Antrag: Schulreform in Niedersachsen - Elternwillen stärken und nicht einschränken

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Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Hannover, den 02.04.03

Betr: Schulreform in Niedersachsen – Elternwillen stärken und nicht einschränken

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung
Der Landtag spricht sich dafür aus, die Entscheidungsmöglichkeiten der Eltern über die schulische Laufbahn ihrer Kinder zu stärken und nicht einzuschränken.
1. Der Landtag lehnt die Regelung ab, dass Schülerinnen und Schüler künftig schon am Ende des 5. Schuljahrganges gegen den Elternwillen an eine andere Schulform überwiesen werden können, wie dies in dem von CDU und FDP am 10.3.03 vorgelegten Entwurf für eine Schulgesetznovelle vorgesehen ist.
2. Der Landtag spricht sich dafür aus, dass in Niedersachsen auch künftig Gesamtschulen errichtet werden können, wenn ein ausreichendes Bedürfnis der Eltern dafür vorhanden ist, und/oder wenn nur auf diesem Wege alle Bildungsgänge wohnortnah angeboten werden können.

Begründung
Im gegliederten Schulsystem hat die Entscheidung über den Übergang auf die Hauptschule, die Realschule oder das Gymnasium entscheidende Bedeutung für die Bildungschancen der Schülerinnen und Schüler. Diese Bedeutung erhöht sich noch, wenn der Übergang vom Ende des 6. Schuljahrganges auf das Ende des 4. Schuljahrganges vorverlegt wird. Im niedersächsischen Schulgesetz ist deshalb verankert, dass die Eltern – nach einer Beratung durch die Schule – über die Schulform für ihre Kinder entscheiden.
Dieses Entscheidungsrecht wird weitgehend eingeschränkt, wenn die Schülerinnen und Schüler schon am Ende des 5. Schuljahrgangs auch gegen den Willen der Eltern auf eine andere Schulform überwiesen werden können, sofern sich die Eltern bei ihrer Entscheidung nicht an die Empfehlung der Grundschule gehalten haben. Eine derartige Regelung führt dazu, dass der 5. Schuljahrgang zu einer Auslesestufe wird, an deren Ende nicht mehr die Eltern, sondern die aufnehmende Schule über den Bildungsweg der Schülerinnen und Schüler entscheidet.
Diese Regelung würde noch hinter die Praxis der 60er Jahre in Niedersachsen vor der Einführung Orientierungsstufe zurückfallen.
Mit der geplanten Abschaffung der Möglichkeit, Gesamtschulen einzurichten oder zu erweitern, wird der Elternwille auf zweifache Weise eingeschränkt:
Ungefähr ein Drittel der Eltern in Niedersachsen wünscht, dass ihr Kind eine Gesamtschule besucht. Das Angebot an Gesamtschulen bleibt hinter diesem Bedarf noch immer weit zurück. Wenn keine zusätzlichen Gesamtschulen mehr errichtet werden dürfen, werden in etlichen Regionen Niedersachsens Eltern weiterhin keine Möglichkeit haben, ihre Kinder an der von ihnen gewünschten Schulform beschulen zu lassen.
In ländlichen Regionen wird es auch künftig nur durch die Errichtung von Integrierten oder Kooperativen Gesamtschulen möglich sein, flächendeckend alle Bildungsgänge wohnortnah anzubieten. Wenn es den Schulträgern künftig untersagt wird, neue Gesamtschulen zu errichten, wird weiterhin für viele Schülerinnen und Schüler insbesondere ein gymnasiales Angebot nur in großer Entfernung zu erreichen sein. Dieses schränkt den Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen im ländlichen Raum weiter ein.


Fraktionsvorsitzende

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