Antrag: Konsequenzen aus den Krankenhausmorden ziehen – Sonderausschuss zur Stärkung der Patientensicherheit einsetzen

 

Fraktion der CDU
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion der FDP

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der mutmaßliche Serienmörder Niels H. hat am 08.01.2015 die Tötung von 30 Patientinnen und Patienten und 60 weitere Tötungsversuche während seiner Tätigkeit im Delmenhorster Krankenhaus zugegeben. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Zahl der Tötungen noch deutlich erhöht, da es bisher noch eine große Zahl weiterer Verdachtsfälle gibt und er in weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig war.

Der Landtag ist über diese Ereignisse sehr betroffen und spricht sein Mitgefühl den Hinterbliebenen der Opfer der vollendeten und versuchten Krankenhausmorde und den Bürgerinnen und Bürgern aus, die derzeit noch mit der Ungewissheit leben, ob ihre Angehörigen Opfer des wegen Mordverdacht angeklagten ehemaligen Krankenpflegers sind. Er tritt für eine zügige, umfassende und gründliche Untersuchung der Verdachtsfälle ein.

Da es in der Vergangenheit bundesweit immer wieder vergleichbare Fälle gegeben hat, reichen die bestehenden betrieblichen und vor allem staatlichen Kontrollmöglichkeiten offenkundig nicht aus, um kriminelles Handeln frühzeitig zu erkennen. Gemeinsames Ziel muss es sein, zukünftig sicherzustellen, dass derartige Vorkommnisse nicht mehr möglich sind.

Darüber hinaus steht jedoch auch der Landtag in der Verpflichtung, Aufklärungsarbeit zu unterstützen und nach Wegen zu mehr Patientenschutz und Patientensicherheit zu suchen.

  1. Der Landtag setzt gemäß §10 II seiner GO einen Sonderausschuss zur Aufarbeitung der Krankenhausmorde und zur Verbesserung der Patientensicherheit ein. Der Ausschuss hat 15 Mitglieder. Er soll seine Arbeit möglichst bis zum 31.03.2016 abschließen und einen Abschlussbericht erarbeiten, der im Landtag beraten werden soll. Dem Ausschuss werden sämtliche Ausschussniederschriften aus dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie aus dem Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration einschließlich der für vertraulich erklärten Niederschriften zur Verfügung gestellt. Der Ausschuss kann zur Unterstützung seiner Arbeit öffentliche, nicht öffentliche und vertrauliche Anhörungen mit Sachverständigen durchführen.
  2. Der Sonderausschuss soll untersuchen, wie es zu der Mordserie kommen konnte und dazu die vorhandenen Kontrollmechanismen im Gesundheitswesen grundlegend kritisch durchleuchten, um parlamentarische Initiativen mit dem Ziel anzuregen, die Patientensicherheit zu gewährleisten und so das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die medizinische Versorgung zu erhöhen. Dabei sollten unter anderem die folgenden Fragen Berücksichtigung finden, die durch weitere in der Ausschussbefassung ergänzt werden können:
    1. Gab es Fehler in den betroffenen Kliniken, die die Mordserie begünstigt haben oder ihre frühzeitige Entdeckung erschwert oder verhindert haben?
    2. Gab es Fehler in der der Staatsanwaltschaft Oldenburg, die zu der langen Dauer des Ermittlungsverfahrens führten?
    3. Welchen Bedarf gibt es, die Kommunikation und den Austausch zwischen den verschiedenen Institutionen (Kliniken, Seniorenpflegeheime, Rettungsdienste, Justiz) unter Wahrung des Datenschutzes zu verbessern und zu systematisieren?
    4.  Welchen gesetzgeberischen Änderungsbedarf gibt es auf Landes- und Bundesebene, z.B. im Bereich des Krankenhausgesetzes, der Krankenhausaufsicht, des Heilkammergesetzes, der Arzneimittelkontrolle und Arzneimittelaufsicht, des Bestattungsgesetzes, der Strafprozessordnung und anderer Gesetze?
  1. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, dem Sonderausschuss, schnellstmöglich einen Bericht zu den unter Ziff. 2 genannten Fragestellungen vorzulegen und ihn umfassend über die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß §137 I SGB V iVm §135a SGB V über Maßnahmen der Qualitätssicherung für nach §108 SGB V zugelassene Krankenhäuser zu informieren.

Begründung

Während das Land Niedersachsen bisher so gut wie keine Zuständigkeiten im Bereich der Krankenhausaufsicht hat, sind die Kliniken selbst dazu verpflichtet, Gefährdungen ihrer Patientinnen und Patienten sowie Qualitätsmängel auszuschließen. Dass diese Regel nicht immer ausreichend ist, bestätigt der Prozess um den mutmaßlichen Mörder Niels H.

Oberstes Ziel muss es sein, dass möglichst solche Taten in der Zukunft verhindert werden. Hierzu soll ein Sonderfachausschuss möglichst aus Mitgliedern des Sozial- und Rechtsausschusses gebildet werden, der Vorschläge zur Verbesserung der Patientensicherheit erarbeitet.

Eine Analyse der aktuellen Meldewege und Kontrollmöglichkeiten an Kliniken wird parallel dazu seitens Gesundheitsministeriums erarbeitet und in die Arbeit des Fachausschusses einfließen.

Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger auf die eigene Sicherheit und eine auf Genesung hin orientierte Behandlung im Krankenhaus leidet unter den Vorfällen durch den Pfleger Niels H. Ebenso stehen engagierte und rechtsschaffende Ärztinnen und Ärzte, sowie Pflegekräfte ungerechtfertigt kollektiv unter Verdacht.

Durch eine Überprüfung der Kontrollwege, sowohl im Krankenhaus wie auch in der Justiz sollen möglicherweise bestehende Lücken aufgedeckt und geschlossen werden.

 

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