Antrag: Kinderschutz an erster Stelle! Von der Kinderschutzstrategie zum niedersächsischen Landeskinderschutzgesetz
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Schutz von Kindern vor Gewalt, Misshandlung und Vernachlässigung hat höchste Priorität.
Es ist von entscheidender Bedeutung, sicherzustellen, dass Kinder in einer sicheren und unterstützenden Umgebung aufwachsen können. Der Kampf gegen alle Formen der Gewalt an Kindern ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die uns alle angeht. Die schlimmen Gewalttaten der vergangenen Monate und Jahre, bei denen Kinder Opfer schwerer körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt wurden, haben sowohl die Gesellschaft als auch die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger tief erschüttert und die Notwendigkeit eines wirkungsvollen Kinderschutzes unterstrichen.
Das steigende Bewusstsein für sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige sowie Kindesmisshandlung und -vernachlässigung hat ferner dazu geführt, dass der Kinderschutz in den Mittelpunkt politischer und öffentlicher Debatten gerückt ist. Sowohl die Niedersächsische Landesregierung als auch der Landtag haben angesichts der wachsenden Herausforderungen bereits zahlreiche Maßnahmen und Initiativen beschlossen und umgesetzt. Durch diese Bemühungen konnte der Kinderschutz in Niedersachsen in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert werden.
Bereits vorhandene Strukturen im Land, darunter 22 Beratungsstellen im Bereich Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, 15 Beratungsstellen im Bereich Gewalt gegen Mädchen, eine landesweit tätige forensische Kinderschutzambulanz und zwei weitere regional tätige Kinderschutzambulanzen sowie 6 Kinderschutz-Zentren, bilden ein breites Netz an Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Hinzu kommen seit 2022 landesweit Maßnahmen und Projekte zur Prävention des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen, die durch den Landespräventionsrat gefördert und wissenschaftlich evaluiert werden. In den vergangenen Jahren haben sich zudem verschiedene Gremien in Niedersachsen intensiv mit dem Thema Kinderschutz auseinandergesetzt und konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet. Hierzu zählen der Abschlussbericht der Kommission zur Prävention sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, die Analyse der Lügde-Kommission sowie der Abschlussbericht der Enquetekommission zur Verbesserung des Kinderschutzes aus der 18. Wahlperiode.
Die Niedersächsische Landesregierung hat ihrerseits im April 2023 die Einrichtung eines Interministeriellen Arbeitskreises "Kinderschutz" beschlossen, um die Zusammenarbeit der verschiedenen Ressorts zu intensivieren. Damit betont sie die Bedeutung des Vernetzungs- und Schnittstellengedankens bei der essenziellen Aufgabe des Schutzes von Kindern. Der Landtag begrüßt diese Entwicklungen.
Gleichwohl ist Kinderschutz als eine fortwährende Aufgabe zu verstehen, die ständige Aufmerksamkeit und Engagement erfordert. Es muss zudem sichergestellt sein, dass Kinder aufgrund ihrer Migrationsgeschichte, ihres Geschlechts, ihrer Religion, eventueller Behinderungen oder sozialer Hintergründe weder benachteiligt noch besonders gefährdet sind. Das Ziel besteht darin, inklusive Schutzkonzepte zu entwickeln, die vor allen Formen der Diskriminierung schützen.
Der Landtag, die Landesregierung und alle am Kinderschutz beteiligten Akteurinnen und Akteure sind daher auch weiterhin gefordert, die Handlungsempfehlungen der verschiedenen Gremien in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen und umzusetzen. Denn nur durch eine kontinuierliche Evaluation und Weiterentwicklung kann ein wirkungsvoller und effektiver Kinderschutz in Niedersachsen gewährleistet werden.
Vor diesem Hintergrund bittet der Landtag die Landesregierung:
- Einen Entwurf für ein Landeskinderschutzgesetz vorzulegen, um den Kinderschutz in Niedersachsen umfassend weiterzuentwickeln und zu verbessern.
