Antrag: Kontrollrechte des Parlaments achten – Landtag missbilligt Informationspolitik der Landesregierung in Bezug auf Kontrollrechte durch den Landtag

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Nach Artikel 7 der Verfassung des Landes Niedersachsen hat der Landtag auch die Aufgabe die Arbeit der Landesregierung zu überwachen. Dazu gehört auch die vollständige und zeitnahe Information des Parlaments über wesentliche, sicherheitsrelevante Ereignisse.

Die Landesregierung hat in dieser Legislaturperiode den Landtag und seine Ausschüsse in mehreren Fällen zu spät, erst auf Nachfrage, gar nicht oder unvollständig unterrichtet.

Die Landesregierung bevorzugt in vielen Fällen bei der Informationsweitergabe die die Regierung tragenden Fraktionen.

Die Landesregierung wird aufgefordert konkreten Unterrichtungsforderungen insbesondere der Opposition unverzüglich nachzukommen und von sich aus über ihr bekannte relevante Vorgänge zügig und vollständig zu informieren.

Im konkreten rügt der Landtag, dass

  1. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann der Forderung nach einer unverzüglichen mündlichen Unterrichtung in den Landtagsausschüssen Umwelt und Wirtschaft zur schweren Umweltkatastrophe im Emlichheim nicht nachgekommen ist und damit die Kontrollrechte des Parlaments missachtet hat
  2. Innenminister Boris Pistorius über den Verlust von vertraulichen Akten als auch verschwundenen Waffen die zuständigen Ausschüsse nicht unverzüglich unterrichtet hat
  3. Kulturminister Björn Thümler über Details zum geplanten Kauf der Marienburg den Fraktionsvorstand der CDU aber erst nach Presseberichterstattungen auch die anderen Fraktionen im Landtag informierte (HAZ vom 30.6.2019)
  4. Verbraucherministerin Barbara Otte-Kinast über mögliche Verbrauchergefährdungen durch nach Niedersachsen gelieferte PCB-haltige Futtermittel erst nach Wochen und nicht von sich aus den Landtag unterrichtete (dpa vom 15.11.2018)
  5. Umweltminister Olaf Lies sich über ein Jahr weigerte ihm vorliegende detaillierte Probenergebnisse zu resistenten Keimen in Niedersächsischen Badegewässern dem Landtag mitzuteilen und dies erst nach einer Klageandrohung durch die Opposition vorlegte (HAZ vom 28.3.2019)

Nach Art. 25 besteht eine Unterrichtungspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag über wesentliche Planungen, Gegenstände grundsätzlicher Bedeutung und die Vorbereitung von Verordnungen.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf, klare Regeln für die rechtzeitige und vollständige Information des Parlaments und seiner Ausschüsse aufzustellen. Dabei sind auch die besondere Stärkung der Informations- und Kontrollrechte der Opposition, wie vom Ministerpräsidenten und stellv. Ministerpräsidenten bei Regierungsbildung zugesagt, zu berücksichtigen. Dabei muss auch eine effektive und schnelle Kontrolle durch zeitnahe Unterrichtungen und Nachfragen möglich sein.

Der Landtag und seine Ausschüsse ist etwa über den Verlust von Waffen, sicherheitsrelevanten Unterlagen, aber auch schweren Unfällen mit möglicher Gefährdung der Gesundheit der Menschen und/oder der Umwelt sofort und vollständig, ggf. in vertraulicher Sitzung zu unterrichten.

Begründung

Nach der Landesverfassung (Artikel 7) und den diversen Urteilen des Staatsgerichtshofes hat die Landesregierung die Kontroll- und Informationsrechte umfassend zu beachten und aus Gründen der Gleichbehandlung keine Fraktion zu bevorzugen. Gerade bei großen Koalitionen kommt den Kontroll- und Informationsmöglichkeiten kleiner Oppositionsfraktionen ein besonderes Gewicht zu.

