Antrag: Sparkassen in Niedersachsen - eine Erfolgsgeschichte mit kommunaler Beteiligung erhalten

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlichte am 14. November 2016 den Entwurf eines Leitfadens zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit von Mitgliedern der Leitungsorgane von Banken. Der Leitfaden gilt unmittelbar für alle „bedeutenden“, d.h. unter der direkten Aufsicht der EZB stehenden Institute. Er soll damit einen Beitrag zur Steigerung der Stabilität einzelner Finanzinstitute sowie des Bankensystems insgesamt leisten. Die Institutionen der Europäischen Union zeigen damit Handlungsfähigkeit in Folge der Banken- und Finanzkrise.

Der Leitfaden basiert auf den Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA. Diese stellte zuletzt am 28. Oktober 2016 zusammen mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA einen neuen Entwurf für allgemeine Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen vor, der somit auch für Sparkassen gültig werden könnte. Der Leitfadenentwurf erstreckt sich dabei nicht nur auf die Mitglieder der Geschäftsführung, sondern ganz wesentlich auch auf die Mitglieder von Aufsichts- oder Verwaltungsräten. Die Europäische Bankenaufsicht will damit auch vermeintlichen Interessenkonflikten von Gremienmitgliedern begegnen, wenn diese eine Position mit hohem politischem Einfluss (z.B. in der Lokal-, Regional- oder Bundespolitik) bekleiden.

In der Vergangenheit sind EBA-Leitlinien häufig in die Regulierung der Bankenaufsicht übernommen worden. Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass sich die nationale Aufsicht im Zuge der Umsetzung der Vorgaben der EBA zukünftig an den Anforderungen orientiert, die der EZB-Leitfadenentwurf in Bezug auf Mitglieder von Leitungsorganen bedeutender Kreditinstitute vorsieht. Für die gesamte Bankenlandschaft ist dies im Grundsatz auch sinnvoll, denn die fachliche Eignung der Organe muss gesichert und Interessenskonflikte müssen ausgeschlossen sein. Einschränkungen bei der Besetzung der demokratisch-legitimierten kommunalen Verwaltungsräte der Sparkassen durch die neuen Regelungen gilt es jedoch vorzubeugen.

Der Niedersächsische Landtag stellt fest:

  •  Nach der Banken- und Finanzkrise hat die Europäische Union (EU) ihre Aufsichtsstrukturen für den Finanzmarkt angepasst und verschärfte Regelungen für eine Vielzahl bankenrechtlicher Aspekte durchgesetzt. Diese Verschärfungen sind weitgehend begrüßenswert, um die Folgen von in Schieflage geratenen Banken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu reduzieren.
  • Europäische Regelungen bei der Bankenaufsicht sollten die Besonderheiten des deutschen Sparkassensystems berücksichtigen. Die EZB-Leitlinien sind daher in dieser Form für die Sparkassen nicht geeignet. Die Banken- und Finanzkrise wurde nicht durch die niedersächsischen Sparkassen ausgelöst. Die Sparkassen in kommunaler Trägerschaft sind auch hier bei uns in Niedersachsen feste und verlässliche Partner für die Bürgerinnen und Bürger und für den Mittelstand.
  • Die Sparkassen in Deutschland haben einen öffentlichen Auftrag und sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Deshalb können an sie besonders hohe Anforderungen gestellt werden, beispielsweise bei der Offenlegung der Vorstandsvergütung und der Nachhaltigkeit von Investments. Diese besondere Verantwortung, die über die Profitmaximierung hinausgeht, spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Verwaltungsgremien der öffentlichen Sparkassen wider. Der öffentliche Auftrag der Sparkassen und ihre kommunale Trägerschaft erfordert daher die Präsenz der demokratisch legitimierten kommunalen Vertreter/innen in den Verwaltungsräten.
  • Die persönliche Eignung der Aufsichtsratsmitglieder sowie das Nichtvorliegen von Interessenskonflikten werden nach den Maßgaben des Kreditwesengesetzes (KWG) und entsprechender Bestimmungen der BaFin bereits heute vorausgesetzt und geprüft.

Der Niedersächsische Landtag fordert die Niedersächsische Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen,

  •  dass unser gewachsenes und bewährtes kommunales Aufsichtssystem und der öffentliche Auftrag der Sparkassen nicht dadurch gefährdet werden, dass an die Sparkassen die Maßstäbe angelegt werden, die der neue durch die EZB herausgegebene Entwurf des „Leitfadens zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit“ für „bedeutende“ Kreditinstitute formuliert,
  • dass vor dem Hintergrund der jeweiligen Aufgabenstellung bei den Anforderungen zwischen Mitgliedern der Geschäftsleitung der Sparkassen und des Aufsichtsorgans zu unterscheiden ist, und
  • dass auch zukünftig gewählte kommunale HauptverwaItungsbeamtinnen/Hauptverwaltungsbeamte und kommunale Mandatsträger/innen ihre Erfahrung und ihr Wissen in den Verwaltungsräten als Mitglieder einbringen können.

Begründung

Die neuen Vorschläge der EZB enthalten Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsorganen, die mit dem öffentlichen Bankenwesen in Deutschland nicht vereinbar sind. Die besondere Struktur der Sparkassen in kommunaler Trägerschaft wird nicht berücksichtigt und trägt somit nicht dieser einmaligen und erfolgreichen Struktur Rechnung.

Die Präsenz der kommunalen Vertreter/innen in den Verwaltungsräten ist ihrer kommunalen Trägerschaft und dem hieraus ableitbaren auf das Trägergebiet bezogenen öffentlichen Auftrag dieser Institutionen geschuldet. Zur Erfüllung des öffentlichen Auftrages und zur Wahrung der demokratischen Legitimation findet man in den Verwaltungsräten fast aller Sparkassen kraft Amtes kommunale Mandatsträger/innen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) und das Niedersächsische Sparkassengesetz (§19) beurteilen die Frage der Interessenskollision deutlich differenzierter und vermuten nicht von vornherein, dass ein politischer Mandatsträger im Interessenkonflikt stehen könnte.

Die Vermutung eines Interessenkonfliktes der kommunalen Mandatsträger/innen mit den entsprechenden Folgen passt nicht auf das in Deutschland und somit in Niedersachsen bestehende Sparkassensystem. Die Einbindung kommunaler Mandatsträger/innen in die Kontrollgremien der Sparkassen stellt ein zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben unverzichtbares Systemelement im öffentlich-rechtlichen Sparkassenwesen dar.

Der EZB-Leitfadenentwurf geht über das hinaus, was die BaFin als nationale Bankenaufsicht von Sparkassen derzeit verlangt. Gerade für Sparkassen würden die neuen Regeln nicht nur zu einem deutlich höheren Mehraufwand führen, sondern auch die Vielfalt der kommunalen Vertreter/innen in den Verwaltungsräten einschränken. Daher sind differenzierte Regeln für diese Banken nötig.

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