Antrag: Masterplan Marienburg 2030 - kultur- und landesgeschichtliche Bedeutung bewahren und erschließen!
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die kultur- und landesgeschichtliche Bedeutung von Schloss Marienburg reicht weit über den reinen Wirtschaftswert als überregional bekanntes und beliebtes Ausflugsziel hinaus. Denn die zwischen 1858 und 1867 errichtete Sommerresidenz des königlichen Hauses Hannover ist nicht nur ein herausragendes Zeugnis der historistischen Baukunst und Innenarchitektur in Norddeutschland. Das im Schloss bewahrte Inventar gibt darüber hinaus unmittelbar Zeugnis von der Landesgeschichte seit dem Hochmittelalter. Niedersachsen hat durch den Übergang von Schloss und Inventar in eine gemeinnützige Stiftung die Chance, sein kulturelles Erbe an einem symbolisch hoch verdichteten Ort einem breiten Publikum auf zeitgemäße Weise und auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu vermitteln.
Bis 2019 war die Zukunft dieses kulturellen Erbes ungewiss: Das nicht beheizbare Gebäude ist an zahllosen Stellen undicht, sodass sich der Echte Hausschwamm über Jahrzehnte ungehindert ausbreiten konnte. Das Tragwerk ist inzwischen so beschädigt, dass die Standsicherheit nicht mehr als gegeben betrachtet werden kann. Hinzu kommen akute Handlungszwänge mit Blick auf die Standfestigkeit der Umfassungsmauern und die technische Gebäudeausstattung. Der frühere Eigentümer des Schlosses hat sich außerstande gesehen, die anstehenden, umfassenden Sanierungs- und Erschließungsarbeiten im privaten Rahmen zu leisten. Daher hat er Schloss und Inventar 2020 in eine gemeinnützige Stiftung des privaten Rechts überführt. Bund und Land haben im gleichen Zug 27,2 Mio. Euro in ihre Haushalte eingestellt, um die anstehende Bausanierung mit Fördermitteln der Denkmalpflege zu ermöglichen. Zwischenzeitlich haben sich die Schäden am Tragwerk als so gravierend herausgestellt, dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde der Region Hannover eine Schließung der bis September 2023 noch öffentlich zugänglichen Räume im Süd-, West- und Ostflügel des Schlosses veranlasst hat. Diese Räume können erst wieder für das Publikum geöffnet werden, wenn nach Abschluss der jeweils notwendigen Sanierungsarbeiten eine Baugenehmigung vorliegt, von der u.a. die Aspekte Standsicherheit, Nutzungsart, Brandschutz und Denkmalschutz abgedeckt sein müssen.
Die denkmalgerechte Sanierung des Schlosses ist eine Zuwendungsbaumaßnahme nach der Richtlinie für den Zuwendungsbau des Bundes (RZBau). Daher musste ein Vorprojekt für die Planung der Maßnahme bewilligt werden, um die Projektsteuerungs- und Planungsleistungen an geeignete Unternehmen vergeben zu können. Seit Ende 2024 ist die Leistungsphase 2 abgeschlossen. Im Ergebnis verfügt die Stiftung nun über eine Vorplanung, die nach jetzigem Kenntnisstand einen Abschluss der Maßnahmen innerhalb des vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmens ermöglicht.
Parallel dazu wurde der „Masterplan Marienburg 2030“ entwickelt, der eine nachhaltige und umfassende Erschließung und Nutzung des baulichen und beweglichen Kulturerbes der Welfen auf dem Schloss ermöglicht. Die Entstehung des Masterplans wurde von der Kulturstiftung der Länder (KSL) finanziert. Er sieht neben dem Nutzungs- und Museumskonzept ein umfassendes konservatorisches Konzept für die mehr als 20.000 Einzelobjekte des kulturgeschichtlich wertvollen Inventars vor, das sich zu großen Teilen in gefährdetem Zustand befindet. Aktuell wird der Antrag auf Finanzierung der Umsetzung des Masterplans durch die KSL vom Landesmuseum Hannover im Auftrag des MWK finalisiert.
