Antrag: Grundwasser und Böden schützen - ein wirksames Düngemanagement in Niedersachsen einführen

Hannover, den 22.10.2013

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Fraktion der SPD

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

In weiten Teilen Niedersachsens ist das Grundwasser deutlich oberhalb des zulässigen Grenzwertes von 50 Milligramm pro Liter mit Nitrat belastet. Die Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie, spätestens bis zum Jahre 2015 eine gute chemische Qualität des Grundwassers zu erreichen, wird daher klar verfehlt werden. Vor allem in den Intensivtierhaltungs- und Biogasregionen Niedersachsens ist ein alarmierender Anstieg der Nitratwerte im oberflächennahen Grundwasser erkennbar. Deshalb ist es erforderlich, das Management und die Kontrolle über die Verbringung des Wirtschaftsdüngers und der Gärreste neu zu regeln.  

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1. Ein zentrales niedersächsisches Düngekataster einzuführen mit den Zielen

  • zukünftig einen betriebsbezogenen Verwendungsnachweis des Wirtschaftsdüngers für alle landwirtschaftlichen Betriebe mit Tierhaltung ab einer bestimmten Größe und der Gärreste aus Biogasanlagen zu erhalten,
  • ein verlässliches Kontrollinstrument  der Überwachung von Tierhaltungs- und Biogasanlagen hinsichtlich ihrer Wirtschaftsdüngerverwertung zu installieren.

Hierbei muss sichergestellt sein, dass

  • Flächenangaben eindeutig Auskunft über den Nutzer geben,
  • ein weiterentwickelter qualifizierter Flächennachweis unter Einbeziehung der Eigentums- und Pachtverhältnisse erfolgt,
  • die Abgabe von Wirtschaftsdünger auf vertraglicher Basis erfolgt, die konkret Auskunft über die handelnden Akteure (Vermittler, abgebender und aufnehmender Betrieb), Vertragspartner und qualitative wie quantitative Angaben zum Vertragsgegenstand enthalten.

Des Weiteren ist zur Zielerreichung ein  Abgleich der  Daten des niedersächsischen Düngekatasters mit den im Rahmen der „Niedersächsischen Verordnung über Meldepflichten in Bezug auf Wirtschaftsdünger“ gemeldeten Daten vorzunehmen.

Der Landtag fordert die Landesregierung weiterhin auf

2. Die „Niedersächsische Verordnung über Meldepflichten in Bezug auf Wirtschaftsdünger“ dahingehend zu überprüfen, ob

  • die derzeitige Bagatellgrenze von 200 Tonnen unterhalb derer keine Meldung erfolgen muss, deutlich abgesenkt werden soll,
  • eine Meldeverpflichtung nicht nur für den abgebenden, sondern auch für den aufnehmenden Betrieb eingeführt werden soll und
  • die Meldefristen mit den in der Bundesverordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdünger vorgesehenen Fristen harmonisiert werden kann.

3. Die Kontrollen der Einhaltung düngerechtlicher Vorgaben zu verstärken und eine wirksamere Sanktionierung von Verstößen vorzusehen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf zu prüfen, inwieweit in Kooperation mit den zuständigen Fachbehörden, den öffentlichen Einrichtungen, kommunalen Spitzenverbänden, der Landwirtschaftskammer und den zuständigen Ressorts zeitnah ein einvernehmliches Regelwerk erarbeitet werden kann.

Begründung

Nach Berechnungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf der Basis der der Niedersächsischen Tierseuchenkasse gemeldeten Tierzahlen betrug der Anfall von Wirtschaftsdünger im ehemaligen Regierungsbezirk Weser-Ems im Jahre 2011 119% dessen, was unter Einhaltung der geltenden düngerechtlichen Vorschriften auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen dieses Raumes eingesetzt werden kann.  In den Landkreisen Cloppenburg und Vechta lag der Wirtschaftsdüngeranfall sogar bei 209% bzw. 246% der verwertbaren Menge. Da die Tierhaltung in den genannten Räumen seit 2011 weiter zugenommen hat, ist davon auszugehen, dass sich das Problem seither weiter verschärft hat. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat bereits im Januar 2012 vermeldet, dass eine ordnungsgemäße Düngung mit den bisherigen Instrumenten nicht kontrolliert werden kann.

