Antrag: Handlungskonzept für den artgerechten Umgang mit Bibern an Niedersachsens Gewässern sicherstellen und eine fachkompetente Beratung ermöglichen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis90/Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Biber (Castor fiber) ist eine nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und dem BNatSchG streng geschützte Tierart. Auch ihre Baue und Dämme unterliegen damit besonderem Schutz. Während der letzten Jahrzehnte ist der Bestand der Biber in einigen Bundesländern gewachsen. In Niedersachsen leben laut Angaben des NLWKN an Gewässern wie Elbe, Ems, Hase, Leine oder Oker mittlerweile etwa 500 Tiere in knapp 230 Revieren. 

Durch das Errichten von Dämmen sind Biber in der Lage, den Wasserstand ihrer Wohngewässer aktiv zu regulieren. Hierdurch können neue ökologisch wertvolle Lebensräume für eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden. Die erfreuliche Entwicklung des sich zaghaft positiv entwickelnden Erhaltungszustandes des Bibers in Niedersachsen bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Denn durch die aktive Gestaltung seines Lebensraumes kann der Biber Gewässer und Abflussverhältnisse verändern. Dadurch können sowohl wirtschaftliche Schäden, wie auch Herausforderungen für das Wassermanagement entstehen - unter anderem durch Vernässung oder Überschwemmung von Nutzflächen, Grabaktivitäten an Dämmen oder Abflussbarrieren an Gewässern und wasserbaulichen Anlagen bestehen derzeit Probleme in einigen Regionen des Landes.

Mit einem Handlungskonzept für den Umgang mit den Bibern soll ein bestmöglicher Ausgleich zwischen Schutzverpflichtungen und Landnutzungsinteressen erwirkt und Konflikte möglichst in frühen Stadien entschärft werden. Modellregionen an Elbe, Ems und Leine, die bereits mehrjährigen Erfahrungen im Zusammenleben und Umgang mit Bibern vorweisen, könnten Schwerpunktregionen für Beratungsstellen und Öffentlichkeitsarbeit darstellen. Ein landesweiter Rahmen erhöht die Rechtssicherheit und Transparenz der notwendigen einzelfallspezifischen Vorgehensweisen unter Einbeziehung spezieller örtlicher Sachkunde.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. zeitnah und gemeinsam mit den Betroffenen, wie z. B. den Unteren Naturschutzbehörden, Unterhaltungsverbänden und den Anliegenden der Gewässer (Grundstückseigentümer*innen und Bewirtschaftender), ein Konzept für den Umgang mit dem Biber zu erarbeiten und zur Verfügung zu stellen, damit die Flächen- und Gewässernutzung mit dem Artenschutz optimal in Einklang gebracht werden kann.
  2. unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit vorhandener finanzieller Mittel für die Unteren Naturschutzbehörden, Unterhaltungsverbände und die den Gewässern Anliegenden Beratungsangebote, fachkompetente Beratungsstellen und Ansprechpersonen zur Verfügung zu stellen.
  3. ein landesweites Biber-Monitoring aufzubauen und fortzuschreiben.

Begründung

Der Biber ist von besonderer artenschutzrechtlicher Relevanz und daher streng geschützt. Als „Schlüsselart“ schafft er in dem von ihm gestalteten Gebiet auch Lebensraum für viele weitere Tier- und Pflanzenarten. So kann man in Biberrevieren in der Regel eine Erhöhung der Artenvielfalt beobachten: Libellen und andere Insekten, sowie Amphibien profitieren von seinen Gestaltungsmaßnahmen. Auch die Fischdichte nimmt tendenziell zu und weitere seltene Arten wie Fischotter, Eisvögel oder Wasserspitzmäuse profitieren. Außerdem sorgt der Biber für einen Rückhalt des Wassers in der Landschaft und die Neubildung von Grundwasser. Auch das Totholz, das der Biber durch seine Holzfällertätigkeit in die Landschaft bringt, dient vielen Arten als Lebensraum und wertet das Gebiet so ökologisch auf. Somit kann der Biber einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der vielfältigen Ziele des Naturschutzes, aber auch die der europäischen Wasserrahmrichtlinie und des Hochwasserschutzes leisten.

Jedoch können die wasserbaulichen Maßnahmen des Bibers in einigen Regionen im Konflikt mit der durch den Menschen gestalteten und bewirtschafteten Kulturlandschaft stehen, denn die Umgestaltung der Gewässer verändert die Abflussverhältnisse. Dadurch kann es zum Rückstau, zur Vernässung von Nutzflächen und auch zu Hochwassergefahren kommen. Der Unterhaltungspflichtige sollte vorausschauend agieren und, wo erforderlich, mit den zuständigen Behörden ein Konzept zur Regulierung der Entwässerung entwickeln und umsetzen. Entscheidend für die Eingriffsmöglichkeiten durch die Unterhaltungspflichtigen wird hier sein, ob es sich lediglich um temporäre Staue und „Übungsdämme“ oder um Habitat- oder Reproduktionsgewässer des Bibers handelt. Die Maßnahmen sollten durch Fachpersonal der Unterhaltungspflichtigen in enger Abstimmung mit den Unteren Naturschutzbehörden ausgeführt werden. Was im Einzelnen sinnvoll und erforderlich ist kann nur vor Ort entschieden werden.

Daher ist es wichtig, Betroffenen konkrete Ansprechpersonen und Handlungsoptionen zur Verfügung zu stellen. In Bayern, Baden-Württemberg oder Sachsen-Anhalt gibt es bereits Konzepte für ein Bibermanagement mit Aufgaben wie beispielsweise Beobachtung und Erfassung von Biberrevieren, Aufklärung durch Öffentlichkeitsarbeit, Erarbeitung und Begleitung von Maßnahmen sowie Lösungen zur Entschärfung von Biber-Konflikten.

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