Antrag: Grundsätze für die Umsetzung der EU-Förderung 2007 bis 2013 in Niedersachsen

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen                                                                                      Hannover, den 27.02.06

Grundsätze für die Umsetzung der EU-Förderung 2007 bis 2013 in Niedersachsen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Für die neue Förderperiode 2007 – 2013 hat die Europäische Union

1. die Förderung der Strukturpolitik und

2. die Förderung der Entwicklung des Ländlichen Raumes

auf neue inhaltliche und verfahrensmäßige Grundlagen gestellt. Nach der späten Einigung über die Finanzielle Vorausschau im Europäischen Rat im Dezember 2005 ist eine zügige Erarbeitung und Diskussion der Programme erforderlich.

In beiden Förderbereichen sind dabei folgende Eckpunkte zu beachten:

  • Der Landtag unterstützt das Ziel der EU, die Förderung künftig erfolgs- und ergebnisorientiert, d.h. ausgerichtet auf den höchsten Nutzen sowohl für die europäische wie auch die lokale Ebene zu organisieren, in die Nachhaltigkeitspolitik (Göteborg-Strategie) und die Beschäftigungspolitik der EU (Lissabon-Strategie) einzubinden, mit anderen EU-Zielen (z.B. Aktionsplan Ökolandbau, Förderung Bioenergie) abzustimmen.
  • Die Landesregierung soll zusammen mit den regionalen Akteuren die Finanzmittel, die die EU in der kommenden Förderperiode für Niedersachsen anbietet, soweit möglich durch eigene Programme und Gegenfinanzierungen absichern.
    Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert die GA-Förderung für Niedersachsen (Gemeinschaftsaufgabe) im bisherigen Umfang bis 2013 fortzuführen, die ESF Förderanteile gegenüber den Ländern nicht zu kürzen und sich für verbesserte Möglichkeiten der privaten Kofinanzierung einzusetzen.
    Daneben soll bei nachgewiesener Programmkonformität und unter der Voraussetzung der Teilnahme an der zentralen Evaluation und eigenständiger Gegenfinanzierung nach Art. 41 der allgemeinen Strukturfondverordnung interkommunalen Verbünden und regionalen Entwicklungseinrichtungen die Möglichkeit  eröffnet werden, "regionalisierte Teilbudgets" zu beantragen. Dafür sollen bis zu 30 % des vorhandenen Fördervolumens zur Verfügung gestellt werden.
  • Als Folge der Ziel-1-Förderung ist die Region Lüneburg gegenüber anderen Regionen besser gestellt. Diese Tatsache darf nicht zu einem negativen Förderwettbewerb um Arbeitsplätze zwischen den Regionen führen. Darum soll auf die Förderung reiner Umsiedlungsprojekte mit insgesamt negativer Arbeitsplatzbilanz verzichtet werden.
  • Die Landesregierung muss der EU-Forderung nach Beteiligung der Wirtschafts- und Sozialpartner sowie der öffentlichen Institutionen und darüber hinaus des Parlamentes bei der Erstellung der Programmpläne unverzüglich und umfassend entsprechen. Transparenz bei der Vergabe und eine Evaluation der Fördereffizienz sollen in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit mehr Engagement und Akzeptanz für die EU-Politik schaffen.
  • Die Zusammenarbeit der Ressorts Landwirtschaft/Ländlicher Raum, Umwelt und Wirtschaft muss im Rahmen der EU-Förderung verstärkt werden. Dafür ist eine Ministerien übergreifende zentrale Steuerung, Vergabe und unabhängige externe Evaluation der EU Förderung bei der N-Bank zu bündeln. Dabei ist auch das Ziel einer engeren Verzahnung der Förderung der Ländlichen Entwicklung mit der Strukturpolitik zu berücksichtigen.
  • Die Investitionsförderungen sollen so weitgehend wie möglich auf Eigenkapital-Ersatzmittel und Kreditförderungen in revolvierenden Fonds umgestellt werden, um die Programme zu verstetigen.
    Die Verbesserung der Fördereffizienz durch die Ausschreibung von förderfähigen Projekten soll erprobt werden
  • Vorrangig werden Projekte gefördert,
    - die überprüfbar zur Sicherung und Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen, auf der Basis umweltgerechter Betriebsstrukturen und Produkte beitragen,
    - die zum Ziel haben, Niedersachsen als Innovationsstandort weiter zu entwickeln und dafür u.a. auch die Voraussetzungen im Bildungsbereich verbessern,
    - die sich in den Rahmen einer regionalen Strategie einfügen und die, wie im LEADER-Bereich (Gemeinschaftsinitiative für die ländliche Entwicklung) bereits erfolgreich praktiziert, im bottom-up-Verfahren erarbeitet wurden.

