Antrag: Hochschulentwicklungsplanung in Niedersachsen Drs. 15/702

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 13.01.2004

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die Hochschulen sind die Verlierer der Bildungspolitik der CDU/FDP-Landesregierung. Die drastischen Einsparungen von knapp 41 Millionen Euro allein im Jahr 2004 verhindern eine qualitative Hochschulentwicklung und notwendige strukturelle Veränderungen der niedersächsischen Hochschullandschaft. Dadurch werden die Hochschulen im nationalen und internationalen Vergleich weiter ins Hintertreffen geraten. Mit den Kürzungen einher gehen der Abbau von Studienplätzen und die Verschlechterung der Studienbedingungen für die niedersächsischen Studierenden. Mit der Verbesserung der Lehre, der Verkürzung der durchschnittlichen Studiendauer und der Senkung der Abbrecherquoten wird auf absehbare Zeit nicht zu rechnen sein.
Mit uneinheitlicher Kriterienanwendung und daraus resultierend nicht nachvollziehbaren Einzelentscheidungen im Rahmen des "Hochschuloptimierungsprogramms" hat die Landesregierung die Erwartungen von Hochschulangehörigen und Studierenden auf eine verlässliche und berechenbare Hochschulpolitik enttäuscht und für schweren Flurschaden gesorgt.
Nach wie vor ist unklar, welche hochschulpolitischen Ziele und bildungspolitischen Perspektiven die Landesregierung verfolgt. Weder existieren belastbare Kriterien für die zukünftige Hochschulentwicklung noch Aussagen über Mittel, die den Hochschulen zukünftig tatsächlich zur Verfügung stehen werden. Wichtige Rahmendaten für einen den Hochschulen von der Landesregierung angekündigten "Zukunftsvertrag" sind somit unbekannt.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1) einen Hochschulentwicklungsplan vorzulegen, der Zielzahlen über die mittelfristig von ihr angestrebte Ausgestaltung der Hochschullandschaft enthält. Dazu gehören vor allem perspektivische Aussagen über
a) die Studienplatzzahl (gegliedert nach Bachelor und Master)
b) die Absolventenquote
c) das Vorgehen bei der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge
d) die Fächerstruktur (inklusive dem Aufbau so genannter Leuchttürme)
e) die Zukunft von Standorten und deren gewünschter Angebotsstruktur
f) die inhaltliche und strukturelle Ausgestaltung der Lehrerausbildung
g) Länder übergreifende Kooperationen
h) die Höhe der Mittelzuweisungen
2) zur Sicherstellung eines transparenten und verlässlichen Reformprozesses zukünftig die Anwendung qualitativer Steuerungsinstrumente nicht länger zu behindern. Über die Zielvereinbarungen hinaus muss ein Gesamtsteuerungssystem initiiert werden. Hierzu gehört zunächst vor allem die umgehende Einführung und konsequente Anwendung der leistungsbezogenen Mittelvergabe für Fachhochschulen und Universitäten, daneben aber auch Regelungen für besondere strukturelle Zielsetzungen.


Begründung
Die Hochschulen stehen im zunehmenden nationalen und internationalen Leistungswettbewerb und sind aufgefordert, ihre Angebote und ihre Qualität an immer neue Erfordernisse anzupassen. Hierzu sind teilweise weitreichende Reformen und strukturelle Veränderungen notwendig. Erschwerend kommt für die niedersächsischen Hochschulen hinzu, dass sie sich mit drastischen Einsparforderungen konfrontiert sehen. Mit dem Beschluss der Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP im niedersächsischen Landtag, den Hochschuletat im Jahr 2004 um 40,6 Millionen Euro zu kürzen und der daraus resultierenden Umsetzung im "Hochschuloptimierungskonzept" des Wissenschaftsministers werden etliche Hochschulen Niedersachsens an den Rand der Handlungsfähigkeit gedrängt. So heißt es in den Ausführungen des Ministeriums selbst, "dass die Hochschulen durch die Kürzungsraten insbesondere in den Jahren 2004 und 2005 verstärkt monetär belastet werden, was mit Funktionsbeeinträchtigungen einher gehen könnte." (MWK-Information vom 20.10.03)
Diese Hochschulpolitik nach Haushaltslage erschwert die Reformanstrengungen der Hochschulen erheblich. Die Erfahrungen haben die Verantwortlichen gelehrt, Zielvereinbarungen und versprochene finanzielle Zuwendungen nicht als verlässliche Parameter ihrer Planungen nehmen zu können. Entsprechend skeptisch sind die Erwartungen an den angekündigten "Zukunftsvertrag", mit dem ab dem Jahr 2006 weitere Kürzungen ausgeschlossen werden sollen.
Angesichts dieser Situation ist die Niedersächsische Landesregierung aufgefordert, ihre Pläne im Hochschulbereich offen zu legen. Dies umfasst alle geplanten bzw. angestrebten strukturellen Veränderungen und Zielzahlen. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein berechenbarer Qualitätsprozess in den niedersächsischen Hochschulen in die Wege geleitet werden. Transparenz und Nachvollziehbarkeit müssen bei weiteren hochschulpolitischen Aktivitäten des Landes im Vordergrund stehen, um das verloren gegangene Vertrauen in politische Entscheidungen und so die Kooperationsbereitschaft der Verhandlungspartner zurück zu gewinnen. Unerlässlich dafür ist auch die seit Jahren verschleppte konsequente Einführung der leistungsbezogenen Mittelvergabe an Fachhochschulen und Universitäten in einem Gesamtssystem qualitativer Steuerungsinstrumente.
Der weitere Verzicht der Landesregierung auf eine Hochschulentwicklungsplanung verhindert zielgerichtete Reformen und würde die Fortführung der "Hochschuloptimierung" nach Haushaltslage bedeuten.
Fraktionsvorsitzende

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