Antrag: Eckpunkte für eine Reform der Niedersächsischen Landesforstverwaltung

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Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Hannover, den 18.06.03

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Im Rahmen einer umfassenden Reform der Niedersächsischen Landesverwaltung erwartet der Landtag auch von der Landesforstverwaltung einen weiteren Beitrag zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und zur Haushaltsentlastung. Auf der Basis der positiven Ergebnisse der bisherigen Forstverwaltungsreform (1997 bis 2001) sind weitere Maßnahmen notwendig, die zu Kosteneinsparungen und Einnahmeverbesserungen führen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben der Nutzfunktion des Waldes gleichberechtigt auch seine Schutz- und Erholungsfunktion stehen. Die Sicherstellung des Forstbetriebes muss daher einhergehen mit der Sicherung der gesellschaftlichen Standards, die der Wald im Bereich Natur- und Umweltschutz, Erholungs- und Freizeitqualität bieten soll.
Der Landtag fordert deshalb von der Landesregierung, dass im weiteren Verlauf der Verwaltungsreform im Forstbereich folgende Eckpunkte beachtet werden:
- Bei möglichen Veränderungen in der Rechtsform der Forstverwaltung muss der gesetzlich verankerte dem höchsten Wohl der Allgemeinheit verpflichtete Status des niedersächsischen Staatswaldes erhalten bleiben. Eine qualitative oder quantitative Abschwächung des gesetzlichen Auftrages ist auszuschließen. Die weitere Bewirtschaftung nach dem Konzept der "Langfristigen ökologischen Waldentwicklung (LÖWE)" ist sicherzustellen. Das ist im Rahmen einer Anstalt des öffentlichen Rechts nicht zu garantieren.
- In den neben der Holzproduktion (Produktbereich 1) von der Niedersächsischen Landesforstverwaltung bearbeiteten Produktbereichen 2/Schutz und Sanierung, 3/Sicherung der Erholungsfunktion, 4/Leistungen für Dritte und 5/Hoheits- und sonstige behördlichen Aufgaben ist naturgemäß eine Kostendeckung nicht möglich, da im wesentlichen keine marktfähigen Produkte erstellt werden. Eine effektive und sachgerechte Erbringung dieser Leistungen ist auch künftig sicherzustellen.
- Die Synergieeffekte, die sich aus der gemeinschaftlichen Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben und des Forstbetriebes ergeben sind auch künftig zu nutzen.
- Angesichts der ungelösten Probleme bei der Betreuung des Privatwaldes dürfen neue Organisationslösungen in der Landesforstverwaltung nicht einer künftigen Bildung von Einheitsforstämtern für die besitzartenübergreifende Betreuung des niedersächsischen Waldes entgegenstehen. Auch eine Zuordnung von Aufgaben aus anderen Bereichen der Landesbehörden (z.B. Domänen- und Moorschutzverwaltung) soll möglich bleiben.
- Bei Rationalisierungsmaßnamen und Standortfragen ist der Grundsatz der besonderen Förderung des ländlichen Raumes zu beachten.
- Der öffentlichen Verantwortung insbesondere für die Schutz- und die Erholungsfunktion des Staatswaldes müssen wirksame Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten für das Parlament entsprechen.

