Antrag: Keine Exoten in Zirkussen – Tierhaltung und -transportbedingungen weiter verbessern

Fraktion SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

In Zirkussen in Niedersachsen werden viele exotische Tiere zur Schau gestellt oder sind teilweise sogar Teil der aufgeführten Showelemente. Für die hier nicht heimischen Tiere, wie Löwen oder Tiger, sind diese Haltungsbedingungen in den meisten Fällen nicht artgerecht und führen unter den gegebenen Randbedingungen zu unangemessenem Leid für die Wildtiere.

Die Besonderheit von Zirkussen ist die örtliche Ungebundenheit. Damit können Zirkusunternehmen nicht dieselben Haltungsbedingungen wie beispielsweise Zoos bieten. Allein die dadurch resultierenden räumlichen Begrenzungen werden dem Bewegungsbedarf von vielen Wildtieren nicht gerecht, zumal die Tiere häufig nicht nur während des Transports, sondern auch in Auf- und Abbauphasen der Zelte in ihren Transportboxen belassen und somit weiter erhöhtem Stress ausgesetzt werden.

Zusätzlich sind auch die erforderlichen Futtermittel und Nahrungsaufnahmerituale/Jagdverhalten mitunter in der Praxis eines Zirkusbetriebes problematisch und können zu Verhaltensstörungen und physischen Erkrankungen der Tiere führen.

Vor dem Hintergrund der kaum umzusetzenden Anforderungen an eine artgerechte Haltung von exotischen Wildtieren in einem laufenden Zirkusbetrieb, sollte eine weitere Haltung von bestimmten nicht heimischen Wildtieren im Zirkusbetrieb grundsätzlich untersagt werden. Für eine Verbesserung der Haltungsbedingungen auch in Zirkusunternehmen sollte das Säugetiergutachten, welches auch die Grundbedingungen für Zoobetriebe festlegt, in Zirkussen ohne Einschränkung gelten.[1]

Aufgrund der besonders aufwendigen Haltungs- und Transportbedingungen sollte insbesondere für Elefanten, Primaten, Großbären, Flusspferde, Giraffen, Großkatzen, Robben und Reptilien ein allgemeines Haltungsverbot im Zirkusbetrieb ausgesprochen werden.

Der Landtag bittet die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zu starten mit dem Ziel,

  1. die Ausgestaltung eines Haltungsverbots für Elefanten, Primaten, Großbären, Flusspferde, Giraffen, Großkatzen, Robben und Reptilien vorzunehmen,
  2. eine Verpflichtung zu allgemein gültigen, angemessenen und artgerechten Haltungs- und Transportstandards in Bezug auf Größe der Transportboxen, Temperaturbedingungen, stressfreie Bauart und den Ausschluss von Verletzungsmöglichkeiten für Tiere zu prüfen,
  3. die im Säugetiergutachten beschriebenen Haltungsbedingungen für Tiere in Zirkussen gesetzlich vorzuschreiben und in diesem Zusammenhang einen erneuten Anlauf für die Verabschiedung einer Tierschutz-Zirkusverordnung zu nehmen.

Der Landtag bittet die Landesregierung darüber hinaus, sich auf Bundesebene einzusetzen für eine Prüfung von:

  1. einem grundsätzlichen Verbot der Haltung und Zurschaustellung von Wildtieren in Zirkusbetrieben und Tierschauen,
  2. praktikablen Übergangsfristen für die Abgabe von Wildtieren, wie beispielsweise Zebras, wobei die jeweilige Einzelfallsituation zu bewerten ist. Tiere, die aufgrund von langer Zugehörigkeit zu den Zirkusbetrieben, durch eine Abgabe mehr leiden würden, sollten einer Ausnahmegenehmigung unterliegen.

Begründung

Viele der gehaltenen Tiere würden in ihrem natürlichen Umfeld vermutlich niemals einem Menschen begegnen, so dass allein der Kontakt mit Menschen bereits Stress auslösen kann. Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, dass in der Europäischen Union die Haltung von exotischen Wildtieren in Zirkussen bereits mehrheitlich verboten oder zumindest stark beschränkt ist.

So können die im Säugetiergutachten empfohlenen 1000 Quadratmeter Auslauffläche für bis zu vier Giraffen im laufenden Betrieb kaum umgesetzt werden. Elefanten benötigen sogar eine noch größere Bewegungsfreiheit, die im Zirkus regelmäßig nicht gewährleistet werden kann.

Die hohen kognitiven Fähigkeiten von Primaten stellen hohe Anforderungen an eine abwechslungsreiche Haltungsumgebung, Großbären benötigen ein gut strukturiertes Außengelände inklusive Klettermöglichkeiten und Flusspferde leben semiaquatisch und verbringen bis zu 12 Stunden pro Tag im Wasser. Ausreichend große Schwimmbecken sind für die Tiere meist jedoch nicht verfügbar.

Die Wetterbedingungen in Niedersachsen unterscheiden sich mitunter erheblich von den Wetterbedingungen in den Heimatländern der Tiere. Das führt zu Erkrankungen besonders für Giraffen und Großbären.

Auch das komplexe Sozialgefüge von Elefantenherden, Flusspferden und Primaten kann nicht künstlich ersetzt werden. Besonders bei Primaten führen Fehlprägungen auf Menschen anstelle von dem natürlichen Gruppenleben zu schweren Störungen.

Ein Verbot der Zurschaustellung von Wildtieren in Zirkusbetrieben würde als positiven Nebeneffekt zu einem erwartbaren Rückgang von illegaler Wilderei führen. Eine Vernetzung der Veterinäre und die Anpassung und konsequente Anwendung bestehender Vorschriften sind ein notwendiger Schritt, um die derzeitigen Haltungsbedingungen artgerechter zu gestalten.


[1] Das „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“ vom 07. Mai 2014 gilt laut „Anwendungsbereich“ (I, Absatz 2, Punkt 5) grundsätzlich auch für Zirkusbetriebe sofern nicht davon abweichende Bestimmungen wie die „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetreiben oder ähnlichen Einrichtungen“ oder diese ergänzende oder ersetzende, vom BMEL herausgegebenen Leitlinien oder Gutachten gelten.

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