Antrag: Paritätische Finanzierung von Krankenversicherungsbeiträgen endlich wieder umsetzen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

In den letzten Jahren ist die durchschnittliche Beitragsbelastung in der gesetzlichen Krankenversicherung stetig gestiegen. Auch der medizinische Fortschritt und eine gute Gesundheitsversorgung haben zu diesen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen beigetragen. Seit dem 1. Juli 2005 wurde der Grundsatz der paritätischen Finanzierung von Kassenbeiträgen durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einerseits und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer andererseits aufgehoben. Für Beschäftigte ergeben sich seitdem bei jeder Beitragserhöhung Mehrkosten für den Krankenkassenbeitrag. Diese steigenden Lasten müssen durch steigende Zusatzbeiträge allein durch die Versicherten aufgebracht werden. Der Arbeitgeber-Beitrag ist auf 7,3 % festgeschrieben. Kostensteigerungen werden ausschließlich durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag finanziert. Je nach Krankenkasse beträgt dieser gegenwärtig zwischen 1,1 Prozent und 1,5 Prozent. Der durchschnittliche Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung betrug im Jahre 2015 insgesamt 15,5 Prozent.

Es ist zu begrüßen, dass sich die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen bereits an der Bundesratsinitiative der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hamburg beteiligt. Expertinnen und Experten rechnen für die kommenden Jahre mit weiter steigenden Krankenversicherungsbeiträgen. Nach derzeitiger Rechtslage wären auch diese Mehrkosten ausschließlich von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu tragen. Die Belastung würde sich somit weiter einseitig verschärfen. Um diesem Sachverhalt entgegensteuern, ist die in Deutschland über Jahrzehnte historisch gewachsene paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung wieder herzustellen.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf:

  1. Sich weiter intensiv auf der Bundesebene dafür einzusetzen, dass zeitnah ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, mit dem die vollständige paritätische Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wieder eingeführt wird.
  2. Sich darüber hinaus dafür einzusetzen, dass bei der Beibehaltung von individuellen Zusatzbeiträgen einzelner Krankenkassen, diese auch je zur Hälfte von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu tragen sind.

 

Begründung:

Eine paritätische Finanzierung mit der jeweils hälftigen Aufbringung der Beiträge durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einerseits und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern andererseits ist sozial gerecht und beteiligt beide Seiten gleichermaßen an den Kostenentwicklungen im Gesundheitswesen. Seit Erlass des "Gesetzes betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter" durch Reichskanzler Otto von Bismarck im Jahr 1883 werden die Beiträge zur Krankenversicherung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam bezahlt.

Die zu jeweils gleichen Teilen - paritätisch - getragene Beitragsfinanzierung gehört zu den Grundprinzipien der Sozialversicherung insgesamt. Von dieser grundsätzlichen Regelung gab es bereits in der Vergangenheit Abweichungen, etwa durch die Zuzahlungen von GKV-Versicherten bei Arzneimitteln. Um den permanenten Kostenanstieg im Gesundheitswesen nun sozialverträglich abfedern zu können, ist dringend eine Systemreform notwendig. Erst im Jahr 2005 kam es mit der Einführung eines Sonderbeitragssatzes zu einem Ungleichgewicht. Mit Festschreibung des Arbeitgeberbeitrages auf 7,3 Prozent sollten die Lohnzusatzkosten gedeckelt werden. Mit diesem Verfahren ging auch die wichtige Wächterfunktion der Arbeitgeber für die Kostenkontrolle im Gesundheitswesen verloren.

Nach Inkrafttreten des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz vor etwa einem Jahr wurden die pauschalen Zusatzbeiträge abgeschafft und der allgemeine Beitragssatz auf 14,6 Prozent gesenkt, der immer noch paritätisch zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern einerseits und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern andererseits finanziert wird. Darüber hinausgehender Finanzierungsbedarf der Krankenkassen musste aber seitdem durch Zusatzbeiträge nur zu Lasten der Versicherten erhoben werden. Schon jetzt zeichnet sich eine deutliche Erhöhung der eingeführten kassenindividuellen Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen in den nächsten Jahren ab.

Die Gesundheitskosten sind in den vergangenen Jahren um 4 bis 5 Prozent gestiegen. Um insgesamt dem demografischen Wandel mit einer immer älter werdenden Gesellschaft entgegenwirken zu können, müssen sich auch die Arbeitgeber wieder paritätisch an den Kosten der Krankenversicherung beteiligen. Der gesellschaftliche Zusammenhalt sollte an dieser Stelle gestärkt und zum ursprünglichen Finanzierungsmodell zurückgekehrt werden.

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