Antrag: Jade-Weser-Port - Einsetzung eines 20. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Gemäß Artikel 27 der Niedersächsischen Verfassung wird der 20. Parlamentarische Untersuchungsausschuss eingesetzt.

I. Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe aufzuklären,

inwieweit es insgesamt zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen des Projektes JadeWeserPort, zu unzulässigen Eingriffen im Vergabeverfahren für das Baulos 1 (Kajenbauwerk, Terminalfläche und Hafengroden) für den geplanten Tiefwasserhafen, und im Zusammenhang damit zu nicht sachgerechten Bewertungen und Abwägungen der Erkenntnisse eigener Fachleute oder von beauftragten Fach- und Rechtsgutachten und/oder strukturelle Projektmanagementfehler durch das niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW), das Umweltministerium (MU), die Staatskanzlei und die im Auftrag des Landes tätige JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft gekommen ist, die zu Verzögerungen des Projektes und zu Nachteilen für das Land und die niedersächsische Wirtschaft geführt haben.

II. Unter der in Abschnitt I genannten Fragestellung ist insbesondere aufzuklären,

1. in welcher Weise die niedersächsischen Vertreter im Aufsichtsrat der Gesellschaft ihren Verpflichtungen nachgekommen sind und welche Aufgaben weitere MitarbeiterInnen der beteiligten Ministerien und der Staatskanzlei dabei wahrgenommen haben;

2. aus welchen Gründen dem Vorschlag des Vergabeteams 1, d.h. dem Ausschluss der Bietergemeinschaft HOCHTIEF und der Vergabe an die Bietergemeinschaft Bunte, nicht gefolgt wurde, das Vergabeteam aufgelöst, der Chefplaner entlassen wurde und in welcher Weise der Aufsichtsrat, die Landesregierung sowie MitarbeiterInnen des Landes an diesen Entscheidungen beteiligt waren;

3. nach welchen Gesichtspunkten und Kriterien das neue Vergabeteam zusammengesetzt wurde und unter welchen Umständen und auf welchen Entscheidungsgrundlagen der Vorschlag des neuen Vergabeteams, den Auftrag an die Bietergruppe HOCHTIEF zu vergeben, zustande kam.  Dabei ist von besonderem Interesse, in welcher Weise der Aufsichtsrat, die Landesregierung und ihre MitarbeiterInnen in jedem Stadium an diesen Entscheidungen beteiligt waren;

4. ob den beteiligten Bietergemeinschaften inoffizielle Angebote, Koppelgeschäfte von wem und in welchem Umfang angeboten worden sind, bzw. ob in irgendeiner Weise Druck mit der Androhung wirtschaftlicher Nachteile auf Verfahrensbeteiligte ausgeübt wurde. In diesem Zusammenhang sind Fragen nach einem möglichen Beziehungsgeflecht zwischen Auftraggeber und potentiellen Auftragnehmern aufzuklären;

5. welche besonderen Schwierigkeiten sich aus verschiedenen Interessenlagen der Partner Bremen und Niedersachsen bzw. ihrer Vertreter in Aufsichtsrat, Geschäftsführung und sowie den MitarbeiterInnen der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft für die Zusammenarbeit bei der Realisierung des Projektes ergeben haben und ob sie zu einer Verzögerung oder zu nicht sachgerechten Einflussnahmen auf den Geschäftsablauf geführt haben;

6. ob z. B. die verspätete Anmeldung der von der Planung betroffenen wertvollen Naturräume für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 oder Verhandlungen mit einem Kraftwerksbetreiben über notwendige Maßnahmen zur Sicherstellung des reibungslosen Kraftwerksbetriebs zu Verzögerungen bereits im Planfeststellungsverfahren geführt haben;

7. um wie viel die Kosten der Baumaßnahmen des Baulos 1 durch Projektverzögerungen steigen werden, etwa durch steigende Stahlpreise oder einen umfangreicheren Einsatz von Personal und Geräten, um trotz Zeitverzug das Ziel der Inbetriebnahme des Tiefwasserhafens in 2010 doch noch einhalten zu können;

8. ob sichergestellt ist, dass bei der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft ein Projektmanagement vorhanden ist, dass eine reibungslose, sachgerechte Bauausführung und das Ziel der Fertigstellung des Tiefwasserhafens in 2010 erwarten lässt und durch welches geeignete interne Projektmanagement die Landesregierung das Projekt konstruktiv begleiten kann.

III. Der Untersuchungsausschuss besteht aus 11 Mitgliedern, die von den Fraktionen nach folgendem Verteilerschlüssel benannt werden:

  • CDU-Fraktion 5 Mitglieder,

  • SPD-Fraktion 4 Mitglieder,

  • FDP-Fraktion 1 Mitglied,

  • Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 1 Mitglied.

Ferner ist die gleiche Zahl von Stellvertreterinnen oder Stellvertretern zu benennen. Der Ausschuss wählt seine Vorsitzende oder seinen Vorsitzenden und deren oder dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter.

IV. Die Landesregierung wird ersucht zu veranlassen, dass alle von dem Untersuchungsausschuss und seinen etwaigen Unterausschüssen zu vernehmenden Landesbediensteten im Rahmen der Gesetze von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit entbunden werden. Dies gilt auch für ehemalige Landesbedienstete, soweit sie über ihre Tätigkeit im Landesdienst vernommen werden sollen. Die Landesregierung hat erforderlichenfalls Akteneinsicht zu gewähren.

V. Für den Untersuchungsausschuss gilt die diesem Beschluss als Anlage beigefügte

Geschäftsordnung.

