Antrag: Dicke Luft in Städten und Gemeinden: Landesregierung muss den Weg für wirksame Maßnahmen freimachen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Hannover, Osnabrück, Oldenburg, Hildesheim und Hameln: In diesen niedersächsischen Städten werden die gesetzlich verankerten Ziele für saubere Luft und damit den Schutz der Gesundheit nicht erreicht. An stark befahrenen Straßen liegen die Stickoxid-Werte in der Atemluft im Jahresmittel über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³). Kommunen mit überhöhter Schadstoffbelastung müssen Luftreinhaltepläne aufstellen und kurzfristig Maßnahmen ergreifen, um die Grenzwerte einzuhalten.

Ein Gutachten im Auftrag des Landesumweltministeriums macht außerdem deutlich, dass auch in 36 weiteren niedersächsischen Städten und Gemeinden überhöhte Schadstoffbelastungen in der Luft zu befürchten sind.

Um die Gesundheit von Anwohnerinnen und Anwohnern zu schützen, klagt die Deutsche Umwelthilfe in Hannover und zahlreichen anderen Städten auf die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen für saubere Luft. In den bisherigen Urteilen wurde bestätigt, dass die Grenzwerte zeitnah einzuhalten sind. Nach den Urteilen der Verwaltungsgerichte in München, Düsseldorf und Stuttgart wird im Februar ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erwartet. Damit könnte es zu einer gerichtlichen Anordnung von generellen Dieselfahrverboten kommen, wenn bis dahin keine wirkungsvollen Maßnahmen in den Luftreinhalteplänen der Städte festgelegt sind. Die Kommunen geraten so immer weiter unter Druck, haben jedoch kaum Möglichkeiten, kurzfristig wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Die von diversen Dieselgipfeln beschlossenen Maßnahmen können allenfalls ein Drittel der betroffenen Städte entlasten, wenn sie vollständig und zeitnah umgesetzt werden. Für Hannover, Osnabrück und Oldenburg reichen Software-Updates definitiv nicht aus. Die Landesregierung muss sich für ein umfangreiches Förderprogramm zu nachhaltiger Mobilität, für technische Nachrüstungen und die Option der blauen Plakette einsetzen und damit die Kommunen unterstützen. Die Kosten, die in Folge des Dieselskandals entstehen, dürfen nicht den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufgebürdet werden, sondern müssen die Verursacher tragen. Auch dafür muss sich die Landesregierung starkmachen.

Der Landtag stellt fest,

  • dass die Städte und Gemeinden nicht mit den Folgen des Dieselbetrugs allein gelassen werden dürfen.
  • dass auch relativ neue Fahrzeuge im realen Betrieb zu viele Schadstoffe emittieren.
  • dass von Gerichten angeordnete generelle Fahrverbote für Dieselfahrzeuge drohen, wenn die Grenzwerte zum Gesundheitsschutz nicht zeitnah eingehalten werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • Die niedersächsischen Kommunen bei der Erreichung der Luftreinhalteziele wirksam zu unterstützen, um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
  • Schnellstmöglich durch den Abgleich mit aktuellen Zahlen zum Verkehrsaufkommen und Messungen zu prüfen, welche weiteren niedersächsischen Städte und Gemeinden von Grenzwertüberschreitungen tatsächlich betroffen sind.
  • Sich für technische Nachrüstungen von Diesel-Fahrzeugen mit Betrugs-Software ausschließlich auf Kosten der Verursacher einzusetzen.
  • Sich darüber hinaus dafür einzusetzen, dass Fahrzeuge Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im realen Verkehr einhalten.
  • Ein Förderprogramm des Bundes für nachhaltige Mobilität in den Städten in Höhe von 5 Mrd. Euro jährlich beim Bund einzufordern, zu verstetigen und zur Gegenfinanzierung die steuerliche Bevorzugung von Dieselkraftstoff zu streichen. Sich im Bund für die Einführung einer Blauen Plakette einzusetzen. Sich darüber hinaus dafür einzusetzen, mit den Mitteln aus dem Fonds für nachhaltige Mobilität gemeinsam mit den niedersächsischen Kommunen zukunftsfähige Mobilitätskonzepte umzusetzen und insbesondere den Ausbau des ÖPNV, die Modernisierung der ÖPNV-Flotten, Radschnellwege, die Stärkung von Fuß- und Radmobilität sowie die Förderung klimafreundlicher Antriebstechnologien voranzubringen.

Begründung

Der Grenzwert für die Stickoxidbelastung basiert auf EU-Recht und muss seit 2010 verbindlich eingehalten werden. Die Europäische Umweltagentur macht Stickoxide für den vorzeitigen Tod von 10.000 Menschen allein in Deutschland verantwortlich. Weil die Ziele für die Luftreinhaltung an zahlreichen Orten immer wieder verfehlt werden, hat die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.

Das staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim hat im Auftrag des niedersächsischen Umweltministeriums Orte mit möglichen hohen Luftschadstoffbelastungen in Bezug auf Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) ermittelt. Zusätzlich zu den schon bekannten sieben Städten sind möglicherweise 36 weitere niedersächsische Städte und Gemeinden von Straßenabschnitten mit erhöhten Schadstoffbelastungen der Luft durch den Straßenverkehr betroffen.

Zum Fonds für nachhaltige Mobilität soll die Automobilindustrie bislang lediglich einen Anteil von einem Viertel beisteuern.

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