Für die Stiftung Schloss Marienburg liegt eine große Herausforderung darin, während der Zeit bis zum Abschluss der Bausanierung und der Umsetzung des Masterplans Marienburg 2030 ihre laufenden Kosten zu decken. Dabei ist sie auf die Unterstützung durch das Land Niedersachsen angewiesen. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Stiftung, nutzbare Teile des Schlosses auch während der Bauphase öffentlich zugänglich zu machen und auf diese Weise Einnahmen zu erzielen. Dabei sind kreative Konzepte zur Nutzung und Belebung des Schlosses gefragt, die es für Einheimische und Touristen weiterhin attraktiv machen.
Der Landtag bekräftigt seine Entscheidung, die denkmalgerechte Sanierung des Schlosses gemeinsam mit dem Bund zu ermöglichen und fortzuführen. Die Landesregierung ist gefordert, diese Entscheidung umzusetzen und die Stiftung Schloss Marienburg als Eigentümerin weiterhin im Rahmen der Möglichkeiten des Landeshaushalts dabei zu unterstützen, ihre Aufgaben während der sanierungsbedingten Schließung weiter Teile des Schlosses für das Publikum erfüllen zu können.
I. Der Landtag stellt fest:
1. Schloss Marienburg kann als symbolisch verdichteter Ort die Landes- und Kulturgeschichte Niedersachsens besonders wirkungsvoll vermitteln.
2. Die Umsetzung des Masterplans Marienburg 2030 ist notwendig, um die wissenschaftlichen, musealen und touristischen Potenziale von Schloss Marienburg für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
3. Die Stiftung Schloss Marienburg als Eigentümerin des Kulturdenkmals und seines Inventars benötigt weiterhin die Unterstützung des Landes Niedersachsen, um während der Sanierungsphase ihre Aufgaben erfüllen zu können.
II. Der Landtag bittet die Landesregierung,
- die Sanierung der Marienburg konsequent voranzutreiben,
- die Umsetzung des Masterplans Marienburg 2030 weiter voranzutreiben, um das wissenschaftliche, museale und touristische Potenzial des Schlosses voll auszuschöpfen,
- während der Sanierung von Schloss Marienburg aktiv und fortlaufend zu prüfen, wie Teilbereiche trotz laufender Bauarbeiten nutzbar gemacht werden können. Ziel ist es, bestehende Einnahmequellen für die Stiftung zu sichern und potenzielle neue zu erschließen (z. B. Filmrechte),
- den Landtag weiterhin über Planung und Umsetzung der Sanierung zu unterrichten, insbesondere über die Einhaltung des vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmens,
- die Stiftung Schloss Marienburg im Rahmen der durch den Haushaltsplan vorgegebenen Möglichkeiten dabei zu unterstützen, ihre Aufgaben auch während der sanierungsbedingten Nutzungseinschränkung des Schlosses nachhaltig und effizient im Interesse des öffentlichen Belangs des Denkmalschutzes und des Erhalts von Kulturgut zu erfüllen,
- zu prüfen, inwiefern die Marienburg, nach der Sanierung, zu einem Außerschulischen Lernort entwickelt werden kann, an dem wesentliche Phasen der niedersächsischen Landesgeschichte vermittelt werden können.
Begründung
Schloss Marienburg ist nicht nur ein herausragendes Zeugnis des Historismus in Norddeutschland, sondern auch ein lebendiges Zeugnis der Geschichte und Kultur Niedersachsens.
Als kultureller Leuchtturm und weithin bekanntes Wahrzeichen ist Schloss Marienburg Anziehungspunkt für zahlreiche in- und ausländische Besucher und dadurch ein strukturell wichtiger Pfeiler der niedersächsischen Tourismuswirtschaft. Das Schloss stellt nicht nur den Alltag vergangener Staats- und Gesellschaftsformen, sondern wird durch seine denkmalgerechte Sanierung und durch die Umsetzung des Masterplans Marienburg 2030 zu einem zukunftsfähigen Lernort und zu einem gewinnbringenden Ort für Veranstaltungen, der auch für die lokale Wirtschaft zum wichtigen Standortfaktor werden kann. Schloss Marienburg und sein Inventar gehören zum kulturellen Erbe Niedersachsens und tragen zur touristischen Attraktivität Niedersachsens bei. Die Umsetzung des Masterplans Marienburg 2030 macht den Ort zu einem Vorzeigeprojekt für die auch wirtschaftlich wichtige Verbindung von Kultur und Tourismus in Niedersachsen.