Antrag: Erstellung eines Konzeptes für die Integration von Schülern und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die allgemeinen Schulen

 

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Erstellung eines Konzeptes für die Integration von Schülern und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die allgemeinen Schulen

Der Landtag stellt fest:

  • dass im Niedersächsischen  Schulgesetz Artikel 4 vorgesehen ist, dass Schülerinnen und Schüler, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen, gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern erzogen und unterrichtet werden sollen,
  • dass das Lernen in leistungsgemischten Lerngruppen größere Lernerfolge und bessere Leistungen erwarten lässt  als die frühe Sortierung in angeblich homogene Gruppen mit abgesenktem Anforderungsniveau,
  • dass in Niedersachsen seit mehr als 10 Jahren die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf, die integrativ beschult werden, stagniert  und die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Prozent, die die Förderschule mangels Alternative besuchen müssen, sogar angewachsen ist,
  • dass die Möglichkeit der integrativen Beschulung von Förderschülerinnen und Förderschülern ab Klasse 5 völlig unzureichend ist.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • dem Landtag innerhalb von drei Monaten ein Konzept vorzulegen, wie die Primarstufen der Förderschulen insbesondere im Bereich Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung, Sprache, Motorische Entwicklung und Geistige Entwicklung, schrittweise in die allgemeinen Grundschulen überführt werden. Dabei sollen die Fachkräfte der Förderschulen zur Lernunterstützung an den Grundschulen eingesetzt und die Klassenfrequenzen in den integrativen Klassen der Grundschule abgesenkt werden,
  • dem Landtag innerhalb von drei Monaten ein Konzept vorzulegen, wie die Integration von Schülerinnen und Schülern, die in der Grundschule gemeinsam unterrichtet wurden, in der Sekundarstufe I fortgeführt werden soll,
  • die finanziellen Auswirkungen der inklusiven Beschulung gegenüber der getrennten Beschulung der Förderschülerinnen und -schüler für das Land und für die Kommunen als Schulträger und Träger der Schülerbeförderung für den Primarbereich und für den Sekundarbereich I zu berechnen und dem Landtag darüber zu berichten.

 

Begründung:

Seit Beginn der 1970er-Jahre wird angestrebt, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit den übrigen Kindern zu unterrichten, um ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung entgegenzuwirken. Um Diskriminierung zu vermeiden, soll die Schule die Schülerinnen und Schüler in ihrer Unterschiedlichkeit anerkennen und in ihrer jeweiligen Besonderheit fördern. Der Deutsche Bildungsrat hat deshalb im Jahr 1973 in seiner Empfehlung "Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher" Leitsätze und Organisationsvorschläge zur integrativen Beschulung herausgegeben.

Seit 20 Jahren, seit dem Schuljahr 1986/87, gibt es in Niedersachsen Integrationsklassen, in denen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit anderen Kindern in Regelschulen unterrichtet werden. Schon in der Schulversuchsphase hat sich erwiesen, dass in diesen Integrationsklassen sowohl die Kinder mit als auch die Kinder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf von dem gemeinsamen Unterricht profitieren und besser gefördert werden können.

1993 ist deshalb in das niedersächsische Schulgesetz in § 4 der Grundsatz aufgenommen worden, dass in der Regel Schülerinnen und Schüler, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen, an allen Schulen gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern erzogen und unterrichtet werden sollen.

Dennoch stagniert in Niedersachsen seit 1994 die Integration der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine Förderschule besuchen, ist sowohl absolut als auch relativ deutlich angestiegen:

Integrationsklassen und  sonderpädagogische Grundversorgung sind auf einzelne Schulen bzw. kleine Regionen begrenzte Ausnahme geblieben. Zudem ist die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf noch immer weitgehend auf die Primarstufe beschränkt.

Wenn die Integrationsklassen und die regionalen Integrationskonzepte nicht weiterhin nur Alibifunktion haben sollen, sind jetzt Konzepte erforderlich, wie in absehbarer Frist der Anspruch der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf einen Unterricht an Regelschulen flächendeckend verwirklicht werden kann.

Den Ausbau der Integration wird durch die im Grundschulbereich bereits deutlich zurückgehenden Schülerzahlen erleichtert.

In ihrer Antwort vom 26.07.06 auf eine Anfrage der Abgeordneten Frau Korter vom 24.05.06 "Förderschulen im Primarbereich – Pädagogisch fragwürdig und teuer?" konnte die Landesregierung keine Auskunft zu den tatsächlichen, beim Land und bei den Schulträgern entstehenden Kosten pro Schüler (auch Fahrtkosten) der in Förderschulen des Primarbereichs beschulten Schülerinnen und Schüler geben. Eine umfassende Darstellung der finanziellen Auswirkungen, die auch die Schülertransportkosten einbezieht, würde jedoch zeigen, dass insbesondere für die Kommunen die Integration auch finanziell günstiger, zumindest nicht teurer sein wird als die Aufrechterhaltung eines gesonderten Förderschulwesens.

Fraktionsvorsitzender

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