Antrag: Rechtes Netzwerk in der Polizei NRW muss auch in Niedersachsen Konsequenzen haben
In den vergangenen Wochen häufen sich Meldungen über rechte Netzwerke in der Polizei, wie in NRW oder Berlin. Es braucht ein umfassendes bundesweites Lagebild über die Verbreitung menschenfeindlicher und rechter Einstellungen in den Sicherheitsbehörden. Zudem braucht es Maßnahmen und Ansätze zur Prävention von rechtsextremistischen Tendenzen; auch in der Ausbildung.
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Am 16.09.2020 wurde bekannt, dass in Nordrhein-Westfalen rund 30 Polizeibeamt*innen in Chatgruppen rechtsextreme Inhalte ausgetauscht haben. Die Beamt*innen wurden vom Dienst suspendiert. Gegen einige Beamt*innen wurde die Entlassung aus dem Dienst verfügt. Bei der Bekanntgabe der Aufdeckung dieses Netzwerks soll der nordrhein-westfälische Innenminister Reul von „einer Schande für die Polizei“ gesprochen haben. Das gesamte Ausmaß des Netzwerkes ist noch nicht bekannt. Schon im Zuge der Ermittlungen sind weitere Fälle bekannt geworden. Frank-Walter Steinmeier sagte in seiner Rede zum 40. Jahrestag des Oktoberfestattentats: „Feinde der Freiheit und der Demokratie dürfen in der Polizei nicht geduldet werden. Es muss jede Anstrengung unternommen werden, rechtsextreme Netzwerke zu enttarnen, wo es sie gibt.“
Angesichts der Aufdeckung der rechtsextremen Netzwerke bei der Polizei, vor allem in NRW und Hessen, muss auch in Niedersachsen Klarheit über eine mögliche verfassungsfeindliche Einstellung von Teilen der Polizei in Niedersachsen geschaffen werden.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- schnellstmöglich ein Lagebild über Rechtsextremismus in der Polizei Niedersachsen zu erstellen und hierzu eine unabhängige Studie durch externe Wissenschaftler*innen in Auftrag zu geben,
- gegenüber den anderen Bundesländern und dem Bund ebenfalls auf die Erstellung entsprechender Lagebilder hinzuwirken und diese in Abstimmung möglichst einheitlich zu gestalten,
- nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Niedersachsen über menschenfeindliche Einstellungen bei Polizist*innen direkt zu handeln und die betreffenden Beamt*innen von den jeweiligen Aufgaben freizustellen und weitere dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen,
- Maßnahmen und Ansätze zur Prävention vor rechtsextremistischen Tendenzen der Polizei in den Dienststellen und schon bei der Ausbildung in der Polizeiakademie Niedersachsen zu implementieren,
- die politische und demokratische Bildung bei Aus- und Weiterbildung aller niedersächsischen Beamt*innen zu stärken,
- eine unabhängige Polizeibeauftragte/einen unabhängigen Polizeibeauftragten einführen, die/der als Ansprechpartner*in für Menschen in und außerhalb der Polizei dazu beiträgt, die Innenrevision und das Qualitätsmanagement in der Polizei zu stärken und auszuweiten, um die Fehlerkultur zu verbessern. Das Instrument der Innenrevision muss stetig angepasst und regelmäßig hinsichtlich der Wirksamkeit evaluiert werden.
Begründung
Die große Mehrheit der Beschäftigten in den Sicherheitsbehörden leistet ihren Dienst mit demokratischer und verantwortungsbewusster Haltung. Es sollte daher weder ein Generalverdacht ausgesprochen werden, noch Vorfälle als Einzelfälle kleingeredet werden. Aber weder in der Polizei, noch in anderen staatlichen Organisationen dürfen rechtsextreme und rassistische Positionen geduldet werden. Gerade die Polizei hat den Auftrag, den Schutz aller Menschen sicher zu stellen. Es darf keinen Zweifel an der Verfassungstreue in der Polizei geben. Beamtinnen und Beamten haben ihre Aufgaben unparteiisch und zum Wohl der Allgemeinheit auszuführen. Auf Grund ihrer besonderen Rolle im Staat und der umfangreichen Befugnisse müssen Sicherheitsbehörden einen wachsamen Blick auf die Verbreitung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in ihren Behörden und unter den Beschäftigten haben und diese mit aller Entschiedenheit bekämpfen. Nicht nur bei der Einstellung muss deshalb auf ein tragfähiges Demokratieverständnis geachtet werden. Vor dem Hintergrund vermehrter Meldungen über rechte Netzwerke innerhalb der Polizei, und der Sicherheitsbehörden im Allgemeinen, ist es wichtig Gegenmaßnahmen durch Supervision und Fortbildungen zu ergreifen. Die Identifizierung und Verfolgung von rechten Netzwerkstrukturen erfolgt nach wie vor nicht mit erforderlicher Priorität. Angesichts des damit einhergehenden Vertrauensverlusts in die Sicherheitsbehörden ist dies unverantwortlich.
Um Missstände umfassend aufzudecken und Ursachen und Wirkmechanismen zu analysieren, bedarf es einer unabhängigen wissenschaftlichen Studie über die Verbreitung menschenfeindlicher und rechter Einstellungen in den Sicherheitsbehörden. Diese sollte in einem bundesweit einheitlichen Studiendesign in allen Bundesländern durchgeführt werden, um einen ausführlichen Überblick über die Verbreitung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, rechtsextremer und anderer verfassungsfeindlicher Einstellungen und Praktiken zu haben.