Antrag: Modernisierung der staatlichen Umweltverwaltung

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 17.11.2003

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die Auflösung der Bezirksregierungen macht die Neuordnung der Aufgaben und Organisation der staatlichen Umweltverwaltung erforderlich. Damit sind zugleich die auf verschiedene Stellen verteil-ten Kompetenzen der Umweltüberwachung, des Informationswesens und der Serviceleistungen für Bürger, Wirtschaft und Kommunen neu zu ordnen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
die bisherigen Aufgaben der staatlichen Umweltverwaltung, soweit sie nicht kommunalisiert oder an Dritte übertragen werden können, und weiter von staatlichen Stellen wahrgenommen werden müs-sen, wie folgt zu ordnen:
1. Die bestehenden Gewerbeaufsichtsämter sollen zu serviceorientierten Genehmigungszentren ausgebaut werden. Hier sollen neben den vorhandenen Aufgaben künftig alle anlagenbezo-genen Genehmigungs- und Überwachungsaufgaben in den Bereichen Immissionsschutz, Ar-beitsschutz und Abfall wahrgenommen werden.
2. Die bisher auf verschiedene Stellen verteilten Kompetenzen für Konzeption und Steuerung der Umweltüberwachung, der Erhebung von Umweltdaten incl. ihrer Auswertung und Bewer-tung, und der fachlichen Beratung von Bürgern, Wirtschaft, Kommunen, Parlament und Lan-desregierung sollen in einem Landesumweltamt zusammengefasst werden. Dazu gehören:
- Teile des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ) incl. der Forschungsstelle Küste,
- das Landesamt für Bodenforschung (NLfB),
- Teile des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK),
- die Moorverwaltung.
Es ist zu prüfen, inwieweit Aufgaben des Forstplanungsamtes in das neue Landesumwelt-amt verlagert werden können.
3. Es sollen Ämter für regionale Entwicklung geschaffen werden. Neben den bei den bisherigen Ämtern für Agrarstruktur verbleibenden Restaufgaben sollen hier Vollzugsaufgaben der Was-serwirtschaft, des Hochwasser-, und Bodenschutzes, des Naturschutzes, der Landesplanung sowie des Baurechts wahrgenommen werden, die nicht kommunalisierbar sind.
4. Die Verwaltung von Großschutzgebieten, wie den Nationalparken, dem Biosphärenreservat Elbtalaue oder wichtigen, durch Naturschutzstationen betreuten Gebieten, soll zukünftig au-ßerhalb der staatlichen Strukturen, in gemeinnützigen Organisationsformen wahrgenommen werden. So soll gewährleistet werden, dass unsere wertvollsten Naturschutzgebiete langfris-tig ausgerichtet, in großer Eigenständigkeit, erhalten und weiter entwickelt werden können, und Bürger, Verbände und Kommunen vor Ort optimal beteiligt werden.

Es ist ferner sicherzustellen, dass
verbunden mit der Neuorganisation der staatlichen Umweltverwaltung die Möglichkeiten der Koope-ration im norddeutschen Raum verbessert werden. Damit wird auch die Perspektive einer Zusam-menlegung von Landesumweltämtern eröffnet.

Begründung
Es sind erhebliche Synergieeffekte zu erwarten, wenn künftig immissionsschutzrechtliche Verfah-ren und die zugehörigen Überwachungsaufgaben an einer Stelle gebündelt wahrgenommen wer-den. Nicht nur der Niedersächsische Städtetag fordert die Einrichtung von Genehmigungszentren bei den Gewerbeaufsichtsämtern.
Den Landkreisen oder kreisfreien Städten kann in Einzelfällen die Möglichkeit eröffnet werden, Ge-nehmigungskompetenzen nach BImSchG zu übernehmen, wenn für den Standort besonders häufi-ge, typische Genehmigungsverfahren zu bearbeiten sind.
Die bisher an verschiedenen Stellen vorgehaltenen Fachkompetenzen für flächenbezogenen Um-weltschutz (Bodenschutz, Gewässerschutz, Tier- und Pflanzenartenschutz, Luftqualität, Strahlen-schutz) sind in einer staatlichen Behörde zu konzentrieren.
Die Verpflichtungen insbesondere gegenüber der Europäischen Union für den Erhalt des Europäi-schen Naturschutznetzes Natura 2000 und die internationale Aufgabe des Erhalts der Artenvielfalt lassen nicht zu, Fachaufgaben im Naturschutz zu kommunalisieren. Die im NLÖ vorhandenen na-turschutzfachlichen Kompetenzen müssen erhalten und weiter gestärkt werden, um langfristig Um-weltdaten bewerten, Serviceleistungen erbringen zu können und Berichtspflichten zu erfüllen.
Das neue Landesamt soll Bürgern, der Wirtschaft und den Kommunen als Fachbehörde umfassend Beratung und Information aus einer Hand zur Verfügung stellen.
Der Erhalt der Forschungsstelle Küste ist wegen ihrer anwendungsorientierten Grundlagenarbeit für den Insel- und Küstenschutz, wegen der besonderen internationalen Verpflichtung zum Schutz und Erhalt des Wattenmeeres besonders wichtig. Sie ist in Fragen des Meeresschutzes die einzige kompetente Stelle in Norddeutschland und Niedersachsen und leistet wichtige Beiträge zum inter-nationalen Watten- und Meeresschutz.
Das NLWK soll, so wie bei seiner Gründung beabsichtigt, die technischen Aufgaben im Küsten-schutz und bei der Gewässerunterhaltung wahrnehmen, die unbedingt vom Staat zu leisten sind. Der Landesbetrieb ist vor dem Hintergrund gegründet worden, dass technische Serviceleistungen nicht von einer Behörde erledigt werden müssen, sondern ausgelagert werden können. Voll-zugsaufgaben, die das NLWK inzwischen übernommen hat, sollen deshalb bei den künftigen Äm-tern für den ländlichen Raum angesiedelt werden. Der Gewässerkundliche Landesdienst ist beim neuen Landesumweltamt anzugliedern.
Bei den Ämtern für regionale Entwicklung sollen die flächenbezogenen Vollzugsaufgaben der Um-weltverwaltung zusammengefasst werden, die unverzichtbar sind, nicht kommunalisiert oder an Dritte abgegeben werden können. Daneben sind auch flächenwirksame Aufgaben wie die Landes-planung oder der Vollzug des Baurechts hier anzusiedeln, um eine einheitliche Entwicklung insbe-sondere des ländlichen Raums fördern zu können.
Großschutzgebiete sollen nicht aus der staatlichen Verantwortung entlassen, sondern wegen ihrer Sonderstellung aus den staatlichen Behördenstrukturen herausgelöst werden. Die Zielsetzungen der Schutzgebiete werden dabei über Gesetze festgelegt. Die Umsetzung der Ziele kann über In-strumente wie Zielvereinbarungen zwischen staatlicher Aufsicht und den Trägern flexibel gesteuert werden. Die Finanzierung der Großschutzgebiete wird mittelfristig im bisherigen Umfang erforder-lich sein und ist vertraglich sicherzustellen. Stiftungen, Vereine und andere gemeinnützige Verwal-tungsstrukturen bieten bessere und effektivere Möglichkeiten der Beteiligung von Bürgern, Verbän-den und Kommunen in den jeweiligen Schutzgebietsregionen an der Umsetzung von Naturschutz-zielen und der Förderung einer nachhaltigen und sozialen wirtschaftlichen Entwicklung der Regio-nen.


Fraktionsvorsitzende

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