- Die Landesförderung der niedersächsischen Kinderschutzzentren und Beratungsstellen im Landeskinderschutzgesetz zu regeln, um deren langfristige Finanzierung sicherzustellen.
- Die Landesförderung der forensischen Kinderschutzambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Landeskinderschutzgesetz zu regeln, um diese ebenfalls langfristig abzusichern und weiterzuentwickeln. In diesem Zuge soll auch die Weiterentwicklung der kooperierenden Kinderschutzambulanzen in Göttingen und Rotenburg geprüft werden.
- Eine Landeskoordinierungsstelle Kinderschutz als Fachberatungsstelle in der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen einzurichten. Die Koordinierungsstelle soll insbesondere Schulen, Kindertagesstätten, freie Träger der Jugendhilfe sowie Jugendverbände bei der Implementierung und der Weiterentwicklung von Schutzkonzepten unterstützen.
- Gemeinsam mit dem Landtag darauf hinzuwirken, dass die Beteiligungsrechte von Kindern in der niedersächsischen Verfassung verankert werden, um deren Rechtsposition zu stärken und Teilhabe zu fördern.
- Sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Kinderrechte im Sinne der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention im Grundgesetz verankert werden.
- Die bestehenden Beratungs- und Unterstützungsstrukturen im Bereich des Kinderschutzes zu evaluieren und auf dieser Basis ggf. neu zu organisieren. Dabei soll auch darauf geachtet werden, dass die Angebote diskriminierungsfrei zugänglich sind und spezifisch auf die Bedürfnisse von Kindern aus besonders gefährdeten Gruppen eingehen. Außerdem sollen insbesondere eine umfassende Analyse der vorhandenen Ressourcen und Defizite bei der Befassung mit Fällen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen sowie die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgungsstruktur mit gut erreichbaren und gut ausgestatteten Hilfs- und Beratungsangeboten im Vordergrund stehen.
- Die Einrichtung eines Landesbeirats Kinderschutz vorzunehmen, in dem insbesondere unter Beteiligung der Landesregierung, der Kommunalen Spitzenverbände und der Wissenschaft sowie mit Akteurinnen und Akteuren aus der Praxis und Betroffenen abgestimmte Präventionsstrategien entwickelt werden sollen.
- In Zusammenarbeit mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren im Kinderschutz eine Koordinierungsstrategie zur Einführung eines landesweiten Präventionsangebots für Kinder und Jugendliche zu entwickeln. Dabei sind auch spezielle Präventionsprogramme für Kinder und Jugendliche mit erhöhten Risiken wie Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen oder in Gemeinschaftsunterkünften aufzulegen. Der Landesbeirat Kinderschutz soll dabei eine initiierende und steuernde Funktion übernehmen.
- Als landesweites Präventionsangebot auch die Förderung von kommunalen Koordinierungsstrukturen zur kinder- und jugendbezogenen Gewaltprävention durch den Landespräventionsrat Niedersachsen weiterzuführen und auszubauen.
- Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure im Kinderschutz zu stärken. Ziele dabei sollen insbesondere sein, sichere Meldeketten zu gewährleisten und Klarheit über die Zuständigkeiten und Handlungsmöglichkeiten aller am Kinderschutz Beteiligten zu schaffen.
- Geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die bestehenden Strukturen und Möglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte beim Umgang mit (Verdachts-) Fällen von Kindeswohlgefährdung bekannter zu machen, besser zu vermitteln und dabei insbesondere die Vernetzung mit der forensischen Kinderschutzambulanz zu stärken. Dies kann beispielsweise durch die Bereitstellung von unterstützenden Materialien, Informationshilfen oder durch eine stärkere Integration des Themas in die Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten geschehen.
- Bestehende Präventions-, Beratungs- und Therapieangebote für potentielle und tatsächliche Täterinnen und Täter zu listen, zu evaluieren und zu überprüfen, inwieweit diese ausgebaut oder angepasst werden müssen.
- Gemeinsam mit den Kommunen die Fach- und Führungskräfteentwicklung in den Jugendämtern weiter voranzutreiben und regelmäßige Supervision und Coachings zu ermöglichen.