Aufgrund einer Vielzahl von Fällen verschiedener Ministerien ist in dieser Legislaturperiode eine ungenügende Informationspolitik festzustellen. 

Im Einzelnen:

Zu 1. Obwohl von der GRÜNEN-Fraktion gefordert, weigert sich das zuständige Wirtschaftsministerium zu einer Sondersitzung zur Umweltkatastrophe in Emlichheim zu unterrichten. Nach Landesverfassung besteht für die Landesregierung die Möglichkeit und bei dringenden Angelegenheiten auch die Pflicht den Landtag umgehend vollständig zu informieren. Die knappe schriftliche Mitteilung des Ministeriums an den Ausschuss, wirft eine Vielzahl von Fragen auf, die beantwortet werden müssen.

Zu 2.Sowohl bei der aus einem Auto entwendeten Akte mit vertraulichen Unterlagen des LKA, als auch bei einer vertraulichen Unterlage im Landesamt für Verfassungsschutz wurde erst nach Presseanfragen oder Berichten, der zuständige Landtagsausschuss informiert. Bei der seit März 2019 verschwundenen Maschinenpistole der Polizei wurde erst im August 2019 der Landtag unterrichtet. Gerade in Zeiten wo rechte Kreise und Reichsbürger Sicherheitsorgane unterwandern und sich Waffen beschaffen, ist der Landtag in Zukunft bei jedem Verlust von Waffen niedersächsischer Organe ggf. auch in vertraulicher Sitzung zu informieren.

Zu 3 Laut HAZ vom 30.6.2019 informierte Kulturminister Björn Thümler den Fraktionsvorstand der CDU über vertrauliche Details zum Kauf der Marienburg und Förderzusagen durch das Land. Das widerspricht der Gleichbehandlung der Fraktionen. Der Landtag wurde erst nach Presseberichten informiert.

Zu 4. Verbraucherministerin Barbara Otte-Kinast informierte am 14.11.2018 während einer laufenden Plenarsitzung nicht zunächst den Landtag, sondern die Presse, dass sie seit dem 2.11.2018 davon wusste, dass teilweise 10fach über dem Grenzwert belastete Futtermittelchargen an Niedersächsische Betriebe gelangten und verfüttert wurden. Insgesamt sind 290 Tonnen PCB-kontaminierter Futtermittel nach Niedersachsen geliefert oder vollständig verfüttert worden. Betroffen durch Futtermittellieferungen waren insgesamt neun niedersächsische Betriebe in den Landkreisen Osnabrück (5 Betriebe), Nienburg (2 Betriebe) und Grafschaft-Bentheim (2 Betriebe). Bei den Betrieben handelt es sich um Hähnchenmast-, Legehennen- und Putenmastbetriebe, deren Fleisch und Eier teilweise in den Verkehr gelangten. Am 15.11.2018 unterrichtete die Landwirtschaftsministerin von sich aus immer noch nicht den Landtag, sondern erst auf direkter Aufforderung der Opposition.

Zu 5. Am 20.9. 2018 stellte Umweltminister Olaf Lies in einer Pressekonferenz die Ergebnisse der Untersuchungen zahlreicher Gewässer in Niedersachsen auf resistente Keime vor und gab Entwarnung. Die Herausgabe der Messergebnisse die im Umweltausschuss des Landtags und in mehreren Landtagsanfragen dezidiert gefordert war, verweigerte er monatelang mit der Begründung, die Ergebnisse müssten noch eingeordnet werden. Erst nachdem die Grüne Fraktion mit einer Klage vor dem Staatsgerichthof drohte, wurden die Ergebnisse von Umweltminister Lies, anders als zugesagt, nicht zunächst an die fragende Landtagsopposition geschickt, sondern per Pressemitteilung bekannt gemacht. Die Landtagsanfrage wurde erst später mit Verweis auf die Pressemitteilung beantwortet.

Nach Art. 25 der Landesverfassung besteht eine umfassende Unterrichtungspflicht für die Landesregierung gegenüber dem Landtag und seinen Ausschüssen.

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