Antrag: Land muss Kürzung der Regionalisierungsmittel ausgleichen – mehr Effizienz und Transparenz für mehr Nahverkehr

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Die Regionalisierung des öffentlichen Nahverkehrs als ein wesentlicher Teil der Bahnreform hat die Bundesländer seit 1994 in die Lage versetzt, das Nahverkehrsangebot auszubauen und bürgernäher zu gestalten. Mit Hilfe der vom Bund garantierten und zuletzt jährlich um 1,5 Prozent steigenden so genannten Regionalisierungsmittel konnte das Verkehrsangebot seit 1996 um 20 Prozent und die Zahl der Fahrgäste um fast 30 Prozent gesteigert werden. Dieser Effekt hätte noch größer sein können, wenn Niedersachsen tatsächlich das gesamte zur Verfügung stehende Geld ausschließlich und effizient für die Verbesserung des Nahverkehrs eingesetzt hätte. Um dies zukünftig zu korrigieren, muss der Verwendungszweck der Etatmittel im Verkehrshaushalt sachgerechter festgelegt und stärker kontrolliert werden.

Daneben haben die Regierungsfraktionen von CDU und FDP die Mittelvergabe des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) von einer ursprünglich angestrebten hälftigen Aufteilung mit 60 zu 40 zu Gunsten der Straße gegenüber der Schiene verändert.

Auch die 2005 erfolgte Änderung des niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes hat das Förderpotential des Landes zur Verbesserung des ÖPNV geschmälert. Aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes wurden in Niedersachsen 34 Mio. €/a ohne ausreichende Zweckbindung direkt an die Kommunen gegeben.

Zu einer ersten Kürzungsrunde des Bundes (Koch/Steinbrück) führte bereits 2004 die zunehmende Zweckentfremdung der Regionalisierungsmittel, nicht nur durch Niedersachsen. Mit der vollständigen Finanzierung der Landesaufgabe Schülerbeförderung aus den Bundesmitteln lieferte Niedersachsen hier dem Bund die Argumente. Die Bundeskürzungen mussten zu Lasten des ÖPNV in Niedersachsen zusätzlich eingespart werden.

Durch die Bundesratsbeschlüsse vom 26.06.2006, die im Zuge der Entscheidung für die Mehrwertsteuererhöhung mit beschlossen wurden, sind die Regionalisierungsmittel des Bundes erneut bis 2010 um bis zu 13 Prozent/a gekürzt worden. Da die im Bundesrat am Ende der Beratungen verkündete geringe Minderung der Einsparvorgabe bislang vom Bund noch nicht umgesetzt wurde, müssen Land und Verkehrsunternehmen derzeit in Niedersachsen bis 2010 insgesamt mit einem neuen Kürzungsvolumen von 283 Mio. € rechnen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, eine derart Substanz gefährdende Reduktion der Förderung des ÖPNV in Niedersachsen nicht zuzulassen und:

1. eine Bundesratsinitiative zum sofortigen Vollzug der Absenkung der Kürzung um 500 Mio. € einzubringen;

2. die Investitionsplanung für den ÖPNV und den SPNV grundlegend mit dem Ziel zu überarbeiten, die Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) wieder zu gleichen Teilen auf Straße und Schiene aufzuteilen;

3. unverzüglich Maßnahmen zur weiteren Effizienzsteigerung im ÖPNV mit folgenden Punkten aufzulegen:

  • Neuverhandlung der laufenden Verkehrsverträge wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage mit dem Ziel einer schnelleren Überführung der gesamten Verkehrsleistung in den Wettbewerb binnen einer Frist von fünf Jahren,
  • Präzisierung der Vergabekriterien für Regionalisierungsmittel im Nahverkehrsgesetz durch eine ergänzende Verordnung und zeitnahe Prüfung der Verwendung durch die LNVG,
  • mit den für den Schülerverkehr zuständigen Verkehrsunternehmen umgehend die von ihnen selbst angebotene prozentuale jährliche Reduktion der Aufwendungen bis zu einem Festbetrag zu Ende zu verhandeln;

4. umstrittene Planungen für Straßenneubauprojekte auszusetzen und Vorratsplanungen im Straßenbau bei nicht gesichertem Mittelzufluss zu beenden, um die so freiwerdenden Haushaltsmittel, ebenso wie die Erträge der in den vorgenannten Punkten beschriebenen Maßnahmen, zum Ausgleich der Kürzung der Regionalisierungsmittel einzusetzen.

Begründung

In Niedersachsen muss bei den bislang vorliegenden Beschlüssen des Bundes schon in 2006 mit einer nachträglichen Kürzung der zugesagten Mittel um 9 Mio. € gerechnet werden. Für die Folgejahre ergeben sich Kürzungsbeträge von 48 Mio. € für 2007, 66 Mio. € für 2008, 75 Mio. € für 2009 und für 2010 sogar 85 Mio. €. Die Folgen wären, dass das Zugangebot in den kommenden Jahren ausgedünnt würde, eingeplante Ausbauprojekte verschoben oder gestrichen wären, Taktfrequenzen wieder länger würden und dem verbleibenden Nahverkehr massive Fahrpreiserhöhungen drohten.

Durch die vorgeschlagenen Umschichtungen und den effizienteren Mitteleinsatz kann der nötige Finanzspielraum geschaffen werden, um die negativen Folgen für den niedersächsischen Nahverkehr noch zu verhindern.

Der Öffentliche Personennahverkehr in Niedersachsen war bereits durch vorangegangene Kürzungsrunden ohne Finanzierungsausgleich durch die Landesregierung gezwungen, durch die Hebung erheblicher Effektivierungspotentiale seinen Konsolidierungsbeitrag zu leisten. Dies gelang vor allem durch große Einsparungen im Zuge von ÖV-Ausschreibungen, durch Rationalisierungen in den Verkehrsunternehmen und durch eine sparsame Wirtschaftsführung der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG). Bislang waren dies Maßnahmen, die für die Fahrgäste noch verträglich und die Unternehmen noch gestaltbar waren.

Die nun zusätzlich drohenden Kürzungen, bei der die Landesregierung die Streichung der Regionalisierungsmittel durch die Bundesregierung komplett zu Lasten der Kommunen und der Verkehrsbetriebe durchreichen will, gefährdet den Erhalt der erreichten Qualität des ÖPNV und des SPNV und die Durchführung notwendiger Investitionen.

Wenn die Landesregierung ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung und für die Sicherung der Infrastruktur gerecht werden will, muss sie zumindest die im Antrag genannten Korrekturen vornehmen.

Allein bei einer Änderung der Mittelvergabe des GVFG zu Gunsten der Schiene würde der ÖPNV 12 Mio. € pro Jahr dazu gewinnen. Durch den Verzicht auf umstrittene Planungen für Straßenneubauprojekte wird es möglich, die Fremdvergabe für Planungen zu reduzieren und damit die Verwaltungsreform in der Straßenbauverwaltung zu beschleunigen. Gewinn für den ÖPNV: 5 bis 9 Mio. € pro Jahr Eine tatsächliche Minderung der Einsparvorgaben des Bundes würde für Niedersachsen die Reduktion des Kürzungsbetrages um ca. 11 Mio. € pro Jahr ermöglichen. Die kurzfristige Umsetzung dieser Absenkung und der anderen Maßnahmen ist nötig, um vor Ort Planungssicherheit herzustellen.

Fraktionsvorsitzender

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