Im Förderbereich Strukturpolitik (EFRE und ESF) ist zu beachten:

  • Das Förderziel "Stärken stärken" und nutzen muss als gleichberechtigtes Förderziel neben den bisherigen Schwerpunkt "Beseitigung struktureller Defizite" gestellt werden. Dabei sind insbesondere den demografischen Problemzonen Harz, Weserbergland, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und der Küstenregion einerseits und den größeren niedersächsischen Städten, in denen das Potenzial für Wachstumskerne vorhanden ist, andererseits, Mittel aus den Strukturfonds für die jeweiligen Aufgaben zuzuweisen. Bei Projekten zur Lösung demografischer Probleme sind Anpassungsstrategien zur Schaffung zukunftsfähiger Systeme Vorrang zu geben vor der Konservierung nicht nachhaltiger Strukturen.

Im Förderbereich europäischer Sozialfond (ESF) ist zu beachten:

  • Die niedersächsischen Jugendprogramme Pro-Aktiv-Centren, RAN-Stellen, Jugendwerkstätten und PRINT erfüllen die inhaltlichen und strategischen Ziele des künftigen ESF in hervorragender Weise und sind daher im erweiterten Umfang ab dem Jahr 2007 in Zusammenarbeit mit den freien Trägern und in Abstimmung mit den optierenden Kommunen und den Arbeitsgemeinschaften durchzuführen.
    Ebenso sind die Bemühungen zur Qualifizierung älterer ArbeitnehmerInnen, zur Verbesserung der Qualifizierung von Frauen für Führungsaufgaben und zum beruflichen Wiedereinstieg nach Familienpausen sowie zur besseren Integration von MigrantInnen im Arbeitsmarkt im Rahmen der zukünftigen ESF Förderung zu verstärken.

Im Förderbereich Ländliche Entwicklung, ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) ist zu beachten:

  • Die Neuausrichtung der Förderpolitik von der reinen Agrarförderung hin zur breiten Förderung einer integrierten ländlichen Entwicklung soll beschleunigt fortgesetzt werden. Dazu sind mittelfristig auch stärkere Umschichtungen von den Direktzahlungen der 1. Säule in die Ländliche Entwicklungsförderung der 2. Säule erforderlich. Vor dem gegenwärtigen Hintergrund stabiler Direktzahlungen, die zur Sicherung der landwirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit ungekürzt zur Verfügung stehen, ist der Schwerpunkt der bundesweit stark gekürzten 2. Säule auf die Bereiche Umwelt/Landschaftspflege und Diversifizierung/Förderung der ländlichen Wirtschaft (Achsen 2 und 3) zu legen.

Begründung

Die EU verfolgt das Ziel unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen die Förderung ab 2007 nicht nur verfahrensmäßig zu verbessern, sondern auch in einen neuen Zielrahmen zu stellen. Dieser Zielrahmen muss auch in der Umsetzung in den niedersächsischen Förderprogrammen sichtbar werden.

Die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf der Basis umweltgerechter Strukturen als zentrale gesellschaftliche Anforderung, Innovation als Voraussetzung für tragfähige zukunftsorientierte Lösungen und regionale Partizipation als Element der Akzeptanz und des Interessensausgleich müssen zu vorrangigen Kriterien für die künftige Förderung werden.