- Interdisziplinäre Sensibilisierungs-, Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote für Kinder- und Jugendhilfe, KiTas, Schulen, Gesundheitswesen, Polizei sowie Familiengerichte zu entwickeln und auszubauen, um die Vernetzung und Zusammenarbeit an den Schnittstellen zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren im Kinderschutz zu verbessern.
- Kinderschutz und Kindeswohl als festen Bestandteil in die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, pädagogischen Fach- und Assistenzkräften in der Kita, Lehrkräften, Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Pflegfachkräften sowie Kinderärztinnen und -ärzten zu integrieren und in diesem Zuge auch Konzepte und Mindeststandards für den Quereinstieg im Bereich Kinder- und Jugendschutz sowie in Bildungsorganisationen zu entwickeln.
- Zu prüfen, inwiefern für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ausreichend Studien- und Ausbildungskapazitäten zur Deckung des Fachkräftebedarfs bestehen, um insbesondere auch in ländlichen Gebieten die freien Stellen in der öffentlichen sowie auch der freien Jugendhilfe besetzen zu können. Zu diesem Zwecke ist eine Fachkräfteinitiative in Kooperation mit den kommunalen und freien Trägern der Jugendhilfe zu initiieren.
- Im Zuge der Weiterentwicklung des Niedersächsischen Jugendfördergesetzes (JFG) zu prüfen, wie die Förderung mit der Beachtung von Kinderschutzaspekten verknüpft werden kann.
- Die Förderung von Schutzkonzepten gegen sexualisierte Gewalt in Sportvereinen in Kooperation mit dem Landessportbund (LSB) weiterzuführen und auszubauen sowie zu prüfen, wie die Stelle für Schutz vor sexualisierter Gewalt bei der Sportjugend im LSB mit einer Erweiterung der Kompetenzen im Bereich physische und psychische Gewalt gestärkt werden kann.
- Zu prüfen, inwieweit in weiteren Institutionen und Vereine, die Angebote für Kinder und Jugendliche bereitstellen, ähnliche Schutzkonzepte und Maßnahmen entwickelt werden müssen.
- Vereine, Verbände, Kirchen und weitere Religionsgemeinschaften bei ihrer Arbeit im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit fachlich (bspw. durch Leitfäden) und bei der Qualifizierung ihrer Ehrenamtlichen im Sinne des Kinderschutzes zu unterstützen.
- Bestehende Sicherheits- und Präventionskonzepte an Schulen um ein Schutzkonzept Gewalt / sexuelle Gewalt zu erweitern und die dafür notwendigen Hilfestellungen unter Einbeziehung der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) anzubieten. Gleiches gilt für alle Einrichtungen, die mit Schulen zusammenarbeiten.
- Auch digitale Räume bei der Weiterentwicklung von Kinderschutzkonzepten zu berücksichtigen und Qualifizierungsangebote für Kinderschutz im digitalen Raum für Fachkräfte und Ehrenamtliche zu schaffen bzw. auszubauen.
- Die schulischen Curricula in Bezug auf Kinderrechte, Gewaltprävention und sexuelle Bildung zu überprüfen und ggf. mit dem Ziel zu überarbeiten, Aufklärung und Präventionsangebote in allen Altersstufen verbindlich zu integrieren.
- Die interdisziplinären Arbeitskreise zum Kinderschutz im Familienrecht fortzuführen und weiter zu stärken.
- Die bestehenden Möglichkeiten der audiovisuellen Vernehmung von Kindern als Zeuginnen und Zeugen im Ermittlungs- und Strafverfahren zu intensivieren.
- Die Datenlage und Forschung zum Kinderschutz zu verbessern, um die Wirksamkeit von
Präventionsmaßnahmen zu evaluieren, den Wissensaustausch zu fördern und die Qualitätsentwicklung zu unterstützen. - In Kooperation auch mit anderen Akteurinnen und Akteuren öffentlichkeitswirksame Maßnahmen und Kampagnen durchzuführen, um die Gesellschaft verstärkt für das Thema Kinderschutz zu sensibilisieren. Mit Blick auf die Lebenswelt junger Menschen dabei auch bestehende Online-Präsenzen (Internet, soziale Medien) zu Hilfsangeboten auszubauen und zu optimieren.
