Antrag: Energiesystem fit für die Energiewende machen: Anreizregulierung weiterentwickeln, Inves-titionen in die Verteilnetze stärken

Fraktion der CDU

Fraktion der SPD

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Energiewende führt zu einem grundlegenden Wandel des Energiesystems. Strom wird mit Windenergie- und Photovoltaikanlagen zunehmend dezentral erzeugt. Die Versorgung muss jederzeit garantiert werden, auch wenn die Erzeugung aus regenerativen Quellen je nach regionaler Wetterlage variiert.

In der Vergangenheit dienten die Verteilernetze im Wesentlichen dazu, Strom aus höheren Netzebenen zum Endverbraucher weiter zu leiten. Heute wird jedoch der größte Anteil der Erneuerbaren Energien direkt in das Verteilnetz eingespeist. Die Steuerung der Verteilernetze wird dadurch zunehmend komplex, was Um- und Ausbauten, sowie den Einsatz von intelligenten Technologien erforderlich macht.

Die Anreizregulierung, die den rechtlichen Rahmen für den Betrieb der Netze bildet, bewegt sich in einem Spannungsfeld: Investitionen in eine Modernisierung der Netze müssen für die Betreiber wirtschaftlich auskömmlich sein. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist gleichzeitig ein zielgerichteter und effizienter Mitteleinsatz sicherzustellen. Denn die Kosten des Netzbetriebs werden über die Netzentgelte auf die Stromverbraucher umgelegt.

Ziel der geplanten Novelle der Anreizregulierung muss eine Verbesserung des Investitionsrahmens für die Betreiber der Verteilernetze sein. Investitionen in die Verteilernetze werden aktuell erschwert, da in vielen Fällen ein starker Zeitverzug zwischen den zu tätigenden Investitionen und ihrer Erlöswirksamkeit besteht.

Der Landtag begrüßt:

  • die Einrichtung der Regulierungskammer Niedersachsen, womit das Land seit 1. Januar 2014 die Regulierungsaufsicht über Strom- und Gasnetzbetreiber übernommen hat, die bis zu 100.000 Kunden versorgen und deren Netz vollständig innerhalb von Niedersachsen liegt.
  • den Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom 17. Juni 2015 zur Novellierung der Anreizregulierungsverordnung.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene auch weiterhin

  • für die Abschaffung des Zeitverzugs zwischen Kostenanfall und Erlöswirksamkeit von allen Investitionsarten auf der Verteilnetzebene einzusetzen
  • gegen die Absenkung der Schwellenwerte für die Teilnahme von kleinen Netzbetreibern am vereinfachten Verfahren und für eine Weiterentwicklung der Ausgestaltung des vereinfachten Verfahrens auszusprechen
  • für eine Beibehaltung des „Best-of-Four-Ansatzes“ für die Ermittlung des Effizienzwertes einzusetzen

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • zu prüfen, ob das Modell der Investitionskostendifferenz geeignet ist, die nötigen Anreize für effiziente Investitionen zu schaffen
  • sich für mehr Transparenz bezüglich der Investitionen und Kosten der Netzbetreiber sowie dem Zustandekommen der damit verbundenen Netzentgelte einzusetzen.
  • das Online-Informationsangebot der Landesregulierungsbehörde weiter auszubauen und die Effizienzwerte, Erlösobergrenzen und Netzentgelte für alle niedersächsischen Netzbetreiber soweit rechtlich zulässig zu veröffentlichen, die der Aufsicht der Landesregulierungskammer unterliegen.

Begründung

Energienetze stellen sogenannte natürliche Monopole dar. Es gibt also je Netzgebiet nur einen Betreiber, der verpflichtet ist, allen Verbrauchern einen Netzanschluss zu sichern. Da die Netzbetreiber somit keinem Wettbewerb ausgesetzt sind, beaufsichtigen die Bundesnetzagentur bzw. die Landesregulierungsbehörden Betrieb, Unterhaltung und Ausbau der Netze sowie die Umlage der Kosten auf die Verbraucher durch die Netzentgelte.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat Anfang des Jahres Eckpunkte für eine Novellierung des Regulierungsrahmens für Energienetze vorgelegt. Im Zentrum steht eine Überarbeitung der Anreizregulierungsverordnung.

Die Energienetze müssen fit für die Energiewende werden. Im Vergleich zu den Verteilnetzen sind die Investitionsbedingungen für die Verteilernetze jedoch bislang deutlich ungünstiger gestaltet. Die Vorschläge der Bundesregierung lösen dieses Problem nicht auf. Der Zeitverzug zwischen Investitionszeitpunkt und Erlöswirksamkeit wird nur für Erweiterungsinvestitionen vermindert, also für den Neu- und Ausbau von Netzen. Es müssen jedoch auch für Umstrukturierungs- und Ersatzinvestitionen verstärkte Investitionsanreize geschaffen werden, um die notwendige Modernisierung der Netze zu ermöglichen. Alle effizienten Kosten der Verteilernetzbetreiber für Investitionen müssen in den jährlichen Erlösobergrenzen berücksichtigt werden. Der Bundesrat hat dafür mit Beschluss vom 5. Juli 2013 ein Modell der Investitionsdifferenzkosten vorgeschlagen.

Eine Weiterentwicklung des sogenannten vereinfachten Verfahrens kann die Möglichkeiten der Effizienzprüfung bei kleinen Betreibern erhöhen. Eine pauschale Halbierung des Schwellenwertes von 15.000 auf 7.500 angeschlossene Kunden, wie im Eckpunktepapier vorgesehen, würde jedoch insbesondere für die kleineren und mittleren Stadtwerke einen unangemessenen, bürokratischen Aufwand verursachen.

Ziel der Netzregulierung ist eine Steigerung der Effizienz bei der Bewirtschaftung der Netze. Bislang werden verschiedene Rechenmethoden eingesetzt, von denen jedoch keine alle notwendigen Aspekte abdeckt. Der Effizienzwert eines Netzbetreibers wird daher bislang nach der Regelung „Best-of-Four“ bestimmt, wonach der für das Unternehmen günstigste Wert gilt. Der Vorschlag der Bundesregierung sieht vor, aus den vier ermittelten Werten zukünftig einen Mittelwert zu bilden. Dies würde für den Großteil der Netzbetreiber eine nicht erreichbare Effizienzvorgabe bedeuten, da die Kosten kurzfristig nicht in diesem Umfang reduziert werden können. Eine Veränderung der Rechenmethode würde die Akzeptanz des etablierten Effizienz-Benchmarking sowie die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber gefährden.

Transparenz über die Kosten des Netzbetriebs ist eine wichtige Voraussetzung, um evaluieren zu können, ob die Netzregulierung die gewünschte Wirkung entfaltet. Um zu beurteilen, ob die erforderlichen Investitionen erfolgen und die Höhe der Netzentgelte angemessen ist, müssen soweit zulässig Informationen über getätigte Investitionen, deren Kosten und die Höhe der genehmigten Netzentgelte auch für die Öffentlichkeit verfügbar sein.

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