Antrag: Gefährdete Ernährungssicherheit wegen Ukraine-Krieg in Entwicklungsländern: Lebensmittel-Retten-Gesetz jetzt auf den Weg bringen

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
FDP-Fraktion

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stelle fest:

Die gefährdete Ernährungssicherheit für einige Entwicklungsländer ist eine der vielen dramatischen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Insbesondere Länder Nordafrikas und in einigen anderen Ländern wie Jemen droht Hunger durch gesteigerte Nahrungsmittelkosten am Weltmarkt.

In Deutschland hingegen werden weiter über 18 Mio. Tonnen Lebensmittel in den Müll geworfen, was wiederholt parteiübergreifend kritisiert wurde und wird. Ursachen für Hunger in der Welt sind Verteilungsprobleme, nicht ein grundsätzlicher Mangel an Nahrungsmitteln.

Die Vernichtung von bereits produzierten, genussfähigen Lebensmitteln in Deutschland muss gestoppt werden. Bisherige Schritte, wie der Beschluss des niedersächsischen Landtages zur Einrichtung eines Runden Tisches zur Erarbeitung freiwilliger Lösungen, konnten bisher keine nachhaltige Wirkung erzielen.

Die aktuelle Lage lässt es nicht zu, dass Supermärkte und Einzelhandel weiter genießbare Produkte in die Mülltonne werfen während sich eine Verschärfung der globalen Lebensmittelversorgung abzeichnet.

Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf,

  1. eine Bundesratsinitiative zu initiieren und einen Gesetzentwurf vorzulegen welcher dazu führt, dass der Handel und das verarbeitende Gewerbe keine Produkte, die noch zum menschlichen Verzehr geeignet sind, entsorgen und stattdessen die kostenfreie Abgabe der Waren an interessierte Personenkreise oder gemeinnützige Einrichtungen vornehmen müssen
  2. kurzfristig Initiativen wie Foodsharing, organisatorisch und finanziell zu unterstützen, um eine Verteilung genießbarer, für die Entsorgung vorgesehener Lebensmittel, an Bedürftige im Inland oder in Krisenregionen sicherzustellen.

Begründung

In Frankreich gibt es seit 2016 das „Gesetz zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung“ wonach alle Supermärkte, mit einer Fläche von mehr als 400 Quadratmetern, dazu verpflichtet sind, nicht verkaufte Lebensmittel zu spenden anstatt sie zu entsorgen. Ähnliche Initiativen mit teils unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltungen gibt es mittlerweile in mehrere europäischen Staaten, wie zum Beispiel in Tschechien, Italien und Finnland.

Euch in Deutschland wird das Thema seit Jahren diskutiert, ohne dass sich jedoch konkret etwas ändert. Dabei wird das Problem der Lebensmittelverschwendung parteiübergreifen als solches anerkannt, in der Praxis stößt dessen Lösung jedoch auf Widerstände.

So müssten beispielsweise Regelungen dafür gefunden werden, dass für die Unternehmen keine Umsatzsteuer anfällt, wenn Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen gespendet werden, weil z.B. von einer Bemessungsgrundlage von 0 Euro ausgegangen wird. Auch wäre noch der ordnungsrechtlichen Rahmen zu schaffen, damit Lebensmittelmärkte von möglichen unangemessene Haftungsrisiken für unverschlossenes Bereitstellen befreit werden

Grundsätzlich gehen Studienergebnisse davon aus, dass im Lebensmittelgroß und -einzelhandel in Deutschland jeweils etwa 1% aller Nahrungsmittel entsorgt werden (Göbel et al. (2012): Verringerung von Lebensmittelabfällen – Identifikation von Ursachen und Handlungsoptionen in Nordrhein­ Westfalen. Studie für Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur-
und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen). Somit hat der Groß- und Einzelhandel nach Berechnungen des WWF (www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Studie_Das_grosse_Wegschmeissen.pdf) einen Anteil von rund 25% der vermeidbaren Lebensmittelverluste, wobei die Waren Gruppen unterschiedlich beurteilt werden müssen. Bei Brot und Backwaren werden demnach bis zu 10 % und bei Obst und Gemüse rund 5% entsorgt. Genießbare Trockenwaren hingegen landen nur zu 0,5% im Müll.

Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Nahrungsmittelkrise ist jedoch jedes entsorgte Produkt was eigentlich noch genießbar wäre, eines zu viel. Da insbesondere Gesetzesvorhaben mit einer gewissen Laufzeit verbunden sind, ist schnelles Handeln, noch in dieser Legislaturperiode, erforderlich.

Zurück zum Pressearchiv