Antrag: Mehrwertsteuererhöhung noch verhindern

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen        Hannover, den 10.05.06

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

1. Der Landtag hält eine Erhöhung der Mehrwertsteuer angesichts der anhaltend schwachen

Binnenkonjunktur und der im Zuge der Massenarbeitslosigkeit stark gewachsenen Zahl von sozial schwachen Haushalten für wirtschafts- und sozialpolitisch kontraproduktiv.

2. Der Landtag sieht in den positiveren Konjunkturdaten in Deutschland eine Grundlage für eine fiskalische Erholung, die durch einen entschlossenen Subventionsabbau erfolgreich unterstützt werden muss, statt sie durch Steuererhöhungen auf den Konsum im Keim zu ersticken.

3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf eine Initiative im Sinne von 1. und 2. im Bundesrat einzubringen und die von der Bundesregierung geplante Mehrwertsteuererhöhung abzulehnen.

Begründung

Die prekäre Lage der öffentlichen Haushalte ist unbestritten und erfordert eine glaubwürdige, langfristig angelegte Konsolidierungspolitik. Weitgehende Subventionskürzungen im Umfang von mehr als 18 Mrd. Euro, die in der vergangenen Legislaturperiode von der Bundesregierung mehrfach zur Abstimmung gebracht wurden, haben CDU, CSU und FDP im Bundesrat blockiert. Sie sind daher mitverantwortlich für die heutige Haushaltssituation, weil sie wirksame Beiträge zur Haushaltskonsolidierung verhindert haben.

Die beabsichtigte drastische Mehrwertsteuererhöhung ist kein geeignetes Mittel, um die Haushalte von Bund und Ländern zu sanieren. Dies bestätigt auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem aktuellen Gutachten. Es fehlt eine solide und zukunftsgerichtete finanzpolitische Strategie, die Bürgern und Unternehmen Perspektiven bietet, um Vertrauen zu fassen.

Die geplante Mehrwertsteuererhöhung ist vielmehr eine allgemeine Steuererhöhung, die bei den privaten Haushalten zu einer spürbaren Mehrbelastung führen wird. Sie verschärft soziale Ungerechtigkeit, weil sie Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner ebenso wie Studierende besonders belastet. Diese Personengruppen werden, wie auch Selbständige, keine Entlastung durch die beabsichtige Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge erfahren.

Mehrfach wurde festgestellt, dass bei den Haushalten mit niedrigem Einkommen die relative Belastung zu Haushaltseinkommen deutlich höher ausfallen wird, als bei wohlhabenden Haushalten. Diese Mehrbelastung durch den höheren Mehrwertsteuersatz wird für Bezieher niedriger Einkommen noch verstärkt, da durch Streichung und Reduzierung von steuerlichen Vorteilen für Arbeitnehmer/innen auch andere Zusatzbelastungen auf sie zukommen werden.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist beschäftigungsfeindlich, weil die das Konsumklima belasten wird. Jüngste Veröffentlichungen des DIW gehen von einer Mehrbelastung der privaten Haushalte von 0,8 Prozent des verfügbaren Einkommens aus, auch wenn die geplante Senkung von Sozialbeiträgen berücksichtigt wird. Wirtschaftsinstitute erwarten, dass sich die Konjunkturerwartungen eintrüben und es zu Wachstumsverlusten von bis zu einem Prozentpunkt kommen kann. Auch die Schwarzarbeit wird sich deutlich erhöhen. Arbeitsplätze – insbesondere im Handwerk – werden damit massiv gefährdet, negative Auswirkungen auf die Anzahl der Ausbildungsplätze sind zu erwarten.

Experten erwarten längerfristig einen Anstieg der Verbraucherpreise um 1,7 Prozent. Dieser Preisanstieg wird inflationär wirken. Dadurch bedingte geldpolitische Maßnahmen der EZB wie die Anhebung von Zinsen hätten ebenfalls negative Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen und auf die Beschäftigung im Land.

Statt auf die Mehrwertsteuererhöhung zu setzen, sind Subventionen verstärkt abzubauen, steuerliche Subventionen – auch im Unternehmensbereich – sind stärker zurückzufahren. Notwendig ist darüber hinaus, dass der Umsatzsteuerbetrug koordiniert bekämpft wird. Parallel ist durch gestaffelt geminderte Sozialabgabensätze für die unteren Einkommensgruppen ein nachhaltiger Beschäftigungsimpuls für diese Bereiche zu setzen, der gleichzeitig den notwendigen Anschub für die Binnenkonjunktur und die Bekämpfung der hohen Schwarzarbeit bewirken kann.

 

Parlamentarische Geschäftsführerin

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