Hiermit einher geht der intensive Maisanbau in Niedersachsen, der zwischen 2003 und 2012 um rund 240.000 ha auf heute 586.000 ha zugenommen hat. Damit stieg sein Anteil an der gesamten Ackerfläche von 17,6 % auf gut 30 %. Die Zunahme des Maisanbaues ist nach  Angaben der Landwirtschaftskammer im Wesentlichen auf den Substratbedarf von Biogasanlagen zurückzuführen. Da Mais eine Pflanze ist, die selbst sehr hohe Nährstoffgaben verträgt, wird durch die starke Düngung das Grundwasser und die Böden erheblich mit Nitrat und Phosphat belastet. Daher wird eine Kontrolle der Gärresteverbringung ebenfalls unerlässlich.

Die frühere Landesregierung hat  am 07.06.2012 die „Niedersächsische Verordnung über Meldepflichten in Bezug auf Wirtschaftsdünger“ (Meldeverordnung) in Kraft gesetzt, nach der Betriebe die Wirtschaftsdünger abgeben unter Angabe des Abnehmers und ggf. des Beförderers die Abgabe von Wirtschaftsdünger nach Art und Menge elektronisch an eine zentrale Datenbank melden müssen. Ein solches Datenbanksystem hat sich grundsätzlich bewährt. Gleichwohl sollte überprüft werden, ob die in der Meldeverordnung vorgesehene Bagatellgrenze von immerhin 200 Tonnen Gülle, unterhalb derer keine Meldung erfolgen muss, deutlich abgesenkt werden sollte. Außerdem sollte überprüft werden, ob eine Meldeverpflichtung nicht nur des abgebenden, sondern auch des aufnehmenden Betriebes (analog der Meldung im Bestandsregister für Rinder) zu einer deutlichen Verbesserung der systeminternen Kontrolle der Meldedatenbank führen kann. Außerdem dürfte die Kontrolle erleichtert werden, wenn die derzeitige sechsmonatige Meldefrist auf eine zweimonatige Meldefrist analog der Meldeverordnung des Bundes verkürzt wird.

Die Meldeverordnung erfasst lediglich  die überbetrieblichen Stoffströme. Ob viehhaltende Betriebe jedoch die bei ihnen anfallenden Wirtschaftsdünger tatsächlich auf den betriebseigenen Flächen einsetzen können, ob tatsächlich Wirtschaftsdünger in der Menge abgegeben werden in der sie abgegeben werden müssten und ob die aufnehmenden Betriebe tatsächlich Wirtschaftsdünger in dem Umfang als Dünger einsetzen können in dem sie ihn aufnehmen, wird durch die Meldeverordnung nicht erfasst. Deshalb ist es notwendig, unter Nutzung der positiven Erfahrungen der Meldeverordnung ein zentrales niedersächsisches Düngekataster einzuführen, das diese noch verbleibende Lücke schließt.

Diese Maßnahmen sind zur Sicherstellung einer guten Qualität des Grund- und Oberflächenwassers unerlässlich, reichen allein jedoch nicht aus. Deshalb muss auch das geltende Düngerecht auf Bundesebene (Düngegesetz, Düngeverordnung) dringend geändert werden, wie der Sachverständigenrat für Umweltfragen und die wissenschaftlichen Beiräte der Bundesregierung für Agrarpolitik und für Düngefragen in ihrer im August 2013 vorgelegten Stellungnahme „Novellierung der Düngeverordnung: Nährstoffüberschüsse wirksam begrenzen“ deutlich gemacht haben.

Aufgrund der drängenden Probleme, die sich in Niedersachsen durch die zunehmenden Wirtschaftsdünger und Gärreste ergeben, muss eine zeitnahe Lösung des komplexen Problems erfolgen.

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