Antrag: Keine weitere Beteiligung Niedersachsens an FRONTEX-Einsätzen!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Bei FRONTEX-Einsätzen ist es zu Menschenrechtsverletzungen gekommen. Den Vorgang hat die Landesregierung in Drucksache 18/9179 beschrieben. Niedersächsischen Polizeibeamten ist es dabei nicht gelungen, die Täter (albanische Beamte) während des gemeinsamen Einsatzes von ihrer Tat abzuhalten. Dieser Vorgang zeigt, wie dringend ein Zeichen gesetzt werden muss, dass solche Einsätze nicht mehr unterstützt werden, damit auch andere Bundesländer und Staaten davon Abstand nehmen und somit Druck auf FRONTEX aufgebaut wird, den Schutz der Menschenrechte zuoberst zu stellen.

Eine Verbesserung erscheint unter der aktuellen FRONTEX-Führung unmöglich. Niedersachsen macht sich somit durch seine Beteiligung an FRONTEX-Einsätzen mitschuldig. Hier muss dringend auf allen Ebenen gegengesteuert werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

sich auf europäischer Ebene für

  1. das Ende illegaler Zurückweisungen, insbesondere an der griechischen und kroatischen Grenze, sowie die Einhaltung des individuellen Rechts auf Asyl an den europäischen Außengrenzen einzusetzen;
  2. eine unabhängige Untersuchung zur vollumfänglichen Aufklärung der gegen Frontex vorgebrachten Vorwürfe der Beteiligung an illegalen Zurückweisungen auf allen politischen Ebenen zu fordern und zu unterstützen;
  3. eine stärkere parlamentarische Kontrolle von FRONTEX in Form eines eigenen parlamentarischen Kontrollgremiums sowie für einen unabhängigen Kontrollmechanismus zum Grundrechtsschutz in FRONTEX-Missionen einzusetzen.

Solange die Punkte 1 bis 3 nicht erfüllt sind, wird Niedersachsens Beteiligung an FRONTEX-Einsätzen beendet, und es werden keine Landesbediensteten mehr in solche Einsätze entsendet.

Begründung

Der SPIEGEL hat gemeinsam mit Rechercheteams von Forensic Architecture, Lighthouse Reports und Bellingcat die Geschehnisse am griechisch-türkischen Grenzverlauf am 4. März 2020 rekonstruiert (SPIEGEL Nr. 20 vom 9. Mai 2020). Nach Auswertung aller verfügbaren Quellen kommt das Rechercheteam zu dem Ergebnis, alles deute darauf hin, dass ein 42-jähriger pakistanischer Mann an diesem Tag von griechischen Soldatinnen bzw. Soldaten erschossen worden ist. Die griechischen Behörden hätten sich danach bisher in keiner Weise an der Aufklärung des Todesfalles beteiligt.

Die „Tagesschau“ berichtete online am 23. Oktober 2020: „Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex ist in der Ägäis in illegale Zurückweisungen von Migranten durch die griechische Küstenwache verwickelt. Das hat eine gemeinsame Recherche des ARD-Politikmagazins Report Mainz, dem ‚Spiegel‘ und den Medienorganisationen ‚Lighthouse Reports‘, ‚Bellingcat‘ und dem japanischen Fernsehsender ‚TV Asahi‘ ergeben. Demnach waren Frontex-Beamte seit April nachweislich bei mindestens sechs sogenannten Pushbacks in der Nähe. Auf einem Video ist zu sehen, wie ein Frontex-Schiff ein überladenes Flüchtlingsboot zunächst blockiert, die Insassen aber nicht rettet. Stattdessen fahren die Frontex-Beamten in einer weiteren aufgenommenen Szene mit hohem Tempo an dem Flüchtlingsboot vorbei und verlassen daraufhin den Ort des Geschehens.“

Dass Bundesbeamte Augenzeugen einer illegalen Zurückweisung wurden, musste auch die Bundesregierung bereits einräumen. Aufklärung hat auch das EU-Parlament gefordert.

Angesichts der Vielzahl der vorliegenden Berichte ist davon auszugehen, dass Geflüchtete in etlichen Fällen ohne Überprüfung der Gründe für den Grenzübertritt zurückgeschoben wurden. Die Ermöglichung fairer Asylverfahren ist für die von FRONTEX festgenommenen Geflüchteten nicht gewährleistet. Dies wäre nur dann der Fall, wenn alle an der Grenze festgenommenen Personen Gelegenheit erhielten, ihre Asylgründe zu Protokoll zu geben und sich unabhängig beraten zu lassen.

Zurück zum Pressearchiv