Begründung
Im Rahmen der Verwaltungsreform soll auch die Reform der Niedersächsischen Landesforstverwaltung fortgesetzt werden. Im bisherigen Reformprozess konnte eine 20-%-ige Personalreduktion erreicht werden. Rund 40 Mio. € wurden durch den Verkauf von Immobilien dem Landeshaushalt zugeführt. Für die weitere Entwicklung wird z.Zt. auch eine Änderung der Rechtsform geprüft. Neben der Möglichkeit einen Landesbetrieb nach § 26 LHO einzurichten wird auch die Eignung einer Anstalt des öffentlichen Rechts erörtert. Durch eine Ausgliederung der Landesforstverwaltung in eine Anstalt öffentlichen Rechts würde der niedersächsische Waldbesitz formell vom Staatswald zum Körperschaftswald. Damit wäre entsprechend der Waldgesetze eine Statusänderung verbunden, die eine nachrangige Verfolgung der allgemeinwohlorientierten Waldfunktionen zur Folge haben könnte. Dies muss vermieden werden. Der "LÖWE"-Standard muss gesichert werden.
Die Forstverwaltung gliedert ihre Leistungen in die 5 im Entschließungstext genannten Produktbereiche. Es besteht Einvernehmen, dass das politische Ziel im Forst eine schwarze Null zu schreiben sich nur auf den Bereich 1 (Produktion von Holz und anderen Erzeugnissen) beziehen kann. Den hoheitlichen und sonstigen behördlichen Aufgaben (Produktbereich 5) zu denen etwa die Forstaufsicht, Fachplanungen, Waldinventuren oder die Vergabe von Fördermitteln gehört, stehen naturgemäß keine wesentlichen Einnahmemöglichkeiten gegenüber.
Das gilt auch für die Produktbereiche 2 bis 4. Hier geht es z.B. um die Ausgaben für Schutzgebiete, vor allem für den Nationalpark Harz und für weiteren Arten- und Biotopschutz, um Kosten für die Sicherung der Erholungsfunktion, der Öffentlichkeitsarbeit oder der Waldpädagogik und z.B. um die Beratung, die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der für Dritte erbrachten Leistungen. Hier handelt es sich weitgehend um einen Aufwand zur Erfüllung der gesellschaftlichen Standards, die der Wald im Bereich Natur- und Umweltschutz, Erholungs- und Freizeitqualität bieten soll. Weitere Reformmaßnahmen dürfen die Produktqualität in diesen Bereichen nicht schmälern.
Auch eine organisatorische Trennung der Bereiche von Hoheit und Betrieb macht keinen Sinn, da ein großer Teil der heute nutzbaren Synergieeffekte verloren ginge und zusätzlicher Personalbedarf (z.B. für eine Landschaftswacht) entstehen würde.
Bei der Neuordnung der staatlichen Forstverwaltung dürfen auch die Probleme der anderen Waldbesitzarten (Privat- und Genossenschaftswald) nicht ausgeblendet werden. Verwiesen sei dabei auf die derzeitigen Schwierigkeiten die Privatwaldbetreuung kostengünstig sicherzustellen. Die Grünen sind nach wie vor der Meinung, dass eine gemeinschaftliche Forstverwaltung in Niedersachsen, wie in anderen Bundesländern auch, eine sachgerechte Lösung bieten würde. Diese sollte jetzt durch kurzfristige Aktivitäten nicht verhindert oder erschwert werden.
Die besondere Förderung des ländlichen Raumes gehört zu den anerkannt zentralen Aufgaben der Landesregierung. Mit der Bereitstellung von Arbeitsplätzen, von Einkommen und Nachfrage in diesem Bereich leistet die Forstverwaltung einen bedeutenden Beitrag zur regionalen Stabilität und Entwicklung. Dieser Aspekt muss insbesondere bei der Entscheidung von möglichen Standortfragen eine bedeutende Rolle spielen.
Die Bedeutung des Waldes geht weit über seine wirtschaftliche Funktion hinaus. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Schutz- und Erholungsfunktionen gleichberechtigt neben die wirtschaftliche Nutzung gestellt. Die Sicherung dieser Gleichberechtigung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die angesichts wirtschaftlicher Zwänge nicht allein durch einen Sicherstellungsauftrag gewährleistet ist. Es bedarf darüber hinaus auch eines Einfluss- und Gestaltungsrahmens für das Parlament als Sachwalter gesellschaftlicher Interessen. Der Staatswald gehört dem Volk. Er darf auch deshalb dem Entscheidungsbereich seiner Volksvertreter nicht entzogen werden.

Fraktionsvorsitzende

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