Für die Fraktion der SPD
Wolfgang  Jüttner
Fraktionsvorsitzender

Für die Fraktion der Grünen
Stefan Wenzel
Fraktionsvorsitzender

Anlage

Geschäftsordnung

für den

20. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss

des Niedersächsischen Landtages

§ 1

(1) Der Untersuchungsausschuss ist verhandlungs- und beschlussfähig, wenn die Mehrheit seiner stimmberechtigten Mitglieder nach ordnungsgemäßer Einladung anwesend ist.

(2) Ist der Untersuchungsausschuss nicht verhandlungs- und beschlussfähig, so unterbricht die Vorsitzende oder der Vorsitzende zunächst die Sitzung auf bestimmte Zeit. Ist nach dieser Zeit die Verhandlungs- und Beschlussfähigkeit noch nicht eingetreten, so vertagt sie oder er die Sitzung. In der nächstfolgenden Sitzung ist der Untersuchungsausschuss verhandlungs- und beschlussfähig, auch wenn nicht die Mehrheit seiner stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist.

  • (3) Beschlüsse werden, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder gefasst.

§ 2

(1) Der Untersuchungsausschuss kann für einzelne Aufgaben Unterausschüsse einsetzen, die aus drei oder fünf stimmberechtigten Mitgliedern des Untersuchungsausschusses bestehen. Er bestimmt zugleich die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und die Berichterstatterin oder den Berichterstatter.

  • (2)  Der Beschluss über die Einsetzung, den Aufgabenbereich und die Größe von Unterausschüssen bedarf der Mehrheit der Stimmen der stimmberechtigten Mitglieder des Untersuchungsausschusses.
  • (3)                     Für Unterausschüsse gelten die §§ 1, 3 bis 9 entsprechend. Die Entscheidung über die Heranziehung von Sachverständigen bleibt dem Untersuchungsausschuss vorbehalten.

§ 3

(1) Im Untersuchungsausschuss ist eine Stellvertretung durch andere als die hierfür benannten Abgeordneten unzulässig.

  • (2)                     Die stellvertretenden Mitglieder dürfen bei jeder Sitzung des Untersuchungsausschusses als Zuhörerinnen oder Zuhörer anwesend sein.
  • (3) Andere Abgeordnete dürfen bei nichtöffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses als Zuhörerinnen oder Zuhörer anwesend sein, solange nicht ein Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder widerspricht.

§ 4

Mitglieder und Beauftragte der Landesregierung sowie Beauftragte der Fraktionen dürfen an den nichtöffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses als Zuhörerinnen oder Zuhörer teilnehmen, solange nicht ein Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder widerspricht. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende kann den in der Sitzung anwesenden Mitgliedern oder Beauftragten der Landesregierung das Wort erteilen.

§ 5

(1) Über die Erhebung von Beweisen beschließt der Untersuchungsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung.

(2) Jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses kann in nichtöffentlicher Sitzung die Erhebung von Beweisen beantragen.

(3) Zulässigen Beweisanträgen muss entsprochen werden, wenn sie von einem Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder unterstützt werden; dies gilt auch für zulässige Anträge, die auf die Durchsetzung bereits beschlossener Beweiserhebungen gerichtet sind.

§ 6

(1) Der Untersuchungsausschuss erhebt die Beweise in öffentlicher Verhandlung. Jeder Termin zur öffentlichen Verhandlung ist durch Anschlag im Landtagsgebäude bekannt zu geben.

(2) Die Öffentlichkeit kann auf Antrag von den Beweiserhebungen des Untersuchungsausschusses ausgeschlossen werden. Der Beschluss wird in nichtöffentlicher Sitzung gefasst. Er bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der stimmberechtigten Mitglieder.

(3) Der Inhalt von Personalakten sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dürfen nur in nichtöffentlicher Sitzung erörtert werden. Weitergehende Bestimmungen, die sich aus der sinngemäßen Anwendung der Vorschriften über den Strafprozess oder der Geschäftsordnung für den Niedersächsischen Landtag ergeben und die Geheimhaltung oder die vertrauliche Behandlung von Unterlagen betreffen, bleiben unberührt.

§ 7

Auskunftspersonen werden unter kurzer Angabe des Gegenstandes, über den sie aussagen sollen, auf einen Tag zur Verhandlung geladen. Sie erhalten Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen.

§ 8

Beweiserhebungen sind wörtlich zu protokollieren. Über die Art der Protokollierung der Beratungen entscheidet der Untersuchungsausschuss.

§ 9

Die dem Untersuchungsausschuss zugeleiteten Urkunden, Akten oder sonstigen Unterlagen sind auf Anforderung jedem Mitglied und jedem stellvertretenden Mitglied zugänglich zu machen.

§ 10

Nach Abschluss der Untersuchung ist dem Landtag ein schriftlicher Bericht vorzulegen. Der Untersuchungsausschuss beauftragt eines oder mehrere seiner Mitglieder, den schriftlichen Bericht im Plenum des Landtages zu erläutern. Minderheiten können Minderheitsberichte erstatten; diese sind zusammen mit dem Ausschussbericht zu veröffentlichen.

§ 11

Geschäftsstelle des Untersuchungsausschusses und der Unterausschüsse ist der Präsident des Niedersächsischen Landtages - Landtagsverwaltung -.

§ 12

Im Übrigen gelten für den Untersuchungsausschuss und die Unterausschüsse die Bestimmungen der Geschäftsordnung für den Niedersächsischen Landtag sinngemäß.

Zurück zum Pressearchiv