen, Holzminden, Northeim und Osterode am Harz steht vor großen demografischen und ökonomischen Herausforderungen. Gravierende Bevölkerungsverluste, eine rasch älter werdende Gesellschaft sowie hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Wirtschaftswachstum kennzeichnen diese Region. Nirgendwo sonst in Niedersachsen sind diese Problemlagen so tiefgreifend und flächig ausgeprägt.

Zugleich profitierten von der EU-Förderpolitik in den Jahren 2007 bis 2013 die wirtschaftlich schwachen Landesteile nur unterdurchschnittlich. Häufig sind diese wichtigen europäischen Strukturfördermittel ungesteuert in die vergleichsweise wirtschaftsstarken Landesteile geflossen. Mitverantwortlich hierfür war, dass finanzschwache Kommunen Schwierigkeiten bei der Bereitstellung der für die Projektdurchführung notwendigen Kofinanzierung hatten. Die maßgebliche Zielsetzung der EU-Kohäsionspolitik wurde so konterkariert, die förderpolitischen Ziele klar verfehlt. Dass nunmehr erstmalig mit dem Haushalt 2015 jährlich 8 Mio. EUR Kofinanzierungshilfe für finanzschwache Kommunen zur Verfügung gestellt werden, ist ein wichtiger Schritt, um diese Fehlentwicklungen zu beenden. Hierzu trägt auch die Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer für öffentliche Antragsteller für alle Fonds (EFRE, ESF und ELER) bei.

Auch der im Jahr 2009 zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und der damaligen Landesregierung abgeschlossene Zukunftsvertrag trug zu keiner wirtschaftsstrukturellen Verbesserungen in den kommunalen Gebietskörperschaften bei, da die Ziff. 9 des Zukunftsvertrages (integrierte ressortübergreifende Strukturpolitik) nicht zur Wirkung kam. Stattdessen haben insbesondere in Südniedersachsen viele Kommunen einen Zukunftsvertrag abgeschlossen, um kurzfristig eine Entlastung von den aufgehäuften Kassenkrediten zu erhalten. Diese wurde landesseitig nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Investitionstätigkeit dieser Kommunen nahezu zum Erliegen kam und ein harter Sparkurs gefahren werden musste. Die Fehler dieses Ansatzes zeigen sich bereits heute wie im Fall der Stadt Braunlage, die trotz des Zukunftsvertrages nicht in der Lage ist, einen Haushaltsausgleich zu erzielen.

Ziel einer aktiven Regionalpolitik muss es daher sein, zukünftig allen Teilräumen gleichwertige Chancen der eigenständigen und nachhaltigen Entwicklung zu ermöglichen. Daher wird begrüßt, dass die rot-grüne Landesregierung ein Sonderprogramm für Südniedersachsen aufgelegt hat, das zusammen mit den Verantwortlichen aus der Region die regionale Attraktivität und Zukunftsfähigkeit dauerhaft sichern wird.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. 1.      bei der Umsetzung des von der Niedersächsischen Landesregierung beschlossenen Südniedersachsenprogramms sicherzustellen, dass innerhalb der neuen EU-Förderperiode bis 2020 einschließlich der Kofinanzierung ein zusätzliches Projektinvestitionsvolumen von mindestens 100 Mio. EUR in die Region Südniedersachsen fließt,
  2. 2.      die EU-Fördermittel dabei zielgerichtet für eine dauerhafte Entwicklung der Region Südniedersachsen einzusetzen und dabei an den Innovationspotenzialen und den Stärken der Region anzuknüpfen,
  3. 3.      Südniedersachsen durch eine verstärkte Kooperation der Gebietskörperschaften und der regionalen Akteure zu stabilisieren und weiterzuentwickeln
  4. 4.      und die Region auch über das Südniedersachsen-Programm hinaus dabei zu unterstützen, zukunftsfähige und wegweisende Projekte zu realisieren.

Begründung

In der neuen EU-Förderperiode (2014-2020) hat Niedersachsen rund 550 Mio. EUR weniger EFRE/ESF/ELER-Fördermittel aus Brüssel zur Verfügung als in der ausgelaufenen. Daher müssen diese Mittel besser und koordinierter als in der Vergangenheit und vor allem dort eingesetzt werden, wo sie den meisten Nutzen stiften.

