Antrag: Land muss mehr Verantwortung auf dem Wohnungsmarkt übernehmen – Landeswohnungsbaugesellschaft jetzt!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

In Niedersachsen fehlen nach Schätzungen bis zu 400.000 Wohnungen, insbesondere im unteren und mittleren Preissegment. Gleichzeitig steigen die Mieten und ging der soziale Wohnungsbau auf nur noch 80.000 Wohnungen zurück, obwohl der Bedarf deutlich höher ist.

Insbesondere in den Ballungsgebieten leiden bereits jetzt viele Menschen unter einer kaum noch tragbaren Belastung durch hohe Mieten. In Oldenburg müssen mehr als 44 Prozent, in Hannover 43,3 %, in Braunschweig 41,1 %, in Osnabrück 40,4 Prozent und in Göttingen mehr als 35,4 Prozent der Haushalte mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Warmmiete ausgeben. Faires Wohnen wird damit zur neuen sozialen Frage. Staatliches Handeln für mehr angemessenen Wohnraum ist nicht nur geboten, sondern auch Ausdruck von Artikel 6a unserer Landesverfassung: „Das Land wirkt darauf hin (…) dass die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist.“

Neben der Stärkung von Genossenschaften und gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften insbesondere der Kommunen fehlt es an einer landeseigenen gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft. Der Anteil der Wohnungen in öffentlicher Hand ging in den letzten Jahrzehnten deutlich zurück. Heute besitzt das Land weniger als 200 Wohnungen.

Ein Fehler war 2005 der Verkauf der Landeswohnungsbaugesellschaft NILEG an die Private Equity Gesellschaft Fortress Investment Group LLC zu einem Kaufpreis von ca. 1,5 Milliarden Euro. Die landeseigene NILEG besaß über 30.000 Wohnungen vor allem in Hannover, Braunschweig und Osnabrück. Heute sind die ehemaligen NILEG-Wohnungen in die börsennotierte Gagfah S.A. mit Sitz in Luxemburg eingegliedert. Größter Mehrheitsaktionär ist Vonovia mit 93,42 %. 

Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen bestehend u.a. aus DGB, AWO, Diakonie, Caritas und Sozialverband Deutschland fordert daher die Wiedergründung einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft des Landes.

Der Landtag begrüßt, dass die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) verstärkt für den Wohnungsbau in den Kommunen genutzt wird.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • Das Land gründet wieder eine eigenständige gemeinnützige Landeswohnungsbaugesellschaft
    • a)      Diese baut selbst, kauft und saniert insbesondere für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen.
    • b)      Die Landeswohnbaugesellschaft ist Partner für alle Kommunen – insbesondere für Kommunen ohne eigene Wohnbaugesellschaft. Hier ergeben sich massive Chancen für öffentlich-öffentliche Partnerschaften bei Sanierung und Neubau.
  • Als erster Schritt wird die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) stärker zur Sanierung und Innenentwicklung von gemeinwohlorientiertem Wohnraum in Stadt und Land genutzt. Flächensparsamkeit, Innenentwicklung und Sanierung maroder Gebäude sollen dabei im Vordergrund einer aktiven Bodenpolitik stehen.
  • Öffentliche Baugrundstücke in angespannten Wohnungsmärkten sollen durch einen revolvierenden Bodenfonds im öffentlichen Eigentum der Kommunen oder des Landes verbleiben und angehäuft werden. Sie sollen durch landeseigene oder kommunale Wohnbaugesellschaften bebaut oder durch Erbbaurecht Dritten zur Verfügung gestellt werden. So werden preistreibende Spekulationen auf Boden verhindert. Die Kommunen geben den Gestaltungsspielraum für eine langfristige Stadtentwicklung nicht aus der Hand.  
  • Gemeinschaftliche Wohnformen und gemeinnützige Wohnungsgenossenschaften stärker zu fördern

Begründung

Die Landeswohnbaugesellschaft hat die Aufgabe, bezahlbaren Wohnraum für unterschiedliche Zielgruppen dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Länder wie Bayern und Hessen haben ebenfalls neue Landeswohnungsbaugesellschaften gegründet. 