- Institutionen und Wirtschaftsunternehmen, die sich aus ihrer sozialen Verantwortung heraus für den Kinderschutz engagieren wollen, zu ermöglichen, beispielsweise über Spenden an eine zu errichtenden Stiftung Kinderschutzallianz den Bedarfsträgern Unterstützungsleistungen zugutekommen zu lassen.
Begründung
Sexualisierte und/oder körperliche Gewalt in der Kindheit kann den Betroffenen erheblichen Schaden mit Langzeitwirkung zufügen und sie für ihr gesamtes Leben traumatisieren. Menschen, die aufgrund ihrer traumatischen Erlebnisse, mit Traumafolgestörungen bis ins hohe Erwachsenenalter konfrontiert sind. Deshalb besteht ein überragendes gesamtgesellschaftliches Interesse, gegen Kinder verübte sexualisierte Missbrauchs- und damit Gewalttaten nachdrücklich zu ahnden und möglichst schon im Vorfeld durch ein dichtes Netz von präventiv wirksamen Schutzmechanismen in den verschiedenen sozialen Lebenskontexten einer Tatbegehung vorzubeugen. Die intensiven Bemühungen der vergangenen Jahre haben im Bereich der Justiz und der Strafverfolgung zu Verbesserungen geführt. Der Kinderschutz in Niedersachsen steht vor wachsenden Herausforderungen. In den vergangenen Monaten und Jahren haben sich vor diesem Hintergrund verschiedene Gremien damit auseinandergesetzt, wie der Schutz von Kindern in Niedersachsen wirkungsvoll verbessert werden kann und entsprechende Handlungsempfehlungen formuliert. Wie der Bericht der Enquetekommission „Kinderschutz“ aus der 18. Wahlperiode zeigt, besteht aber weiterer Entwicklungsbedarf. Im April 2023 hat die Niedersächsische Landesregierung zudem die Einrichtung eines Interministeriellen Arbeitskreises "Kinderschutz" beschlossen.
Der vorliegende Entschließungsantrag greift insbesondere die Handlungsempfehlungen der verschiedenen Gremien auf, konkretisiert und ergänzt sie. Kinderschutz ist nicht lediglich als eine reaktive Maßnahme gegen Gewalt und Vernachlässigung zu verstehen, sondern als eine proaktive und ganzheitliche Strategie, die aus der Perspektive der Kinder selbst entwickelt wird. Sie umfasst alle Formen der Gewalt gegen Kinder und setzt sich für deren Recht auf Sicherheit, Entwicklung und Teilhabe ein.
Ziel ist die Entwicklung einer Kinderschutzstrategie aus gesetzlichen und nicht-gesetzlichen Maßnahmen, die ressortübergreifend und schnittstellenorientiert den Schutz von Kindern vor allen Formen der Gewalt und der Vernachlässigung weiterentwickeln soll.
Bei Gewalterfahrungen sollen betroffene Kinder und Jugendliche kurzfristig eine leicht zugängliche, gut erreichbare und kompetente Beratung wahrnehmen können. Übergriffe sollen verhindert werden, Opfer sollen schnell und einfach Hilfe bekommen, aber auch potentiellen Tätern sollen Hilfsangebote unterbreitet werden.
Die etablierten Strukturen, die bereits in Niedersachsen existieren wie die Kinderschutzzentren, die forensische Kinderschutzambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover und die Beratungsstellen, sollen durch eine gesetzliche Regelung von der Projektfinanzierung in eine langfristig gesicherte Finanzierung überführt werden, um das Angebot abzusichern, und damit Planungssicherheit für die Angebote zu schaffen.
