Antrag: Kein Zurück zur Käfighaltung

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 21.10.2003

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag missbilligt die Initiative der Landesregierung das entsprechend der Legehennenverordnung ab 2007 geltende Verbot der Käfighaltung rückgängig zu machen.
Er fordert die Landesregierung auf,
- Initiativen zu ergreifen, um bis 2007 einen reibungslosen Übergang der niedersächsischen Geflügelwirtschaft von der Käfighaltung auf artgerechte Haltungssysteme zu gewährleisten,
- niedersächsische Forschungsaktivitäten darauf zu konzentrieren, die von den Verbrauchern gewünschten Systeme der Boden-, Volieren- und Freilandhaltung zu optimieren und auf der Basis einer artgerechten Tierhaltung weiterzuentwickeln,
- über die Fachberatung das notwendige Know-how und Managementwissen für diese Systeme bereitzustellen und zu verbessern,
- im Rahmen der Agrarinvestitionsförderung die Unterstützung von beispielhaften Systemen und Modellprojekten sicherzustellen.

Begründung
Zwar hatten im Jahr 2001 noch ca. 83% der Legehennenbetriebe in Deutschland die Käfighaltung, aber das Käfigei hat aus mehreren Gründen seinen Zenit überschritten. Erstens gibt es seit 2001 die Legehennenverordnung, deren Anforderungen an die artgerechten Haltungsbedingungen der Tiere so sind, dass die Käfighaltung nicht darunter fällt. Das heißt, dieses Haltungssystem ist ab 2007 nicht mehr erlaubt. Zweitens sind Freilandeier am Markt erwünscht: 83% der Befragten einer jüngsten NFO-Infratest-Umfrage geben an, Freilandeier zu bevorzugen, nur 5% dagegen bekennen sich zum Käfigei. Und drittens folgen bereits größte Handelsketten diesem Kundenwunsch und listen Käfigeier aus.
Bekanntlich werden in Niedersachsen ein Drittel der deutschen Legehennen gehalten. Deshalb ist die Aufgabe, hier auf alternative Haltungssysteme umzusteigen, also besonders groß. Mit seinen Forschungseinrichtungen und finanziellen Fördermöglichkeiten ist das Land Niedersachsen in diesem Prozess stark gefragt und hat Pflichten. Aber bereits die vorherige Landesregierung hat in dieser Beziehung nicht nur ihre Hände in den Schoß gelegt, sondern kontraproduktiv ihre Aktivitäten in die Entwicklung eines "ausgestalteten Käfigs", menschelnd auch "Appartement" genannt gesteckt. Unter den wohlwollenden Blicken industrieller Hühnerbarone und Käfigbauern führt die neue CDU/FDP-Landesregierung diese Verweigerungspolitik fort. Der zuständige Minister Ehlen redet den "ausgestalteten Käfig" mit Begrifflichkeiten wie "Gruppenhaltung" so schön, dass ein bekanntes Nachrichtenmagazin in diesem Zusammenhang titelte: "Loblied auf den Knast". Der Zwischenbericht einer epidemiologischen Untersuchung der Tierärztlichen Hochschule Hannover (Tiho) im Legehennenbreich, die sich der Entstehung, Verbreitung und – derzeit leider noch nicht realisiert – der Bekämpfung von Krankheiten widmet, wurde von ihm zu der verwegenen Behauptung genutzt, artgerechte Haltung und Gesundheitsschutz der Tiere schlössen sich aus.
Vernünftigerweise hätte der zuständige Minister Ehlen die, wenn auch derzeit noch unvollständigen, Erkenntnisse oben erwähnter Tiho-Untersuchung über Probleme in alternativen Haltungssystemen dazu nutzen sollen, zusammen mit den fachlich qualifizierten Wissenschaftlern ein Forschungsprogramm zu entwickeln und dann aufzulegen, mit dem Ziel einer Optimierung von Boden-, Volieren- und Auslaufhaltung. Neben den ethologischen Fragen gehören hierzu Fragen der Weiterentwicklung des Managements und der Strukturierung der Herden. Nur so wird der Minister Ehlen der niedersächsischen Geflügelwirtschaft einen Dienst erweisen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken sowie Landwirte und Landwirtinnen, die sich diesen Markt und diese Einkommensquelle zurückerobern wollen, unterstützen.
Das Land Niedersachsen sollte die Initiative ergreifen, Praktiker offensiv und öffentlichkeitswirksam und finanziell über das Agrarinvestitionsförderprogramm zu ermutigen, den Betriebszweig Legehennenhaltung innovativ zu erschließen. Dabei können Modellprojekte auch wichtige Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit und Marktsituation kleinerer Betriebe liefern.

Fraktionsvorsitzende

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