Die Landeswohnbaugesellschaft greift als eigenständiger Akteur direkt in das Marktgeschehen auf dem Wohnungsmarkt ein, um zwei Fehlentwicklungen entgegenzuwirken:

1. Die Landeswohnbaugesellschaft leistet einen Beitrag, die gegenwärtige Unterversorgung mit Wohnraum zu beenden. Sie wird das Angebot an bezahlbaren Wohnraum insbesondere in Regionen mit angespanntem Mietmarkt spürbar erhöhen.

2. Die Landeswohnbaugesellschaft leistet einen Beitrag, den explosiven Anstieg der Mieten zu dämpfen. Durch die bezahlbaren Mieten bei den landeseigenen Wohnungen nimmt das Land mäßigenden Einfluss auf die Mietpreisbildung auf dem Wohnungsmarkt.

Sie leistet einen Beitrag zur sozialintegrativen Quartiersentwicklung in den Städten und auf dem Land. Die sozioökonomische Mischung der Mieterschaft wird in jeder Immobilie gewährleistet. Durch unterschiedliche Wohnungsgrößen entstehen sozial gemischte Mieterschaften. Single-Haushalte wohnen mit Mehr-Personen-Haushalten Tür an Tür, Seniorinnen und Senioren mit Studierenden. Im Angebot sollen sich Wohnungen in allen Größen befinden. Es werden sowohl Ein-Zimmer-Apartments gebaut (< 40 qm), z. B. für Auszubildende und Studierende, als auch kleinere Typen für Single und Zweipersonenhaushalte (40-60 qm) sowie größere für Mehrpersonenhaushalte (> 70 qm). Aus dem sehr heterogenen Angebot ergibt sich eine durchschnittliche Wohnungsgröße von 70 Quadratmeter.

Die Landeswohnbaugesellschaft stärkt in ihrem Bestand die Mitsprache der Mieterinnen und Mieter. Die Mietbelastungsquote der Mieterschaft soll 25 Prozent möglichst nicht übersteigen. Es werden qualitativ hochwertige Wohnungen zu bezahlbaren Mieten angeboten. Eine kontinuierliche Instandhaltung garantiert eine gleichbleibend hohe Wohnqualität und ein Höchstmaß an Umwelt- und Klimaschutz.

Damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, muss die Landeswohnbaugesellschaft im unveräußerlichen Landesbesitz sein, etwa in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts oder gemeinnützigen gGmbH.

Die zu 51 % in Landesbesitz befindliche gemeinnützige Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) wurde unter der rot-grünen Landesregierung 2013 bis 2017 verstärkt zur Siedlungsentwicklung, Sanierung und Neubau von Wohnungen genutzt. Sie übt das Vorkaufsrecht nach dem Grundstücksverkehrsrecht aus und ist Partner für viele Kommunen bei der Siedlungsentwicklung, bei Sanierungsgebieten und Dorferneuerung. Dieses Geschäftsfeld der NLG ist im Sinne des Landes und der Kommunen gemeinwohlorientiert auszubauen und stärker für die flächenschonende Entwicklung von preiswerten, barrierefreien und klimaschonenden Wohnraum zu nutzen. 

Die gemeinnützige Landeswohnbaugesellschaft darf wie die NLG keine Gewinne ausschütten. Die Mieteinnahmen werden vollständig für Investitionen, energetische Sanierung und stabile Mieten eingesetzt. Aus den Einnahmen, die über der Kostendeckung liegen, werden zudem Rückstellungen für die Instandhaltung gebildet und weitere Bestandsimmobilien angekauft. Beteiligungen und öffentlich-öffentliche Partnerschaften mit kommunalen Wohnbaugesellschaften sind möglich. Hierdurch kann der kommunale Wohnungsbau kooperativ angekurbelt werden.

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