Antrag: Kommunen bei Asylbewerberleistungen nicht bevormunden – Wertgutscheinpraxis abschaffen

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Landesregierung wird aufgefordert, jegliche Vorgaben gegenüber den Kommunen, die darauf gerichtet sind, Wertgutscheine gegenüber Barauszahlungen und unbaren Abrechnungen bei der Leistungserbringung nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu bevorzugen, aufzuheben. Die Kommunen sollen, wenn es nach den Umständen erforderlich ist, keine Sachleistungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 AsylbLG zu erbringen, vollständig nach eigenem Ermessen über die Form der Leistungserbringung in Bar, unbaren Abrechnungen oder Wertgutscheinen entscheiden.

Begründung

In den niedersächsischen Kommunen wächst der Widerstand gegen die gängige Praxis der Leistungserbringung nach § 3 Absatz 2 Satz 1 AsylbLG. Die Räte der Landeshauptstadt Hannover, der Stadt Oldenburg und der Stadt und des Landkreises Göttingen haben sich gegen die Praxis, vorrangig Wertgutscheine statt Bargeld an die Asylbewerber auszugeben, ausgesprochen. Diesen Bestrebungen soll nun auch auf Landesebene entsprochen werden. Den Kommunen muss es überlassen bleiben, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob sie Bargeld auszahlen oder Chipkarten oder Wertgutscheine ausgeben. Wenn die Landesregierung das Modellkommunengesetz ernst nimmt, muss sie auf diesbezügliche Vorgaben verzichten. Damit wird auch ein Beitrag zur Pflege der Vertrauenskultur zwischen Land und Kommunen geleistet.

Wertgutscheine wirken diskriminierend, stigmatisierend und ausgrenzend. Wer damit bezahlt, fällt als Asylbewerber auf und ist als solcher abgestempelt. Zudem entstehen den Nutzern häufig - wie in Celle geschehen - Nachteile durch nicht ausgezahltes Wechselgeld oder ein eingeschränktes Warenangebot. Scheinargumente für die Wertgutscheine wie die Verhinderung des Alkoholkonsums oder der erschwerten Erpressbarkeit durch Schleuser wurden in den Bundesländern mit abweichender Leistungspraxis nicht bestätigt. Diese Bundesländer sind zahlreich. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Bremen wurde von der Gutscheinpraxis Abstand genommen. Teilweise macht die Landesregierung den Kommunen in diesen Ländern gar keine Vorschriften in Form von Erlassen oder Empfehlungen. Schon diese Tatsache verdeutlicht, dass § 3 AsylbLG die derzeitige niedersächsische Praxis nicht stützt. Es gibt also keinen Grund mehr, die unbestritten gegenüber der Bargeldauszahlung kostenintensiveren Wertgutscheine zu bevorzugen. Die für Bürokratieaufwand und Material der Gutscheine aufgewendeten Beträge können wesentlich sinnvoller für Integrationsmaßnahmen verwendet werden. Damit wird ein Signal der Ausgrenzung vermieden und ein Beitrag zur Wertschätzung der betroffenen Menschen erbracht – eine wichtige Maßnahme für die Außenwirkung unseres Landes.

Stefan Wenzel

Fraktionsvorsitzender

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