Antrag: Kunst und Kultur sind kein Sahnehäubchen – Kulturfördergesetz jetzt!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Niedersachsens Kulturszene ist so vielfältig wie unsere Landschaft. Die Palette reicht von den Trachten- und Musikgruppen über die Staatstheater und Clubs bis hin zu den Soziokulturellen Zentren in der Stadt und auf dem Land. Gerade die kleineren Städte und Dörfer Niedersachsens verfügen über gepflegte kulturelle Traditionen und eine erstaunliche Vielfalt. All diese und noch unzählige mehr sind gleichberechtigte Formen der Kultur in unserem Bundesland.

Die Breitenkultur mit ihrer großen ehrenamtlichen Basis ist in Niedersachsen besonders ausgeprägt. Ohne nichtstaatliche Einrichtungen und ohne Ehrenamt in der Fläche ist eine attraktive Vielfalt von kulturellen Angeboten kaum möglich.

Kunst und Kultur sind keine beliebige Zutat für ein schönes Leben, sondern eine notwendige Voraussetzung dafür. Kunst und Kultur ist nicht nur das, sondern auch ein harter Standort- und Wirtschaftsfaktor, Teil der Daseinsvorsorge und entscheidend für die Lebensqualität in unserem Land und den Kommunen.

Aber um sich entfalten zu können, brauchen Kunst und Kultur angemessene Rahmenbedingungen. Die Vielfalt der kulturellen Infrastruktur, vom Jugendorchester und Independent-Bands, über freie Theatergruppen bis hin zu den großen Kultureinrichtungen der klassischen Hochkultur, muss ausreichend strukturell und finanziell unterstützt werden. Projektförderung ist daher ein wichtiges Instrument der Kulturförderung. Sie kann zielorientiert und flexibel wirken. Sie ist jedoch kein Ersatz für eine ausreichende institutionelle Förderung, die die Regel sein muss.

Um eine gleichberechtigte Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an Kulturangeboten zu ermöglichen, ist es wichtig, dass Kunst und Kultur in der gesamten Breite sowie im urbanen wie im den ländlichen Räumen angemessen gefördert werden. Dabei müssen kulturelle Angebote noch stärker nach außen wirken.

Daher fordert der Landtag die Landesregierung auf ein Kulturfördergesetz zu entwickeln und vorzulegen, das

  • die Förderung und Pflege von Kunst und Kultur in Niedersachsen zu einer gemeinsamen Aufgabe von Land und Gemeinden, die dafür gleichberechtigt und partnerschaftlich zusammenwirken.
  • mit konkreten Leitlinien zu Zielen und Grundsätzen der Kulturförderung die Grundlagen für die Entwicklung der Kultur, der Kunst und der kulturellen Bildung festlegt. Kunst und Kultur dürfen dabei nicht in ihrer Vielfalt und Freiheit eingeschränkt werden. Alle Kulturformen im ländlichen Raum wie in den Städten müssen dabei gleichberechtigt bedacht und fair behandelt werden. Dazu gehört auch, dass eine verlässliche, planbare und dynamisierte Kulturförderung für staatliche wie private Kultureinrichtungen erreicht wird.
  • Kulturpolitik als ein gemeinsames Anliegen von Landtag und Landesregierung betont. Dazu wird eine mittelfristige Kulturförderplanung von Legislative und Exekutive am Anfang jeder Legislaturperiode gemeinsam und ressortübergreifend entwickelt, sowie am Ende der jeweiligen Legislaturperiode evaluiert.
  • das transparente, unbürokratische und niedrigschwellig zugängliche Verfahren in der Kulturförderung implementiert, die eine substanzielle institutionelle wie ausreichende Projektförderung vorsieht.
  • für Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den unterschiedlichen Kulturakteur*innen eine Kommunikation auf Augenhöhe festlegt. Im Grundprinzip müssen diese Vereinbarungen langfristig wirkend, realistisch und doch flexibel gestaltet sein.
  • die Voraussetzungen schafft, Kreativen und Kulturschaffenden faire Arbeitsverhältnisse und auskömmliche Entgelte zu ermöglichen.
  • vorsieht Förderprogramme und andere kulturpolitische Maßnahmen regelmäßig zu evaluieren und auf ihre WIrksamheit hin zu überprüfen.
  • Kultur in Niedersachsen als Wirtschafts- und Innovationsfaktor anerkennt.

Begründung

Kunst- und Kulturangebote können unterhalten. Aber Kunst und Kultur ist mehr als Unterhaltung. Kunst und Kultur wirken auf regionaler und globaler Ebene identitätsstiftend, demokratiefördernd und erneuernd. Sie geben uns Halt und ein Zuhause. Gleichzeitig schaffen Kunst und Kultur Brücken zwischen Generationen, unterschiedlichen Gesellschaften und sozialen Gruppen. Sie setzen auf Formate und Interaktionen, die in der Lage sind, bestehende Distanzen und Fremdheiten sowie die Kultur des Einzelnen aufzugreifen, diese in vielfältigen, kommunikativen Ausformungen zu bearbeiten und neue Blickweisen zu ermöglichen.

Kunst und Kultur sind für eine offene Gesellschaft unverzichtbar und eröffnen in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche Orientierung und neue Perspektiven. Kunst und Kultur tragen wesentlich dazu bei, die Welt in ihrer Vielfalt zu verstehen und unseren Horizont zu erweitern. Sie bieten uns Perspektiven für die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft. Kunst und Kultur schaffen Reflexionsorte für gesellschaftliche Entwicklungen und sind zugleich Impulsgeber für Neues. Sie gestalten gesellschaftliche Prozesse und fördern Integration und Teilhabe. Kunst und Kultur sind elementare Bausteine offener und demokratischer Gesellschaften.

Kunst und Kultur sind elementarer Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens. Es ist daher richtig und wichtig, die Förderung von Kunst und Kultur in Niedersachsen langfristig zu sichern. Dazu dient ein Kulturfördergesetz. Mit einem Kulturfördergesetz für Niedersachsen wird die Möglichkeit geschaffen, die Kulturförderung des Landes zu verstetigen, langfristig zu sichern und transparent zu gestalten. Ziel des Gesetzes ist es in ganz Niedersachsen Kunst und Kultur im urbanen wie im ländlichen Raum möglichst gleichberechtigt zu unterstützen.

Eine gesetzlich begründete und auskömmliche Förderung von Kunst und Kultur unterstützt darüber hinaus die Sicherung und Aufwertung der in der Kreativwirtschaft bestehenden Arbeitsplätze; denn der Kulturbetrieb ist auch von wirtschaftlicher Bedeutung. In der Kultur- und Kreativwirtschaft Niedersachsens sind über 100.000 Menschen tätig, die nicht nur künstlerische Qualität schaffen und für kulturelle Vielfalt sorgen, sondern mit ihren Impulsen auch wirtschaftliche Innovationen anregen und Wertschöpfung erbringen. Auch auf andere Branchen und auf Fachkräfte hat die Kreativwirtschaft als wichtiger Standortfaktor positive Effekte. Für Fachkräfte und junge Familien sind vielfältige kulturelle Angebote vor Ort ein Auswahlkriterium für den Wohnort. So ist Kulturförderung stets auch Wirtschaftsförderung.

Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Sachsen haben einer erfolgreichen Kulturpolitik in Form von Kulturfördergesetzen bereits eine entsprechende nachhaltige Grundlage geschaffen.

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