Antrag: Schulen mit schwierigen Rahmenbedingungen stärker unterstützen – Ressourcen bedarfsgerechter zuteilen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Schulen in Niedersachsen arbeiten unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen aufgrund der verschiedenen sozialen und kulturellen Zusammensetzung ihrer jeweiligen Schülerschaft. Wenn die Lebensbedingungen vieler ihrer Schülerinnen und Schüler von Armut und Arbeitslosigkeit der Eltern geprägt sind, wenn ihre Eltern sie nur wenig in der Schule unterstützen können und wenn viele Schülerinnen und Schüler nur geringe deutsche Sprachkenntnisse haben, stehen Schulen vor großen Herausforderungen. Die in allen Hamburger Schulen durchgeführten Schulleistungsvergleichstests KERMIT haben gezeigt, dass es einen starken Zusammenhang zwischen den sozialen Rahmenbedingungen der Schulen und den Lernergebnissen ihrer Schülerinnen und Schüler gibt.

In letzter Zeit wurde über einige Schulen berichtet, die unter besonders schwierigen Bedingungen arbeiten müssen, z.B. in Hannover-Mühlenberg. Vom Land und von den Kommunen wurde zusätzliche Unterstützung für diese Schulen organisiert. Aber es reicht nicht, nur einzelnen Schulen, die gerade im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen, besonders zu helfen. Damit alle Schulen gemessen an der Heterogenität und dem Unterstützungsbedarf ihrer Schülerinnen und Schüler bestmöglich arbeiten und Unterstützungskonzepte umsetzen können, müssen die Ressourcen künftig stärker nach dem Bedarf der jeweiligen Schulen differenziert zugeteilt werden. Nur so kann Chancengerechtigkeit hergestellt werden. In Hamburg wurde hierfür ein Sozialindex entwickelt. Für Schulen mit schwierigen Rahmenbedingungen müssen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Für alle allgemeinbildenden Schulen nach dem Vorbild Hamburgs einen Sozialindex zu erstellen, der die sozioökonomische Lage ihrer Schülerinnen und Schüler berücksichtigt.
  2. Lehrkräfte, schulische Sozialarbeiter*innen und weitere pädagogische Fachkräfte werden den Schulen auf Grundlage des Sozialindex bedarfsgerecht zugewiesen. Dazu wird u.a. der Erlass „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemeinbildenden Schulen“ weiterentwickelt.
  3. Die Landesregierung stellt im Haushalt für 2019 1.000 zusätzliche Stellen für Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte und Schulsozialarbeiter*innen bereit, um Schulen mit schwierigen sozialen Rahmenbedingungen intensiver unterstützen zu können.

Begründung

Die Schulen in Niedersachsen müssen unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen arbeiten. Insbesondere Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern, die unter schwierigen sozioökonomischen Bedingungen aufwachsen, Schülerinnen und Schülern mit Lernerschwernissen oder mit Defiziten in der deutschen Sprache benötigen eine deutlich bessere Personalausstattung, um pädagogisch erfolgreich arbeiten und ihren Schülerinnen das Erreichen der Bildungsziele ermöglichen zu können.

In Hamburg wurde deshalb ein Sozialindex entwickelt, auf dessen Grundlage die Ressourcenzuteilung für die Schulen gesteuert wird. Dieser Sozialindex wird für jede einzelne Schule erstellt und teilt sie in sechs Gruppen ein (Sozialindex 1 bis 6). Der Sozialindex wird in Hamburg aus 24 Variablen errechnet, mit denen das soziale Kapital (soziale Beziehungen und Netzwerke), das ökonomische Kapital (z.B. das Einkommen), das kulturelle Kapital (z.B. Bildungsabschlüsse) und Migrationsmerkmale der Familien der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden. Die notwendigen Daten werden in einem mit dem Datenschutzbeauftragten abgestimmten Verfahren erhoben. Bei den Schulleistungstests KERMIT hat sich ein starker statistischer Zusammenhang zwischen dem Sozialindex der Schulen und den Schülerleistungen gezeigt.

Der Sozialindex ermöglicht es dem Land, den Schulen Ressourcen bedarfsgerechter zuzuweisen. So können im Erlass „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemein bildenden Schulen“ für Schulen mit niedrigem Sozialindex niedrigere Schülerhöchstzahlen für die Bildung von Klassen zugrunde gelegt werden. Die sonderpädagogische Grundversorgung, Zusatzbedarfe für Sprachförderung, für Ganztagsschulen und weitere Zusatzbedarfe könnten nach dem Sozialindex ebenso differenziert werden wie die Unterrichtsverpflichtung für die Lehrkräfte. Auch die Zuweisung von schulischen Sozialarbeiter*innen, pädagogischen Mitarbeiter*innen und weiteren pädagogischen Fachkräften könnte anhand des Sozialindex bedarfsgerecht gesteuert werden. Auch die Schulträger könnten auf der Grundlage des Sozialindex zusätzliche Ressourcen differenziert und bedarfsgerecht zuteilen.

Eine differenzierte, bedarfsgerechte Zuteilung von Ressourcen ermöglicht es den Schulen, Schülerinnen und Schüler mit geringeren Bildungschancen zusätzlich zu fördern. Hierfür müssen auch zusätzliche Ressourcen für zusätzliche Lehrkräfte, schulische Sozialarbeiterinnen und –sozialarbeiter und für pädagogische Fachkräfte zur Verfügung gestellt werden. Unter anderem sollen die im Jahr 2017 unbesetzt gebliebenen Stellen für pädagogische Fachkräfte vom Kultusministerium erneut ausgeschrieben und hierbei entfristet werden.

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