Antrag: Gentechnik-freie Landwirtschaft auch in Zukunft sicherstellen

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Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Hannover, den 26.03.03

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag stellt fest:
Seit 1998 gilt in der Europäischen Union ein "de-facto-Moratorium" für die Zulassung neuer gentechnisch veränderter Organismen (GVO). Seit dieser Zeit sind in der EU keine neuen Gentech-Pflanzen und seit 2000 keine entsprechenden Produkte mehr zugelassen worden. Hintergrund dieses Stopps waren die mangelnde Akzeptanz bei den Verbrauchern und in der Landwirtschaft und die unzureichenden rechtlichen Grundlagen für diese Technik.
Die Akzeptanz in der Bevölkerung hat sich nicht verbessert. 70 % der Verbraucher lehnen GVO-Lebensmittel ab. Auch 70% der Landwirte wollen keine GVOs bei ihrer Arbeit einsetzen. Die freie Wahl zwischen gentechnisch veränderten und gentechnik-freien Lebensmitteln fordern 94,6 % der EU-Bürger.
Die von den Moratoriumsstaaten geforderten rechtlichen Regelungen, um eine Koexistenz von gentechnik-freier und Gentechnik einsetzender Landwirtschaft sicherzustellen, stehen ebenfalls noch aus. Lediglich die Freisetzungsrichtlinie (2000/18/EG) ist seit Oktober 2002 in Kraft. Die nationale Umsetzung in den EU-Staaten erfolgt zögerlich und soll in Deutschland Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.
Der Entwurf der Verordnung zur Neuregelung von Futter- und Nahrungsmitteln, die aus GVO bestehen, diese enthalten oder daraus gewonnen werden (KOM 2001/425) befindet sich in der Diskussion. Die Ratsmitglieder haben sich auf einen Grenzwert von 0,9 % für zufällige und technisch unvermeidbare Kontaminationen geeinigt. Das Europäische Parlament hat sich für 0,5 % ausgesprochen und wird die Verordnung bis zur Sommerpause in zweiter Lesung beraten. Das gilt auch für die Verordnung über Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO und gentechnisch veränderten Nahrungs- und Futtermitteln (KOM 2001/182).
Stark umstritten ist auch der EU-Richtlinienentwurf, der den Umgang mit Saatgut regelt, das zufällige oder technisch nicht vermeidbare Verunreinigungen mit GVO enthält. Danach darf Saatgut je nach Sorte zwischen 0,3 und 0,7% GVO enthalten, ohne dass es einer Kennzeichnung bedarf. Das bedeutet, dass auf einem Hektar Acker auf 30 bis 70 Quadratmetern gentechnisch veränderte Pflanzen stehen können, ohne dass der Landwirt davon Kenntnis hat.
Völlig unbefriedigend läuft die Diskussion auch bei den Haftungsfragen bezüglich GVO (KOM 2002/17). Im jüngsten Positionspapier der Kommission wird die Verantwortung der Gentechnik-Industrie und der Gentechnik einsetzenden Landwirte für Verunreinigungen und Auskreuzungen verneint. Die z.T. erheblichen Kosten und Auflagen um eine gentechnikfreie Produktion sicherzustellen soll die gentechnikfreie Landwirtschaft selbst tragen.
Der Landtag erwartet in diesem Zusammenhang von der Europäischen Kommission folgende Regelungen:
- Die Wahlfreiheit der Verbraucher zwischen GVO-Lebensmitteln und gentechnikfreier Nahrung muss rechtlich und tatsächlich gewährleistet sein.
- Landwirtschaft ohne Gentechnik muss weiter möglich bleiben.
- Saatgut darf grundsätzlich keine Verunreinigungen mit GVO enthalten. Als technische Nachweisgrenze gilt dabei zur Zeit ein Grenzwert von 0,1 %.
- Kosten und Auflagen zur Sicherung einer strikten Trennung von Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik (Koexistenz) und zur Gewährleistung des Reinheitsgebotes für Saatgut sind von denen zu tragen, die GVO herstellen und anbauen wollen. Sie müssen auch für Schäden haften, die durch entsprechende Verunreinigungen mit GVO entstehen.
Der Landtag fordert die Landesregierung und die Bundesregierung auf, sich für diese Regelungen bei der EU-Kommission einzusetzen.

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