Antrag: Die Landesregierung muss umgehend die FFH ? Gebietsmeldung ergänzen und vollständig nach Brüssel weiterleiten

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 18.01.2005

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung

Der Landtag stellt fest:
Die Landesregierung wird mit den derzeit zur Meldung vorgesehenen Gebietsvorschlägen den Anforderungen der FFH-Richtlinie nicht gerecht. Die derzeit bekannte Gebietskulisse ist unvollständig und vernachlässigt verschiedene, aus fachlichen Gründen für die Meldung erforderliche Gebiete. Damit provoziert die Landesregierung einen Konflikt mit der EU-Kommission, der zur baldigen Verhängung eines Zwangsgeldes gegen die Bundesrepublik Deutschland führen wird.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- eine mit der EU-Richtlinie konforme Meldung an die Bundesregierung und die EU-Kommission weiterzuleiten anstatt eine niedersächsische Neuinterpretation der FFH-Richtlinie vorzunehmen;
- entsprechend der mit Experten der EU-Kommission in 2004 erörterten Vorschläge FFH-Gebiete in angemessener Größe und Abgrenzung vorzuschlagen;
- neben dem Elbe-Ästuar auch die beiden anderen Flussmündungsgebiete Niedersachsens in die Vorschlagsliste aufzunehmen. Insbesondere beim Weser-Ästuar ist eine gemeinsame Meldung mit dem Land Bremen von hoher Bedeutung, um ein Zwangsgeld im bereits laufenden Verfahren abzuwenden.

Begründung

Nachdem von Seiten des Umweltministeriums im Oktober eine nach seinen Aussagen abschließende Vorschlagsliste zur Nachmeldung der Gebiete gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft vorgelegt und durch Kabinettsbeschluss gebilligt wurde, wird fachliche Kritik an dieser Liste vorgetragen. Der Vorschlag ist aus fachlicher Sicht des Bundesumweltministeriums unvollständig, insbesondere wegen der Nichteinbeziehung der Ästuare von Weser und Ems.
Erst im Dezember hat die EU-Kommission ein Verfahren gegen Frankreich vorangetrieben wegen mangelnder Meldung der Flussmündungen von Gironde, Loire und Seine und damit erneut ihren Willen demonstriert, in dieser Frage entschlossen eine richtlinienkonforme Meldung von den Mitgliedsstaaten einzufordern. Dabei geht es nicht darum, die wirtschaftlichen Aktivitäten in den Mündungsbereichen der Flüsse einzuschränken oder zu unterbinden. Vielmehr soll durch die Einbeziehung der Gebiete in das Netz Natura 2000 deren Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Europa berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass ökologische Aspekte in die Entscheidung über künftige Projekte einbezogen werden.
Auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages hat in einer fundierten Stellungnahme die Landesregierung darauf hingewiesen, dass in der ersten Stufe der Gebietsmeldung die Vorschlagsliste ausschließlich nach naturschutzfachlicher Betrachtung zu erstellen sei und kein substanzielles Auswahlermessen bestehe. Erst in der zweiten Stufe bestehe eine Einflussmöglichkeit bei der Auswahl für die Liste von Gebieten, denn in dieser Stufe werde die Liste von der Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten festgelegt. Das Umweltministerium beharrt darauf, bereits von Beginn an das Recht zur Auswahl repräsentativer Gebiete zu haben und deshalb zu entscheiden, dass die Ästuare von Weser und Ems nicht als FFH-Gebiete vorzuschlagen seien. Diese neuartige Auslegung der FFH-Richtlinie wird mit Sicherheit nicht die Zustimmung der EU-Kommission finden. Damit ist der Konflikt und die umgehende Verhängung eines Zwangsgeldes durch die EU vorprogrammiert. Allerdings wird dieses Zwangsgeld zunächst gegen die Bundesrepublik Deutschland verhängt werden. Dies ist anscheinend von der niedersächsischen Landesregierung eingeplant und lässt entsprechende Auseinandersetzungen mit der Bundesregierung erwarten, die Niedersachsen zur Finanzierung des Zwangsgeldes heranziehen wird.
Außer der Vernachlässigung der Meldung der Flussmündungen von Weser und Ems wird in der niedersächsischen Fachdebatte kritisiert, dass die bisher bekannten Gebietsvorschläge teilweise einem Flickenteppich kleiner Gebiete gleichen, während es der FFH-Richtlinie entspräche, kleinere Einzelgebiete zu Gesamtgebieten zu arrondieren. Dieses Vorgehen ist auf die bereits in der jetzigen Phase vorgenommene umfassende Berücksichtung wirtschaftlicher Belange zurückzuführen. Auch hier gilt, dass erst in einer zweiten Stufe nach der Meldung von Gebietsvorschlägen an die EU-Kommission eine Abwägung von wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Belangen erfolgen kann. Es ist festzustellen, dass die Landesregierung die FFH-Richtlinie nur halbherzig umsetzt, weil sie sich vermeintlichen wirtschaftlichen Belangen im Zweifelsfall stärker verpflichtet sieht als einem fairen Interessenausgleich zwischen den Belangen des Naturschutzes und nutzungsorientierter Belange.
Sowohl aus fachlichen Gründen als auch um das das zu erwartende Vorgehen der EU-Kommission zu vermeiden ergibt sich die Notwendigkeit, den niedersächsischen Vorschlag zur FFH-Gebietsmeldung angemessen zu erweitern. Dies muss umgehend erfolgen, da die Gebietsvorschläge bereits am 31.1.05 von der Bundesregierung nach Brüssel weiterzuleiten sind.

Fraktionsvorsitzender



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