Antrag: Mobilitätswende jetzt! Reaktivierungsprozess von Bahnstrecken in Niedersachsen fortsetzen!

Der Landtag wolle beschließen:

Im Jahr 2013 hat die Rot-Grüne Landesregierung den Reaktivierungsprozess von Bahnstrecken für den Personennahverkehr unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf den Weg gebracht. Im Rahmen eines Lenkungskreises diskutierten Expert*innen die Vorgaben der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG). Abschließend verabschiedete das Gremium Kriterien und begleitete fortan den Reaktivierungsprozess. Am Lenkungskreis waren verkehrspolitischen Sprecher*innen aller Fraktionen im Niedersächsischen Landtag, Vertreter*innen der kommunalen Spitzenverbände, die Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sowie das Nahverkehrsbündnis im Lenkungskreis beteiligt. Nach einem mehrstufigen Verfahren wurden schließlich drei Strecken zur Realisierung einer Reaktivierung ausgewählt:

  1. Bad Bentheim - Neuenhaus
  2. Einbeck Salzderhelden - Einbeck Mitte
  3. Salzgitter Lebenstedt - Salzgitter-Fredenberg

Die Strecke Bad Bentheim-Neuenhaus soll für den Personennahverkehr voraussichtlich Ende 2018 seinen Betrieb aufnehmen. Die Züge werden an allen Wochentagen ganztägig im Stundentakt fahren und gut an das SPNV- und Busnetz angeschlossen sein. Ergänzt wird diese Streckenreaktivierung durch umfangreiche Aus- und Umbauarbeiten an den Bahnhöfen Bad Bentheim und Neuenhaus. Ebenfalls wird voraussichtlich Ende 2018 auf der Strecke Einbeck Salzderhelden-Einbeck Mitte der Betrieb aufgenommen. Auch hier ist ein planmäßiger Personennahverkehr im Stundentakt vorgesehen. Die Strecke Salzgitter Lebensstedt nach Salzgitter Fredenberg wurde zwar ebenfalls ausgewählt, jedoch wird die Realisierung der Reaktivierung dieser Strecke nicht erfolgen.

Der Landtag stellt fest:

  1. Der bisherige Prozess zur Reaktivierung von Bahnstrecken in Niedersachsen ist ein erster und wichtiger Schritt zur Verbesserung der Mobilität im ÖPNV/SPNV gewesen.
  2. Der Reaktivierungsprozess von Bahnstrecken soll als unverzichtbarer Bestandteil für die Verbesserung der Mobilität in Niedersachsen, auch in ländlichen Regionen, fortgeführt werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. einen Lenkungskreis mit den verkehrspolitischen Sprecher*innen aller im Landtag vertretenen Fraktionen sowie Fachexperten für die Fortsetzung des Reaktivierungsprozesses zeitnah einzurichten bzw. wieder in Betrieb zu nehmen;
  2. dass der Lenkungskreis die Fortsetzung des Reaktivierungsprozesses inhaltlich vorbereiten und dabei nachfolgend aufgeführte Aufgaben- und Fragestellungen klären soll:
    a.      Prüfen und Erarbeitung von Alternativen zum standardisierten Bewertungsverfahren im weiteren Reaktivierungsprozess, um insbesondere auch die ländlichen Räume stärker zu berücksichtigen.
    b.      Die Einbeziehung von touristischen Verkehren in den Reaktivierungsprozess zu prüfen bzw. gesondertes Verfahren zur Bestellung touristischer Verkehre einzuleiten
    c.      Eine Auswahl von Strecken vorzunehmen, die im weiteren Reaktivierungsverfahren einbezogen werden sollen, dazu soll ein neues Auswahlverfahren erarbeitet werden.
    d.      Die Reaktivierung von Bahnstrecken im Zusammenhang mit der Entwicklung von Siedlungsstrukturen zu prüfen.
    e.      Die Möglichkeiten für die Einrichtung von Modellregionen (Reaktivierung und Siedlungsstrukturen und Reaktivierung und Touristische Verkehre) zu prüfen.
  3. dass sich Landesregierung gegenüber der Bundesregierung dafür einsetzt, dass der Bund sich finanziell an der Reaktivierung von Bahnstrecken in Niedersachsen beteiligt.

Begründung

Die Reaktivierung von Bahnstrecken ist ein wichtiger Baustein für die Verbesserung einer bedarfsgerechten und nachhaltigen Mobilität in Niedersachsen. Insbesondere kann die Mobilität der Menschen in ländlichen Räumen durch die weitere Reaktivierung von Bahnstrecken für den Personennahverkehr angebotsorientiert deutlich verbessert werden. Im ersten Reaktivierungsverfahren hat sich das standardisierte Bewertungsverfahren ab Phase 3 nicht durchgängig als geeignet erwiesen. Insbesondere konnten die Besonderheiten des ländlichen Raums und seiner Bevölkerung nichts ausreichend berücksichtigt werden. Im Ist-Zustand wenig frequentierte Strecken und geringer besiedelte Regionen wurden bei der Bewertung benachteiligt. Es ist wichtig, hier für einen Ausgleich zu sorgen.

Die Anwendung des Standardisierten Bewertungsverfahren bedarf deshalb im weiteren Verfahren einer kritischen Überprüfung, da sich dieses Bewertungsverfahren nicht als geeignet für Vorhaben in weniger verdichteten ländlichen Regionen erwiesen hat. Aus diesem Grunde sind alternative Bewertungsverfahren zu prüfen. Strukturentwicklungsmöglichkeiten der ländlichen Räume sind ebenso zu berücksichtigen wie die Einbeziehung von touristischen Verkehren auf der Schiene als ein wesentlicher Bestandteil für den umweltfreundlichen Verkehr in Niedersachsen.

Gleichzeitig wird der Individualverkehr in den Städten verringert. Damit ist der Reaktivierungsprozess ein wesentlicher Beitrag zur notwendigen Mobilitätswende in Niedersachsen. In diesem Zusammenhang ist es positiv zu bewerten, dass parteiübergreifend die Notwendigkeit zur Fortsetzung des Reaktivierungsprozesses gesehen wird.

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