Mit dem Südniedersachsenprogramm wird ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung der regionalen Wirtschafts- und Innovationskraft sowie zur Sicherung und Verbesserung der Daseinsvorsorge und Steigerung der Lebensqualität in Südniedersachsen geleistet. Südniedersachsen verfügt über vielfältige Initiativen engagierter Bürgerinnen und Bürger, über leistungsfähige Unternehmen und eine zukunftsweisende Wissenschaftslandschaft. Diese Potenziale gilt es zur Entwicklung der ganzen Region zu nutzen. Zusammen mit den Gebietskörperschaften und den regionalen Akteuren geht es sowohl um die Sicherung und Stärkung der Wirtschafts- und Innovationskraft der Region als auch um den Erhalt zukunftsfähiger und lebenswerter Städte und Dörfer im Rahmen der Daseinsvorsorge.

Die Umsetzung dieser Ziele soll mittels des dafür eingerichteten Projektbüros Südniedersachsen in Göttingen erfolgen. Zu den Aufgaben des Projektbüros zählen in Zusammenarbeit mit den regionalen Akteuren die Anbahnung und Entwicklung kreisübergreifender Projektanträge, die eine herausgehobene regionale Bedeutsamkeit für den Raum Südniedersachsen aufweisen. Damit Südniedersachsen nun verstärkt an den zur Verfügung stehenden EU-Fördermitteln partizipieren kann, gilt es mit der Unterstützung des Projektbüros Südniedersachsen regional bedeutsame und hochwertige Projekte zur Antragsreifen zu bringen. Zudem stellt die Landesregierung im Rahmen der Fördermittelbewirtschaftung sicher, dass ein Fördervolumen von zusätzlich mindestens 50 Mio. EUR aus den Europäischen Förderfonds EFRE, ESF und ELER nach Südniedersachsen fließt. Zuzüglich der Kofinanzierung in gleicher Höhe aus nationalen, öffentlichen und/oder privaten Mitteln ergibt das ein Gesamtvolumen von mindestens 100 Mio. EUR. Weitere Bundes- und Landesmittel ergänzen diesen Ansatz.

Das Südniedersachsenprogramm wird gemeinsam von Land und Kommunen getragen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Landkreise und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu einer engeren Kooperation bereiterklärt und werden gemeinsam mit dem Projektbüro insbesondere auf den Feldern „Virtuelle Mobilität“, „Regionale Mobilität“, „Wissensaustausch und Technologietransfer“, „Arbeitskräftepotentiale“, „kulturelle und landschaftliche Attraktivität sowie touristische Wertschöpfung“ und „Daseinsvorsorge und Lebensqualität“ strukturverbessernde kreisübergreifende Projekte entwickeln. Hierzu trägt auch die Zusammenarbeit im Steuerungsausschuss Südniedersachsen bei.

Um finanzschwache Kommunen bei der Kofinanzierung strukturverbessernder EU-Projekte zu unterstützen, stehen im Landeshaushalt erstmalig ab dem Jahr 2015 jährlich 8 Mio. EUR zur Verfügung. Hiervon werden auch die finanzschwachen südniedersächsischen Gebietskörperschaften profitieren.

Das Land hat durch den gewählten Ansatz für das Südniedersachsenprogramm einen großen inhaltlichen Spielraum ermöglicht. Hingegen sollen mit einer „Integrierten Territorialen Investitionen“ (ITI) konkrete spezifische Lösungen für genau definierte Problemlagen in einer eng abgegrenzten Region gefunden werden. Damit kann mit einer ITI weit weniger flexibel auf die vielfältigen Herausforderungen in Südniedersachsen reagiert werden und es kann nicht die Themenbreite abgedeckt werden, die im Südniedersachsenprogramm angelegt ist. Mit der Wahl einer ITI ist zudem keine zusätzliche Mittelzuweisung durch die EU-Kommission verbunden. Der mit einer ITI im Hinblick auf erforderliche Festlegungen im Zuge der Aufstellung des EFRE/ESF-Multifondsprogramms verbundene „Top-down-Ansatz“ widerspricht auch dem neuen integrierten Politikansatz und lässt die vorhandenen Innovationspotenziale vor Ort außer Acht. Eine zwingend erforderliche nachträgliche Änderung des bereits genehmigten EFRE/ESF-Multifonds-Programms würde ferner schädliche Zeitverzögerungen mit sich bringen, und keine Vorteile gegenüber dem gewählten Ansatz aufweisen.

Das Südniedersachsenprogramm bleibt damit ein Musterbeispiel für die Umsetzung einer ressortübergreifenden, integrativen und regionalisierten Strukturpolitik aus einem Guss, das den negativen Entwicklungstendenzen in einer unterstützungsbedürftigen Region entgegenwirkt. So wird im Rahmen der EU-Förderung Südniedersachsen stabilisiert und weiterentwickelt.

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