Antrag: Gesundheitsversorgung in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen verbessern!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Während der Covid-19-Pandemie wirken sich Mängel im Gesundheitssystem in besonderem Maße aus. Deshalb, aber auch unabhängig von der aktuellen Pandemie, muss die Gesundheitsversorgung in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) optimal ausgestaltet werden. So schreitet die Digitalisierung voran und ist auch in der LAB NI umzusetzen, damit die Gesundheitsversorgung dort zeitgemäß erfolgen kann. Eine funktionierende Gesundheitsversorgung schützt vor weiteren Infektionen und gibt sowohl den Bewohner*innen als auch den Bediensteten in der LAB NI Sicherheit.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. in der gesamten LAB NI kurzfristig eine Patienten-Software zu installieren, die auch von den behandelnden Haus- und Fachärzt*innen mitbenutzt werden kann, die die Dokumentation von Arzt-Patienten-Gesprächen, Facharztüberweisungen, Durchführung und Dokumentation von Untersuchungen und Behandlungen sowie die Ausstellung von Rezepten beinhaltet und die es ermöglicht, den Krankheits- und Impfstatus der LAB-Bewohner*innen so aufzubereiten, dass alle beteiligten behandelnden Ärzt*innen insbesondere im Pandemiegeschehen schnell handeln können;
  2. die Honorarbasis der Ärzt*innen in den verschiedenen LAB NI-Standorten einheitlich zu regeln;
  3. dem in der LAB NI tätigen medizinischen Personal mehr Schulungen zum Leistungsspektrum nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und über dieses Personal hinaus auch dem Personal der Security-Dienste, den Dolmetscher*innen und den Sozialarbeiter*innen Schulungen zum kultursensiblen Umgang mit den Bewohner*innen der LAB NI, zu diskriminierungsfreier Kommunikation, Posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen psychischen Erkrankungen anzubieten. Ist das Personal bei externen Dienstleistern angestellt, so sind diese Dienstleister dazu zu verpflichten, diese Schulungen für das Personal kostenfrei und in der Dienstzeit anzubieten.
  4. die kurzfristige Behandlung und Untersuchung durch Frauen- und Kinderärzt*innen zu ermöglichen - entweder durch ein regelmäßiges Angebot in der LAB NI oder durch ein für Bewohner*innen der LAB NI reserviertes Zeitfenster in den Praxen;
  5. das aus dem niedersächsischen Justizvollzug bekannte Videodolmetschen auch in der LAB NI einzuführen;
  6. eindeutige Zuständigkeits- und Verantwortlichkeitsregelungen bezüglich medizinischer und gesundheitlicher Maßnahmen, insbesondere mit Bezug zum Pandemiegeschehen, zu treffen, so dass dabei immer ein Arzt oder eine Ärztin verantwortlich miteinzubinden ist.
  7. die Ursachen für Suizide und Suizidversuche von Bewohner*innen der LAB NI allgemein und insbesondere die Häufung im Raum Osnabrück näher zu untersuchen. In jedem Einzelfall ist eine individuelle Anamnese, Behandlung und Begleitung anzubieten. Auf geschlechtsspezifische Gewalterfahrungen von Mädchen und Frauen im Herkunftsland, auf der Flucht und hier in der Flüchtlingsunterkunft ist dabei ein besonderes Augenmerk zu legen.

Begründung

Zu 1. Laut der Antwort der Landesregierung in Drucksache 18/8820 vom 18. März 2021 werden am Standort Braunschweig, im Grenzdurchgangslager (GDL) Friedland und in der Außenstelle Oldenburg die Krankenakten von den dort eingesetzten Hausärzt*innen zurzeit noch analog auf Karteikarten geführt. Rezepte werden handschriftlich ausgestellt.

Zu 2. Unterschiedliche Honorarregelungen an den einzelnen LAB-Standorten sind unangebracht und bedeuten eine Ungleichbehandlung. Dem ist durch einheitliche Honorarregelungen abzuhelfen.

Zu 3. Das in der LAB NI tätige medizinische Personal beklagt fehlende Schulungsangebote. Es darf nicht sein, dass Einzelne jahrelang keine grundlegenden Schulungen angeboten bekommen. Zudem ist das Schulungsspektrum im geforderten Maße auszuweiten, um dem Bedarf gerecht zu werden. Die Landesregierung trägt die Verantwortung dafür, dass die Dienstleister vor Ort entsprechend verpflichtet werden.

Zu 4. Fachärztliche Untersuchungen für Frauen und Kinder sind vor Ort häufig schwierig zu bekommen, da die jeweiligen kassenärztlichen Praxen ein zu geringes Terminangebot aufweisen, was zu teils unangemessen langen Wartezeiten führt. Häufig kommt die Verteilung auf andere Standorte oder Kommunen dazwischen, wenn die Wartezeiten zu lang sind.

Zu  5. Im niedersächsischen Justizvollzug wurden mit dem Videodolmetschen bei gesundheitlichen Fragen und Behandlungen beachtenswerte Erfolge erzielt. Das Sprachenspektrum ist sehr breit gefächert, so dass dadurch deutliche Verbesserungen erreicht werden konnten. Diese Erfolge zeigen, wie dringend auch in der LAB NI das Videodolmetschen eingeführt werden sollte.

Zu 6. In Angelegenheiten, die die Gesundheitsversorgung betreffen, muss medizinischer Sachverstand in verantwortlicher Position hinzugezogen werden, damit entsprechende Entscheidungen sachgerecht und zeitnah getroffen werden können;

Zu 7. In Drucksache 18/8966 ist eine verhältnismäßig hohe Zahl von Suizidversuchen an den Standorten Osnabrück und Bramsche zu erkennen. Gründe oder mögliche Motive kann die Landesregierung zu den Fällen in der LAB NI im Gegensatz zu den Kommunen bezüglich der Fälle in kommunalen Unterkünften nicht angeben. Hier besteht dringender Aufklärungsbedarf, um den Ursachen für Suizidversuche auf den Grund gehen und letztlich Abhilfe schaffen zu können.  

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