Antrag: Den drohenden Notstand in der ambulanten Pflege verhindern – aufsichtsrechtliche Möglichkeiten nutzen!

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion der FDP

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Wohlfahrtsverbände AWO und Diakonie haben angekündigt, sich aus der ambulanten Pflege in Niedersachsen zurückziehen zu müssen, sollte es weiterhin keine sachgerechte Vergütung durch die Kostenträger geben. Diese kommen insbesondere ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Refinanzierung von Gehältern bis zur Höhe von tarifvertraglich vereinbarten Vergütungen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung des Unternehmerrisikos nicht nach. Im Falle eines Ausstiegs von AWO und Diakonie würden etwa 5.000 Pflegekräfte ihre Arbeit und 16.000 Menschen in Niedersachsen ihren Pflegedienst verlieren. Das entspricht fast einem Fünftel aller ambulant versorgten Pflegebedürftigen. Die Wohlfahrtsverbände und der Bundesverband Privater Anbieter Sozialer Dienste gehen darüber hinaus von etwa 5.000 schon heute unterversorgten Pflegebedürftigen im Monat aus. Die ambulante pflegerische Versorgung in Niedersachsen ist somit akut gefährdet.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf, die Versorgungsgefährdung in der ambulanten Versorgung offiziell festzustellen und auf dieser Grundlage ihre aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten gegenüber den Kostenträgern zu nutzen.

Begründung

In der 45. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages hat Sozialministerin Reimann im Rahmen der Dringlichen Anfrage der FDP-Fraktion mit dem Titel „Wird die ambulante Pflege nicht ausreichend finanziert?“ wiederholt ihre Erwartung an die Kostenträger geäußert, der gesetzlichen Verpflichtung zur Refinanzierung von Gehältern bis zur Höhe von tarifvertraglich vereinbarten Vergütungen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung des Unternehmerrisikos nachzukommen. Gleichzeitig machte die Ministerin deutlich, dass ein aufsichtsrechtliches Einschreiten der Landesregierung nach § 89 SGB IV erst bei einer nachweislich akuten Gefährdung der Versorgungssicherheit möglich sei. Davon sei Niedersachsen aber laut Ministerin Reimann „noch etwas entfernt“. Die Folgen eines Ausstiegs von AWO und Diakonie aus der ambulanten Pflege hält Ministerin Reimann gleichwohl für „ganz erheblich“.

Bereits im letzten Jahr berichteten jedoch verschiedene Medien, dass immer mehr Pflegedienste neue Patientinnen und Patienten abweisen und teilweise sogar bestehende Versorgungsverträge kündigen müssen. Anbieter von ambulanten Pflegediensten gehen von etwa 5.000 unterversorgten Pflegebedürftigen je Monat in Niedersachsen aus. In Anbetracht dieser schon jetzt vorliegenden Unterversorgung könnte die Einstellung der Versorgung von weiteren 16.000 pflegebedürftigen Menschen in Niedersachsen durch ihre bisherigen Pflegedienste nicht von anderen ambulanten Pflegeanbietern mit Zulassung im SGB XI aufgefangen werden und damit zu einem Notstand in der ambulanten pflegerischen Versorgung in Niedersachsen führen.

Diesen Notstand gilt es frühzeitig zu verhindern. Auf Grundlage einer festgestellten Gefährdung der Versorgungssicherheit kann die Landesregierung aufsichtsrechtlich gegenüber den Kostenträgern einschreiten und eine Refinanzierung von Gehältern bis zur Höhe von tarifvertraglich vereinbarten Vergütungen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung des Unternehmerrisikos verlangen. Damit könnte kurzfristig zumindest der drohende Wegfall von 16.000 Versorgungsverträgen abgewendet werden. In einem zweiten Schritt sind dann die Rahmenbedingungen zu schaffen, um die ambulante pflegerische Versorgung dauerhaft sicherzustellen.

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