Die aktive Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist dabei nicht nur ein wesentlicher Aspekt des Kinderschutzes, sondern auch ein Ausdruck der Anerkennung ihrer Stimmen und Bedürfnisse. Die Beteiligungsrechte von Kindern sollen gestärkt werden. Die Verankerung von Kinderbeteiligungsrechten in der Niedersächsischen Verfassung, sowie die Aufnahme der Kinder- und Jugendkommission in ein Kinderschutzgesetz, stärken die Rechtsposition von Kindern und ihre Partizipation wird gefördert.
Die Koordination auf Landesebene soll weiterentwickelt werden, um Lücken und Doppelstrukturen erkennen und bearbeiten zu können. Außerdem soll Transparenz über vorhandene Angebote und Ressourcen für alle Bereiche von Beratung, Unterstützung und Beschwerden für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene geschaffen werden. Um diese Ziele zu erreichen soll eine zentrale Koordinierungsstelle geschaffen werden, die für den Informationsaustausch und die Überwachung der Schnittstellen zuständig ist. Eine weitere Aufgabe der Koordinierungsstelle soll die Optimierung der Kooperation und Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren im Kinderschutz sein, wie Jugendämtern, KiTas und Schulen, Gesundheitswesen, Polizei, Justiz und Zivilgesellschaft, um eine fachübergreifende Kommunikation, Abstimmung und Fallbearbeitung zu fördern.
Die Ausweitung von Kinderschutzkonzepten in der Kinder- und Jugendhilfe ist ein entscheidender Schritt, um die grundlegenden Rechte von Kindern und Jugendlichen zu wahren und zu schützen. Diese Konzepte dienen nicht nur als Richtlinie für den Schutz der uns anvertrauten jungen Menschen, sondern sind auch ein Indikator für die Qualität und Verantwortlichkeit der Einrichtungen. Ein wirksames Kinderschutzkonzept stellt sicher, dass das Recht jedes Kindes auf Achtung seiner persönlichen Grenzen und Schutz vor jeglicher Form von Gewalt anerkannt und umgesetzt wird. Aus diesem Grund sollen bestehende Sicherheits- und Präventionskonzepte an Schulen zu Schutzkonzepten Gewalt/sexuelle Gewalt weiterentwickelt werden.
Darüber hinaus ist es notwendig, dass die bestehenden Strukturen und Möglichkeiten im Umgang mit (Verdachts-) Fällen von Kindeswohlgefährdung für Ärztinnen und Ärzte besser vermittelt werden. Trotz umfassender gesetzlicher Regelungen auf Bundesebene, die einen straflosen Bruch der Schweigepflicht im Einzelfall ermöglichen, gibt es häufig noch Unsicherheiten beim Umgang mit (Verdachts-) Fällen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Ärztinnen und Ärzte besser informiert werden. Bereits vorhandene niedrigschwellige medizinische Beratungsmöglichkeiten, wie die bundesweite Medizinische Kinderschutzhotline und die forensische Kinderschutzambulanz der MHH in Niedersachsen, bieten dabei wertvolle Unterstützung. Durch gezielte unterstützende Materialien, Informationshilfen sowie eine stärkere Integration des Themas in die medizinische Aus- und Weiterbildung kann die Handlungsfähigkeit der Ärztinnen und Ärzte im Kinderschutz entscheidend verbessert werden. Ziel soll es sein, sie bei Unsicherheiten stärker zu unterstützen und ihnen die notwendige Sicherheit und Klarheit im Handeln zu geben.
Zuletzt sollen bei der Weiterentwicklung des Kinderschutzes in Niedersachsen auch die spendenbereiten Institutionen und Wirtschaftsunternehmen berücksichtigt werden, die sich aus ihrer sozialen Verantwortung heraus mit Kapital für den Kinderschutz einbringen wollen. Diese Mittel könnten von Bedarfsträgern eingesetzt werden, um innovative Maßnahmen und evaluierte Projekte zu realisieren. Eine zu errichtende Stiftung „Kinderschutzallianz“ des öffentlichen Rechtes könnte beispielsweise bei spendenbereiten Unternehmen Finanzmittel für Maßnahmen und Kampagnen im Kinderschutz einwerben.