Antrag: Ja zur Einbürgerung – Einbürgerungskampagne starten!

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Im Jahr 2012 sind laut dem Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) insgesamt 8.526 Personen in Niedersachsen eingebürgert worden; deutlich weniger als noch im Jahr 2002 (12.838). Nach 2002 fielen die Zahlen für Einbürgerungen im Jahr 2009 auf einen Tiefststand (7.223). In den Ländern Brandenburg, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen lagen die Zahlen in 2012 höher als in 2002.

Die größte Gruppe (60%) der 2012 in Niedersachsen Eingebürgerten kam aus Europa, insgesamt 5.096 Personen. Allerdings stammte von ihnen nur knapp ein Drittel (1.470 Personen) aus den EU-Staaten, während die Mehrheit dieser Gruppe aus der Türkei (2.361 Personen), der Ukraine (325 Personen), der Russischen Föderation (299 Personen) sowie Serbien ohne Kosovo (225 Personen) kam.

Per Stichtag 9. Mai 2011 (Zensus 2011) hatten 16,7 Prozent der Niedersächsischen Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Von diesen rund 1,3 Millionen Menschen besitzen lediglich ca. 871.000 Personen (67 Prozent) einen deutschen Pass. Ende 2011 hatten laut LSN damit rund 470.000 Personen in Niedersachsen keine deutsche Staatsangehörigkeit, obwohl mehr als die Hälfte von ihnen die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllten. Genau diese gilt es im Sinne der neuen Willkommenskultur, besser über ihre Möglichkeiten zur Einbürgerung zu informieren und ihnen somit die Angst vor dem bürokratischen Verfahren der Einbürgerung zu nehmen, das häufig als zu langwierig, abschreckend und zum Teil diskriminierend empfunden wird. Personen, die nicht EU-Bürgerinnen und EU-Bürger sind, müssen häufig den Verlust ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit befürchten, wenn sie die deutsche erlangen möchten.

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Landesregierung auf,

  1. eine landesweite öffentlichkeitswirksame Einbürgerungskampagne in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden zu starten, die gezielt für mehr Einbürgerungen wirbt, um so die Einbürgerungsquote für Niedersachsen zu erhöhen. Das Einbürgerungsverfahren ist in diesem Zusammenhang zu optimieren, indem konkrete Angebote, Hilfestellungen und die Beseitigung von Hindernissen geprüft werden.
  2. insbesondere eine Erhöhung der Einbürgerungszahlen bei EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern anzustreben. Der Anteil der Einbürgerungen ist geringer als er aufgrund der Möglichkeit der Mehrstaatigkeit sein könnte. Diese Zielgruppe  sollte in Kooperation mit den Migrantenorganisationen gezielt beworben werden.
  3. die Einbürgerungskampagne nach einem entsprechenden Zeitraum zu evaluieren. Die Evaluation soll Auskunft geben über die Anzahl, die Dauer und den Erfolg der Einbürgerungsverfahren.
  4. die landesrechtlichen Möglichkeiten für Einbürgerungen weiterhin voll auszuschöpfen, um Einbürgerungen insbesondere für die ersten Generationen der Einwanderinnen und Einwanderer, zu ermöglichen und sich auf Bundesebene gezielt für Mehrstaatigkeit einzusetzen.

Begründung

Mit einer Einbürgerung bekommen Migrantinnen und Migranten die vollständigen staatsbürgerlichen Rechte und damit eine umfassende rechtliche und politische Gleichstellung. Damit möglichst viele Menschen diese Rechte auch tatsächlich nutzen können, soll das Land Niedersachsen in einer Kampagne aktiv für die Einbürgerung werben. Es gilt, frühzeitig und umfassend über die Möglichkeit der Einbürgerung zu informieren und das Einbürgerungsverfahren verständlich zu erklären.

Im Rahmen der Kampagne sollen den Einbürgerungskandidatinnen und –kandidaten die mit einer Einbürgerung verbundenen Möglichkeiten vor Augen geführt werden. Es soll deutlich werden, dass mit einer Einbürgerung die Partizipationsmöglichkeiten durch den Erhalt des aktiven und passiven Wahlrechts steigen, die eigene Identifikation mit dem Land, in dem man lebt, wächst, die beruflichen Chancen steigen und dass mit einer Einbürgerung ein Zuwachs an Rechten einhergeht wie die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit und Berufsfreiheit.

Den Menschen, die sich einbürgern lassen wollen, soll im Rahmen der Kampagne konkrete Hilfestellung geboten werden (z. B. wie in Hamburg durch den Einsatz von sogenannten Einbürgerungslotsen).

Zur verständlichen Vermittlung des Einbürgerungsverfahrens sollte auch die Veröffentlichung der niedersächsischen Durchführungsbestimmungen zum Staatsangehörigkeitsrecht in einer übersichtlichen Form und einfachen Sprache gehören.

Bei alldem sollen Erfahrungen und Vorarbeiten zu den Themen Einbürgerungskampagne oder Einbürgerungsleitstellen von Ländern wie Bremen, Kommunen wie Hannover und Osnabrück oder Organisationen wie der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen und Flüchtlinge Niedersachsen (amfn) berücksichtigt werden. Das Einbürgerungsverfahren ist zu vereinfachen, zu beschleunigen und kostengünstiger zu gestalten. Insbesondere Personen, die unter besonderen Voraussetzungen ohne eigenständige Lebensunterhaltssicherung eingebürgert werden, sollen nur eine ermäßigte Einbürgerungsgebühr entrichten. Die Mehrstaatigkeit soll gefördert werden.

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