Antrag: Konsequenzen aus Fall Schahrudi ziehen – Visapraxis verbessern – Völkerstrafgesetzbuch und Strafprozessordnung anpassen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Der Aufenthalt des früheren Obersten Richters des Iran, Mahmud Haschemi Schahrudi, in einer Hannoveraner Privatklinik und die gelungene Flucht vor einer möglichen Strafverfolgung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, werfen einen dunklen Schatten auf Niedersachsen. Schahrudi war an zahllosen Unrechtsurteilen maßgeblich beteiligt, die zur Ermordung Minderjähriger durch die Iranische Justiz führten. Besonders traurig ist, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden ihre Ermittlungen wegen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) nicht so weit vorantreiben konnten, um Schahrudi an der Ausreise zu hindern und eine mögliche Strafverfolgung nach seinem Klinikaufenthalt einzuleiten.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für folgende Maßnahmen einzusetzen:

  1. Die Visa-Vergabepraxis dahingehend zu optimieren, dass im Zuge der Visavergabe
    für einen Aufenthalt in Deutschland geprüft wird, ob die Personen dringend verdächtig sind, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder andere Formen von Morden begangen zu haben. Hierzu muss die Recherche über den persönlichen Hintergrund gerade bei Personen, bei denen auf Grund ihrer beruflichen Stellung der Verdacht naheliegt, dass sie an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sein könnten, durch die Deutschen Botschaften intensiviert werden.
  2. Das VStGB dahingehend zu verschärfen, dass Morde an Personen der Zivilbevölkerung auch dann geahndet werden können, wenn sie nicht Teil eines „ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“ sondern nur Teil einer allgemeinen Unterdrückung der Zivilbevölkerung sind.
  3. Die Strafprozessordnung (StPO) an die Erfordernisse des VStGB anzupassen Dies umfasst die Einführung einer Ausreisesperre in der StPO gegen ausländische Personen, gegen die ein Vorermittlungs- oder Ermittlungsverfahren läuft, verhängt werden kann. Diese soll als milderes Mittel zum Haftbefehl bereits bei einem einfachen Tatverdacht zu verhängen sein und so zur Verfahrenssicherung beitragen.

Begründung:

Der Fall des früheren Obersten Richters des Iran, Mahmud Haschemi Schahrudi, der trotz Strafanzeigen gegen ihn und trotz der laufenden Prüfung strafrechtlicher Ermittlungen Deutschland unbehelligt verlassen konnte, hat Schwachstellen sowohl bei der Vergabe von VISA als auch bei der Strafverfolgung von Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) deutlich gemacht. Dass ein Mensch, der Verbrechen eines solchen Ausmaßes begangen hat, ein Visum für eine Krankenbehandlung in Deutschland bekommen konnte, darf in einem demokratischen liberalen Rechtsstaat nicht zum Normalfall werden. Die Tatsache, dass sich Schahrudi den weiteren Ermittlungen durch seine unbehelligte Ausreise entziehen konnte, verdeutlicht, dass es offenbar an Instrumenten in der StPO unterhalb eines Haftbefehls mangelt, um solche Ausreisen zu verhindern. Ausreisesperren können hier ein geeignetes, milderes Mittel sein, zumal diese im Bereich der Gefahrenabwehr bereits seit Jahren auch ohne Vorliegen eines Straftatverdachts praktiziert werden. Schließlich bedarf es offenbar einer Klarstellung im VStGB, dass nicht nur Verbrechen im Rahmen eines systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung, sondern auch Menschenrechtsverletzungen im Rahmen allgemeiner Repression und Unterdrückung in Deutschland geahndet werden können.

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