Antrag: Entlassung des Innenministers Uwe Schünemann

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen                 
Fraktion der SPD
Fraktion Die Linke

Entlassung des Innenministers Uwe Schünemann

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag fordert Ministerpräsident David McAllister auf, Herrn Innenminister Uwe Schünemann unverzüglich zu entlassen.

Begründung

Herr Schünemann hat den Landtag bei der Unterrichtung im Innenausschuss am 16. Nov. 2011 über den Besuch des Polizeipräsidenten der zentralen Polizeidirektion nicht wahrheitsgemäß informiert.

Polizeipräsident Dr. Christian Grahl hat sich im August 2011 offenbar kurz nach Mitternacht mit einem Dienstwagen in eine Gastwirtschaft fahren lassen, die zum Einflussbereich der Hells Angels im Steintorviertel der Stadt Hannover gehört. Nach Ansicht von Beobachtern  hat der Polizeipräsident in dieser Einrichtung bis zum Morgengrauen verbracht und "privat" gefeiert. Die o.g. Einrichtung befand sich zum genannten Zeit offenbar im Besitz des Präsidenten des Charter Hannover der Hells Angels. Laut Presseberichten will sich Herr Grahl in dieser Einrichtung nur kurze Zeit aufgehalten haben und dabei 1-2 Bier konsumiert haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte der hannoversche Polizeipräsident seinen Polizeikräften bereits empfohlen, diese und andere Gastwirtschaften im Besitz der Hells Angels auch in ihrer Freizeit zu meiden, weil dies dem Ansehen der Polizei und der Einsatzfähigkeit der Polizei schaden könne.

Das Landeskriminalamt bringt Teile der Rockerszene laut taz vom 12.12.2008 dagegen mit Drogen, Menschenhandel und Zuhälterei in Verbindung.

Der Innenminister hat dem Innenausschuss mitgeteilt, dass er mit dem Polizeipräsidenten kurz nach der Feier ein Personalgespräch geführt habe. Aus heutiger Sicht muss bezweifelt werden, dass das Personalgespräch tatsächlich stattgefunden hat. Offenbar wurde der vorgesetzte Abteilungsleiter des Polizeipräsidenten nicht über diese Maßnahme informiert. Zudem ist nicht bekannt, dass ein Vermerk über das Personalgespräch angefertigt worden ist. Über negative Konsequenzen für den Polizeipräsidenten Grahl wurde ebenfalls nichts bekannt

Im Rahmen einer personalwirtschaftlichen Maßnahme sollte Polizeipräsident Grahl dann im November 2011 von der Stelle eines mit B4 besoldeten politischen Beamten auf eine mit B6 besoldete Beamtenstelle auf Lebenszeit befördert werden. Vorgesehen war dafür die Einrichtung einer neuen Abteilung.

Nachdem die nächtlichen Aktivitäten des Polizeipräsidenten bekannt wurden, sollte der Polizeipräsident laut Pressemitteilung von MI auf die Leitungsstelle des LSKN höhengleich auf eine Laufbahnbeamtenstelle versetzt werden. Schließlich wurde auch diese Entscheidung revidiert und eine Versetzung in das ML im Bereich der Flurbereinigung vorgenommen. Dabei wurden jedoch die in der Ausschreibung genannten erforderlichen Qualifikationen ignoriert.

Mit seinen Reaktionen auf das Fehlverhalten des ihm offenbar auch persönlich verbundenen Polizeipräsidenten Grahl hat der Innenminister seinen Amtseid verletzt. Er hat zunächst versucht, den ihm durch Herrn Grahl selbst eröffneten Besuch in der o.g. Gastwirtschaft unter die Decke zu kehren. Als dieser Vorfall öffentlich wurde, hat er weitere Schadensbegrenzung zu Gunsten des Herrn Grahl betrieben und durch die Deklaration eines Treffens mit Herrn Grahl als Personalgespräch den Eindruck erweckt, er hätte bereits angemessen reagiert. Unter steigenden öffentlichen Druck hat er dann Herrn Grahl als politischen Beamten unter Verstoß gegen rechtliche Vorschriften an die Spitze eines Landesbetriebes versetzt. Erst als auch dies den öffentlichen Druck nicht verringern konnte, sah er sich gezwungen, weitere Konsequenzen zu ziehen.

Weder Herr Grahl noch Herr Schünemann haben erkannt, welche Brisanz mit dem Besuch eines Polizeipräsidenten im unmittelbaren Einflussbereich der Hells Angels verbunden ist. Das fehlende Fingerspitzengefühl, das fehlende Unrechtsbewusstsein und der offensichtlich tolerierte Missbrauch von Dienstkraftwagen würde eine Entlassung des Innenministers schon rechtfertigen. Die nicht wahrheitsgemäße Information des Innenausschusses macht die Entlassung unausweichlich. Auch das zwischenzeitlich eingeleitete Disziplinarverfahren lässt befürchten, dass damit eine öffentliche Aufklärung eher verhindert werden sollte.

Gleichzeitig wurde der schikanöse Umgang des Innenministeriums gegen die Familien Nguyen aus Hoya und Sardi aus Dransfeld im Zuge angestrebter bzw. bereits vollzogenen Abschiebeverfahren bekannt. Im Fall Sardi konnte belegt werden, dass das Innenministerium dem Landkreis Göttingen Hinweise für eine unmenschliche Zermürbungstaktik gegeben hatte. In diesen Fällen zog sich der Innenminister zunächst auf eine formale Rechtsposition zurück bzw. versuchte sogar den Eindruck zu erwecken, die Betroffenen hätten sich nicht genügend rechtlich beraten lassen. Als dann jedoch der öffentliche Druck zu groß wurde, war es auf einmal möglich im Fall der Familie Nguyen doch humanitäre Prinzipien für ihre Rückkehr nach Deutschland anzuwenden.

Ein Minister – und vor allem ein Innenminister – der bereit ist , rechtliche Positionen je nach eigener Interessenlage und politischen bzw. persönlichen Präferenzen zu verbiegen, verletzt nicht nur das Rechtsempfinden der Menschen und richtet damit Schaden für die Rechtskultur im Lande an, er verstößt auch gegen seinen Amtseid. Dort lautet es:

"Ich schwöre, dass ich (”¦) meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen allen Menschen über werden."

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