Antrag: Konsequenzen aus Affären um Sponsoring von Geld und Dienstleistungen ziehen

Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. Ergänzend zum jährlichen Sponsoringbericht sämtliche Vereinbarungen über Sponsoring von Veranstaltungen oder sonstigen Maßnahmen oder Aktionen der Landesregierung und der ihr unterstehenden Einrichtungen und Institutionen unverzüglich nach deren Abschluss auf der Homepage der Staatskanzlei zu veröffentlichen. Dabei sind Art und Weise und Wert der jeweiligen Leistungen anzugeben. Die Wertuntergrenze und die Möglichkeit der Geheimhaltung entfällt.
  2. Sämtliche Kooperationen der Landesregierung und der ihr unterstehenden Einrichtungen und Institutionen mit Privaten zum Zwecke des Sponsorings Dritter in der gleichen Art und Weise wie das Sponsoring durch Dritte zu veröffentlichen.
  3. Die Annahme von Sponsoringleistungen durch die Landesregierung oder der ihr unterstehenden Einrichtungen und Institutionen oder eine Vereinbarung mit Privaten zum gemeinsamen Sponsoring Dritter müssen zukünftig vom Haushaltsausschuss des Landtages vorab genehmigt werden. Der Haushaltausschuss beschließt in der Regel monatlich über Sponsoringvereinbarungen. In Eilfällen ist eine schnellere Entscheidung möglich.
  4. Aktives Einwerben von Spenden oder Sponsoringleisten zu Gunsten Dritter durch Mitglieder der Landesregierung und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeweils unverzüglich auf der Homepage der Staatskanzlei öffentlich zu machen.
  5. ich im Bundesrat für eine Reform des Parteiengesetzes einzusetzen, die folgende Änderungen beinhaltet
    1. Vereinbarungen über Sponsoring von Parteien (und deren Unterorganisationen einschließlich Mitgliedermagazinen) sind in derselben Art und Weise wie Parteispenden im Rechenschaftsbericht zu veröffentlichen. Dabei sind Leistung und Gegenleistung anzugeben.
    2. Sponsoring von Parteien wird steuerrechtlich als Parteispende, nicht mehr als Betriebsausgabe behandelt.
    3. Für Sponsoring von Parteien gelten die gleichen Beschränkungen wie für Parteispenden (§25 PartG), also zum Beispiel das Verbot des Sponsorings durch öffentlich-rechtliche Körperschaften, Kommunen oder auch Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mehr als 25 Prozent der Anteile hält.
    4. Der Bundesrechnungshof bekommt die Erlaubnis, die Rechenschaftsberichte der Parteien in Zweifelsfällen auf Richtigkeit zu überprüfen. Er kann dem Bundestagspräsidenten Empfehlungen für Sanktionen geben

Begründung:

Die aktuelle Debatte um das Verhalten des früheren Ministerpräsidenten Christian Wulff hat den Fokus der Diskussion auch auf Sponsoringleistungen an die Landesregierung und an Parteien gelenkt. So verneinte die Landesregierung im Fall der von der Firma Zentis gesponserten Reise des damaligen Ministerpräsidenten Wulff zum Münchener Filmball  einen Verstoß gegen das Ministergesetz mit der Begründung, die Firma Zentis habe die Reise inklusive Übernachtung der Landesregierung ganz offiziell gesponsert. Ob die Inanspruchnahme dieser Leistung damit zulässig war, ist umstritten. Zudem zeigt dieser Vorgang das Problem auf, dass Sponsoringvereinbarungen mit der Landesregierung in Niedersachsen nur mit großer zeitlicher Verzögerung öffentlich werden. Übersteigen sie den Wert von 1000 Euro nicht, so bleiben sie vollkommen geheim. Im Zeitalter des Internets ist es faktisch kein Problem, Sponsoringvereinbarungen auf der Homepage der Staatskanzlei unmittelbar nach deren Abschluss zu veröffentlichen.  So kann sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild von Art und Umfang des Sponsorings machen.

Politische Parteien bedienen sich in den letzten Jahren verstärkt dem Mittel des Sponsorings, um Einnahmen zu erzielen. Im Gegensatz zur klassischen Parteispende sind Sponsoringvereinbarungen nicht veröffentlichungspflichtig. Allerdings kann es sich faktisch ebenfalls um Parteispenden handeln, wenn z.B. die gesponserte Summe in keinem Verhältnis zur gewährten Gegenleistung steht. So überstiegen z.B. die Summen, die einige Unternehmen für Anzeigen im CDU-Mitgliedermagazin sponserten, nach Auffassung von Beobachterinnen und Beobachtern den Wert der Anzeigen deutlich und verschafften der CDU somit einen deutlichen finanziellen Vorteil. Die Öffentlichkeit erfährt von solchen Finanzierungskonstruktionen aber nur zufällig. Eine Veröffentlichung im Rechenschaftsberichtsbericht der Parteien würde das ändern. Außerdem schalteten Unternehmen und kommunale Körperschaften Anzeigen im CDU-Mitgliedermagazin, denen direkte Spenden an Parteien verboten sind. Über Begrenzungen des Sponsorings von Parteien könnte das geändert werden.

Die Genehmigung von Sponsoringvereinbarungen durch gewählte Gremien ist in vielen Kommunen längst üblich. Der Landtag und die Landesregierung sollten hier ebenfalls für mehr Transparenz und mehr demokratische Mitbestimmung sorgen, um das Haushaltsrecht des Parlaments zu wahren.

Der Bundestagspräsident selbst hat daraufhingewiesen, dass er es für "eine unglückliche Regelung" halte, dass allein die Bundestagsverwaltung für die Prüfung der Rechenschaftsberichte der Parteien zuständig ist, zumal der Bundestagspräsident selbst regelmäßig Mitglied einer Partei ist (Handelsblatt 08.04.2010). Der Bundesrechnungshof als kompetente und unabhängige Institution soll daher die Arbeit der Bundestagsverwaltung ergänzen und unterstützen. Die endgültige Entscheidung über Sanktionen nach dem Parteiengesetz verbleibt beim Bundestagspräsidenten.

Stefan Wenzel

Fraktionsvorsitzender

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