Die nicht zuletzt durch die Ziel-1-Förderung der Region Lüneburg verbesserte Mittelausstattung in Niedersachsen stellt besondere Anforderungen an die erforderliche Kofinanzierung der EU-Mittel. Um alle Möglichkeiten zu nutzen und die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst vollständig zu binden sind weitere Anstrengungen auf Landes- und Bundesebene erforderlich. Das mit der Ziel-1-Förderung verbundene Fördergefälle darf keine volkswirtschaftlich kontraproduktiven Effekte auslösen.

Durch fachliche Begleitausschüsse und neue Beteiligungsverfahren ist mehr Transparenz über die Vergabe der Programme herzustellen. Der Kompetenz-Wirrwarr bei Mittelvergabe und Qualitätskontrolle (Evaluation) ist durch effektive ministeriumsübergreifende Bündelungsstrukturen bei der NBank, schnellstmöglich zu überwinden. Die Verantwortung, die Evaluation des Fördererfolges und die Chance zur unterschiedlichen Schwerpunktsetzung sollen zentral im Land gebündelt bleiben. Ziel muss es sein, dass mehr Anträge gestellt werden als Geld vorhanden ist, damit es einen positiven Wettbewerb um die besten Konzepte gibt.

Die EU-Fördermittel werden in dieser Höhe nicht dauerhaft zur Verfügung stehen. Deshalb ist es notwendig durch neue Förderformen zu einer höheren Fördereffizienz und einer Verstetigung z.B. durch revolvierende Fonds zu kommen.

Unter der Grundbedingung der zukünftig nachzuweisenden nachhaltig positiven Wirkung jeder Förderung soll künftig ein gleichberechtigtes Nebeneinander von der "Beseitigung struktureller Defizite" und "Stärken stärken" in der Strukturförderung erreicht werden. Niedersachsen braucht eine eigene Zukunftsstrategie, um daraus die zukünftigen Kriterien für Innovation und nachhaltigen volkswirtschaftlichen Nutzen von EU-Projekten abzuleiten. Unser Bundesland hat das Potenzial, durch die Bündelung seiner Innovationskräfte z.B. zum führenden Standort für Anbau, Produktion und Nutzung von Bioenergie zu werden. Das Know-how dafür ist in Hochschulen, in der Landwirtschaft, beim Maschinenbau und beim Fahrzeugbau in hervorragender Kombination vorhanden und braucht für eine dynamische Weiterentwicklung jedoch die landespolitische Schwerpunktsetzung. Mit der kommenden EU Förderperiode kann dies in unserem Land einen Technologie- und Arbeitsplatzschub auslösen.

Städte und großstädtische Ballungsgebiete sind die treibenden Kräfte der wirtschaftlichen Entwicklung und schaffen Wachstum, Innovation und Beschäftigung. Städte sind auch wichtige Akteure der regionalen Entwicklung, was die Entwicklung der umliegenden ländlichen Gebiete einschließt. Eine Region ist erfolgreich, wenn ihre Städte erfolgreich sind, ebenso wie eine Stadt von einer positiven Entwicklung der Großregion profitiert. Deshalb sind Maßnahmen auf der Ebene städtischer Ballungsgebiete oder eine Kooperation zwischen Städten und umliegenden Gebieten erforderlich.

Die Beseitigung struktureller Defizite bisheriger Prägung soll in Niedersachsen zukünftig nur noch auf die identifizierten demografisch besonders belasteten Bereiche Harz, Weserbergland, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und die Küstenregion angewandt werden.

Erforderlich ist eine Verzahnung und Abstimmung zwischen der Struktur- und der Ländlichen Entwicklungsförderung. Auch für den ELER-Bereich gelten die Leitbildvorgaben der EU-Förderung ab 2007. Mit der wenig sachgerechten aber politisch verankerten Festlegung, dass die landwirtschaftlichen Direktzahlen der 1. Säule trotz sinkender Gesamthöhe der Finanzmittel garantiert werden, ergibt sich die Notwendigkeit, die Mittel der 2. Säule z.B. im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen und der Schaffung von Einkommensalternativen im Ländlichen Raum zu konzentrieren.

Fraktionsvorsitzender

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