Antrag: Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen und Kantinen stärken – DGE-Standards verbindlich umsetzen
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 Die Grünen
Eine bewusste und bedarfsgerechte Ernährung rückt zunehmend in den gesellschaftlichen Fokus, wobei eine individuelle Abstimmung auf die Lebensumstände sowie den Entwicklungsstand unausweichlich ist, um einen optimalen Gesundheitszustand, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden zu gewährleisten. Eine schlechte Ernährung ist die führende Ursache für Krankheiten weltweit und verantwortlich für Schätzungsweise 26 Prozent der global vermeidbaren Sterblichkeit von Menschen. Etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendliche zwischen drei und siebzehn Jahren in Deutschland sind übergewichtig, knapp 6 Prozent davon leiden an Adipositas. Krankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauferkrankungen, die durch schlechte Ernährung mitverursacht werden, sind nicht nur ein Risiko für die Gesundheit, sondern können auch schwerwiegende Konsequenzen für die Lebensqualität und Lebenserwartung von Kindern und Jugendlichen haben. Eine vollwertige Ernährung ist in jedem Lebensabschnitt wichtig, um Gesundheit zu fördern und Lebensqualität zu erhalten. Die Qualität der Ernährung beeinflusst die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder und Jugendlichen und fördert Seniorinnen und Senioren dabei, gesund alt zu werden. Zudem kann durch eine bewusste, saisonale, ökologische und regionale Ernährung die Umwelt und das Klima geschützt werden. Denn die Herstellung von Lebensmitteln hat weitreichende Auswirkungen auf Luft, Wasser, Böden, Klima und Tiere. Jegliche Bereiche der Gemeinschaftsverpflegung, in denen große Gruppen organisiert verpflegt werden, wie beispielsweise Seniorenheime, Kitas, Schulen oder Kantinen, können einen bedeutenden Beitrag zu einer gesunden, ausgewogenen und nachhaltigen Ernährung leisten.
Bereits vorhandene Beratungs- und Kommunikationsstrukturen des Landes Niedersachsen wie das Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft (ZEHN), der niedersächsische Landfrauenverband, der Vernetzungsstelle Seniorenernährung, der Beratungsstelle für Schulmensen, die Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Niedersachsen e.V., die Ernährungsräte des Landes Niedersachsen und des Bundes sowie die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen e.V. bilden bereits ein vielschichtiges Netz zur Unterstützung der Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung. Eine Verstetigung und Stärkung der bestehenden Strukturen ist daher obligatorisch. Auch die bereits vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für die Verpflegung an Schulen und Kitas durch die regionalen Landesämter für Schule und Bildung sind hervorzuheben. Hinzu kommen vielfältige Projekte zur Ernährungsbildung und Teilhabe an der Gemeinschaftsverpflegung.
Aufgrund der enormen Bedeutung einer vollwertigen Mahlzeit, sind Qualitätsstandards für die Ernährung in den Bereichen der Gemeinschaftsverpflegung verbindlich umzusetzen um den Menschen in Niedersachsen die Chance einer bewussten Ernährung zu ermöglichen. Die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung haben sich diesbezüglich bewährt und sollten bei der Ausschreibung von Leistungen der Verpflegung, ebenso wie der Bio-Standard berücksichtigt werden. Mit der Verpflichtung der Schulen Ganztagsunterricht ab 2026 anzubieten werden zunehmend junge Menschen auf eine Verpflegung in der Schule angewiesen sein. Umso wichtiger ist es, den Schülerinnen und Schülern unabhängig vom sozialen und ökonomischen Hintergrund ihrer Familie, Zugang zu gesundem, leckerem, vollwertigem und möglichst regionalem Essen zu ermöglichen.
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag bittet die Landesregierung
- Modellprojekte in Niedersachsen zu initiieren, bei denen Schulmensen zu Lernorten der Ernährungsbildung weiterentwickelt und die wissenschaftlichen Qualitätsstandards der DGE angewendet werden,
- die Vernetzungsstelle Seniorenernährung weiter zu stärken,
- im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten Qualitätsstandards für eine ausgewogene, altersgemäße, vollwertige und gesundheitsfördernde Ernährung zu entwickeln, sich dabei an den Empfehlungen der DGE zu orientieren, und darauf hinzuwirken, dass diese bei der Vergabe von Verpflegungsaufträgen an Kitas und Schulen Anwendung finden,
- zu prüfen, ob die Ernährungsangebote an Kitas und Schulen finanziell gefördert werden können,
- Überlegungen anzustellen, wie eine rechtssichere Implementierung von Qualitätsstandards in den Vergabeprozess möglich wäre und die Ergebnisse ggf. in einen Vergabeleitfaden für die Schul- und Kitaträger einfließen zu lassen,
- Kantinen und Gemeinschaftsverpflegungen in landeseigenen Einrichtungen schrittweise auf Gerichte aus Biolebensmitteln umzustellen und vermehrt regionale Erzeugnisse anzubieten,
- einen Stufenplan zu entwickeln, um durch Anreize, Beratung und Förderung, auch bei Kantinen in privater Trägerschaft, den Regional- und Bio-Anteil deutlich zu erhöhen,
- eine interministerielle Projektgruppe unter Einbezug der kommunalen Spitzenverbände sowie aller Multiplikatoren einzurichten, welche das Ziel verfolgt die Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen Senioreneinrichtungen und in den Kantinen zu stärken,
Begründung
Eine ausgewogene Ernährung bildet die Grundlage für ein gesundes Leben. Es besteht ein überragendes gesamtgesellschaftliches Interesse daran, die Gemeinschaftsverpflegung sowie die Ernährungsbildung flächendeckend zu stärken. Daher muss allen Menschen, unabhängig von ihren sozialen und ökonomischen Verhältnissen, der Zugang zu einer ausgewogenen, gesunden und schmackhaften Mahlzeit gewährleistet werden.
Um die Qualität der Mahlzeiten in der Gemeinschaftsverpflegung konstant sicherzustellen, sollte sich zukünftig noch mehr an Qualitätsstandards, wie die der DGE, unter Einbeziehung ökologisch erzeugter Lebensmittel orientiert werden. Um erste Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln und im Rahmen von Modellprojekten das soziale Gemeinschaftsgefüge sowie die Vermittlung von Wissen über einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil zu fördern, initiieren wir Modellprojekte in Niedersachsen.
Gleichzeitig bedarf es einer intensiveren Ernährungsbildung und einer stärkeren Zusammenarbeit aller Akteure, um die Beratungs- und Unterstützungsangebote der Verbände und Landesbehörden weiter auszubauen. Eine gesunde Ernährung sowie ein wertschätzender Umgang mit Lebensmitteln fördern das Wohlbefinden, stärken die Gemeinschaft und tragen zu einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion bei.