Antrag: Gemeinsame Anstalt öffentlichen Rechts für Statistik in Bund und Ländern

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 15.02.05
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die von der Landesregierung betriebene Absicht, die Landesämter für Statistik Niedersachsens und Bremens mit Sitz in Bremen unter Beibehaltung eines Standortes Hannover zu fusionieren, ist gescheitert. Der Abschlussbericht der Lenkungsgruppe zur "Optimierung der Statistischen Landesämter Bremen und Niedersachsen" zählt eine Reihe von Unstimmigkeiten mit dem Land Bremen auf, kommt daneben aber auch zu dem Urteil, dass mit der angedachten Fusionslösung nicht die beabsichtigten Einsparvorgaben zu erreichen seien. Grundsätzlich wird jedoch auch festgehalten, dass keine Bedenken dagegen stünden, die "öffentlich-rechtlichen Kompetenzen der Länder im Bereich der Statistik auf eine gemeinsam getragene rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts zu übertragen".
Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf, die Einrichtung eines Statistischen Amtes des Bundes und der Länder in der Form einer gemeinsamen Anstalt öffentlichen Rechts mit den jeweilig zuständigen Bundes- und Länderministerien zu prüfen. Mit dieser Lösung soll eine bessere Steuerung der Abläufe, die verbesserte Nutzung der erhobenen Daten, die Bündelung von Kommunikations- und Informationsaufgaben sowie die Entlastung der öffentlichen Haushalte angestrebt werden.
Begründung
Die amtliche Statistik Deutschland ist ein unentbehrlicher Bestandteil der informationellen Infrastruktur, und ihre Ergebnisse sind unentbehrliche Voraussetzung für jegliche Politik. Zugleich gibt es bundesweit einen erheblichen Reformbedarf in diesem Verwaltungszweig, der sich z.B. im "Masterplan zur Reform der amtlichen Statistik" sowie in Bestrebungen, einzelne Statistische Landesämter per Staatsvertrag zu größeren Einheiten zu fusionieren, dokumentiert.
Die geplante Fusion der Landesämter Niedersachsen und Bremen ist jedoch offensichtlich gescheitert. Auch durch die Fusion der Landesämter in Hamburg und Schleswig-Holstein ergaben sich bisher nicht die erhofften Einsparungen. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen ist zu hinterfragen, ob diese kleinteiligen Fusionen letztlich zielführend sind. Hinzu kommt, dass sie nicht an die Strukturprobleme der amtlichen Statistik in Deutschland rühren.
Diese Probleme beruhen vor allem auf drei sich gegenseitig behindernden Steuerungsprinzipien:
1. Der nationale und der europäische Gesetzgeber bestimmt über das Aufgabenprogramm der Statistischen Landesämter. Bis auf die Schul- und Justizstatistik sowie den kommunalen Finanzausgleich beruhen praktisch alle vom Niedersächsischen Landesamt für Statistik durchgeführten Erhebungen auf bundesweiten Rechtsnormen.
2. Der jeweilige Landesgesetzgeber sowie die Landesregierungen bestimmen über die Ressourcen (Haushalt, Stellen) der Landesämter, die organisatorische Struktur, die EDV-Infrastruktur sowie über zahllose weitere Fragen der Aufbau- und Ablauforganisation. Das Statistische Bundesamt hat gegenüber den Landesämtern kein Weisungsrecht.
3. Die interne Organisations- und Leitungsstruktur der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder erlaubt es den einzelnen Ämtern sehr individualisierte inhaltliche Profile auszubilden, wodurch die Kooperation und Zusammenarbeit zusätzlich erschwert wird.
Die Folge dieser sich gegenseitig behindernden Steuerungsprinzipien ist ein immenser Koordinationsbedarf auf allen Stufen des Produktionsprozesses (Erhebung, Aufbereitung und Darstellung/Analyse von Daten). Er entsteht im Detail z.B. durch regional verschiedene EDV-Systeme und unterschiedliche personelle und materielle Ressourcenausstattungen und führt auf der Ebene der Datenweitergabe zu einer heterogenen Veröffentlichungspraxis. Dies mindert den Nutzen und erhöht den Aufwand.
Die Statistischen Ämter bemühen sich derzeit, diese Kooperation zu verstärken und gemeinsam als "Statistische Ämter des Bundes und der Länder" aufzutreten. Dies geschieht z.B. im "Masterplan der Reform der amtlichen Statistik", durch ein gemeinsames Internetportal und durch gemeinsame Veröffentlichungen und Messeauftritte.
Durch die Bildung eines gemeinsamen Statistischen Amtes des Bundes und der Länder in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts können die oben erwähnten Steuerungsprobleme beseitigt werden. Dies würde erhebliche Ressourcen frei setzen – im Gegensatz zu den Fusionen einzelner Landesämter. Zugleich würden die Nutzer der amtlichen Statistik durch die höhere Vergleichbarkeit der Daten profitieren. Ein gemeinsames Statistisches Amt des Bundes und der Länder könnte die Vorteile einer zentralen nationalen Statistik, wie sie z.B. in Frankreich und den meisten europäischen Ländern üblich ist, mit den spezifischen Vorteilen einer föderalen Lösung verbinden. Die bisherigen Statistischen Landesämter wären regionale Standorte einer solchen Anstalt.
Fraktionsvorsitzender

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