Antrag: Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt erhalten: Medienunternehmen und freie Journalist*innen unterstützen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Information der Öffentlichkeit über die regionalen und überregionalen professionellen Qualitätsmedien erweist sich in der Corona-Krise als herausragend wichtig. Deutlich wird, welche Bereiche systemkritisch für uns in Niedersachsen sind. Neben dem Gesundheitssektor oder der Lebensmittelbranche gehört zweifelsfrei auch der Zugang zu unabhängigen und gut recherchierten Informationen hinzu. Weit mehr Menschen als sonst konsumieren derzeit journalistische Qualitätsmedien, um sich über die aktuellen Entwicklungen der Corona-Krise zu informieren. In Zeiten von Fake News, die in den sozialen Netzwerken grassieren, sind faktenbasierte und sorgfältig recherchierte Informationen mehr als systemrelevant. Die Medien transportieren Aufklärung und geben Sicherheit im Informationschaos – deswegen sind unsere Medien ein unverzichtbarer Teil unserer Demokratie. Die Auswirkungen der Corona-Krise trifft sie jedoch hart: Medienhäuser und Rundfunkanbieter jeder Größe sehen sich in Existenznot – der Werbemarkt ist dramatisch eingebrochen und eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht.

Vor diesem Hintergrund fordert der Landtag die Landesregierung auf,

  • Hilfen zur Rettung von niedersächsischen Medienunternehmen zu gewähren. Dazu sollen, auf Antrag existenzgefährdete niedersächsische Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sowie kleine und mittelständische niedersächsische Medienunternehmen zunächst für das Jahr 2020 90% ihres Umsatzniveaus von 2019 erhalten. Ergibt sich Ende 2020, dass ein Teil der entgangenen Einnahmen nach Ende der Krise wieder aufgeholt werden konnte, werden diese mit den geleisteten Hilfen verrechnet und durch die Medienunternehmen zurückgezahlt. Der Fonds wird durch die NLM als unabhängige Behörde verwaltet.
  • angesichts der dramatischen Situation rasch und unbürokratisch soloselbstständige und freischaffende Journalist*innen und Medienschaffende in Niedersachsen finanziell zu helfen, wenn der Bund sich weiterhin einer Regelung in der Bundesförderung für Betriebe von 1-10 Personen verweigert. Diese Förderung hat vorzusehen, dass soloselbstständige und freischaffende Journalist*innen und Medienschaffende für den Zeitraum von zunächst einem halben Jahr, rückwirkend ab März 2020, monatlich einen Zuschuss in Höhe von 1.180,00 € erhalten bzw. zusätzlich zu gegebenenfalls vorhandenen Betriebskosten in Ansatz bringen können. Anspruch auf diesen Zuschuss haben alle diejenigen, die nachweisen, dass sie durch Auftragsabsagen und Kontaktbeschränkungen einen Einkommensverlust von 50% und mehr haben. Der Zuschuss wird zinslos gewährt und muss nicht zurückgezahlt werden
  • die Zustellung von Zeitschriften und Zeitungen sowie die Digitalisierung im Mediensektor gerade im ländlichen Raum zu fördern
  • sich kurzfristig auf Bundesebene dafür einzusetzen, die geplante Anpassung der Rundfunkgebühr um einen Corona-Zuschlag für die wegbrechenden Werbeeinnahmen zu ergänzen
  • sich auf Bundesebene mittelfristig dafür stark zu machen, dass die Rundfunkgebühr zu einer Medienvielfaltsabgabe weiterentwickelt wird, mit dem nicht nur der Rundfunk, sondern auch die journalistische Vielfalt gewährleistet und dauerhaft unterstützt werden kann
  • mittelfristig die Film- und Computerspielförderung des Landes zu einer allgemeinen Medienqualitätsförderung auszubauen, sodass etwa auch unabhängige Recherchekollektive Aufträge und Zuschüsse erhalten können.

Begründung

Wir benötigen gerade jetzt verlässliche und unabhängige Informationen und eine journalistische Einordung der Lage. Das Problem: Die privaten Radio- und Fernsehsender, die hauptsächlich über Werbung finanziert werden, erleben zur Zeit Einnahme-Einbrüche von 30 bis 50 Prozent. Es droht damit Kurzarbeit für viele Medienbeschäftigte und eine Einschränkung in der Berichterstattung, gerade auf regionaler Ebene. Ebenso haben überregionale und regionale Tageszeitungen zwar keinen Schwund bei den Käuferzahlen, aber erhebliche Einbußen bei den Werbeanzeigen. Für Printmedien, gerade für die Regional- und Lokalzeitungen, sind daher gezielte Rettungszuschüsse notwendig.

Die Unterhaltungsbranche, aber auch die Produktion von Dokumentationen und damit viele Mediengesellschaften, Schauspieler*innen, technische Mitarbeiter*innen, Drehbuchautor*innen haben momentan massiv mit dem Ausfall von Aufträgen zu kämpfen; ebenso viele freie Journalist*innen.

Auch der Öffentlich-rechtliche Rundfunk wird einen Teil seiner Werbeeinnahmen verlieren. Die seit Jahren nicht angepassten Rundfunkgebühren müssen deshalb dauerhaft steigen, um insbesondere die politische Berichterstattung mindestens im bisherigen Umfang beizubehalten.  

Medienanbieter müssen nun ihre Kreativität und ihre Innovationskraft unter Beweis stellen und die Menschen, die ihren Wert gerade jetzt in der Krise erkennen, an sich binden. Nur dann wird es ihnen gelingen, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen und die Medienvielfalt in Niedersachsen dauerhaft zu erhalten. Doch über ein reduziertes Angebot und weniger journalistische Arbeit wird dies sicherlich nicht erreichbar sein. Daher ist es unsere vordringliche Aufgabe, der Medienbranche in Niedersachsen die nötigen finanziellen Mittel und den nötigen Rückhalt zu geben. Auch kann die Digitalisierung und der barrierefreie Zugang zu seriösen Informationen gefördert werden.

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