Antrag: Castor 2003 ? Schluss mit rechtswidrigen Ingewahrsamnahmen!

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 22.10.2003

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Anlässlich mehrerer Entscheidungen des Landgerichts Lüneburg aus den vergangenen Monaten wird die Landesregierung aufgefordert, beim nächsten Castor-Transport in das Zwischenlager Gorleben dafür Sorge zu tragen, dass rechtsstaatliche Grundsätze auch gegenüber Demonstranten eingehalten werden.
Die Landesregierung muss sicher stellen,

- dass die Bezirksregierung in ihrer Gefahrenprognose und den polizeilichen Maßnahmen die vom Gericht aufgestellten Grundsätze zur Rechtswidrigkeit von Ingewahrsamnahmen zu Grunde legt,
- dass die Ermittlungen der Polizei auf der Grundlage der gerichtlichen Entscheidungen durchgeführt werden,
- dass die Konsultation der Richter und richterliche Entscheidungen über die Zulässigkeit und die Fortdauer der Freiheitsbeschränkung unverzüglich herbeigeführt werden.

Begründung
Die gerichtliche Aufarbeitung von Ingewahrsamnahmen während der Castor-Transporte der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass nachträglich in zahlreichen Fällen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen bestehen, weil die Polizei die gesetzlichen Voraussetzungen für Ingewahrsamnahmen nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 a und b NGefAG in einigen Fällen unbeachtet gelassen hat. Nach dieser Vorschrift können die Verwaltungsbehörden und die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit zu verhindern. Es müssen allerdings Anhaltspunkte, die z.B. auf die bevorstehende Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit hindeuten, grundsätzlich bei dem Betroffenen selbst vorliegen. Wenn daher strafbare Handlungen aus einer Gruppe heraus drohen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass jedes Mitglied dieser Gruppe ggf. strafbare Handlungen begehen könnte. Schon das Oberverwaltungsgericht Bremen hat in seiner Entscheidung vom 06.07.1999 (Az:1 HB 498/98) zu den Chaostagen in Bremen festgestellt, dass die polizeiliche Gefahrenprognose sich grundsätzlich auf die Betroffenen beziehen müsse. Hieran fehlt es offensichtlich hinsichtlich zahlreicher Ingewahrsamnahmen die, die Polizei anlässlich des Castor-Transports im Jahr 2001 durchgeführt hat.
Vom Landgericht Lüneburg wurden am 08.07.03, 07.08.03, 25.08.03 und 25.09.03 – auch auf dieser Grundlage - einige Beschlüsse der Amtsgerichte Uelzen und Dannenberg zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsbeschränkung aufgehoben und zur Durchführung der gebotenen Sachverhaltsaufklärung an die Gerichte zurückverwiesen. Nach der gerichtlichen Feststellung sei unklar welcher Sachverhalt den Entscheidungen zu Grunde liege, sodass weder die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit noch einer Straftat nach der Begründung der Entscheidungen festgestellt wurde und daher die Entscheidungen in rechtswidriger Weise nur formblattmäßig begründet seien. In einigen Fällen hätten die erstinstanzlichen Gerichte ohne persönliche Anhörung der Betroffenen entschieden, obwohl die Anhörung zur Aufklärung des Sachverhalts gerade in Fällen von Freiheitsentziehung i.S. d. Art. 104 Abs. 2 GG im Interesse sachgemäßer Ermittlungen in aller Regel geboten ist und die vorherige Anhörung des Betroffenen zu den grundrechtlich geschützten Verfahrensgarantien gehört. Auch müsse noch geprüft werden, ob § 19 Abs. 1 Satz 1 NGefAG verletzt worden sei, weil nach der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und die Fortdauer der Freiheitsbeschränkung nicht unverzüglich herbeigeführt worden sei. Die Begründung der Bezirksregierung, die notwendigen Ermittlungen der Polizei und die aktenmäßige Bearbeitung bedürften bei einem Großeinsatz mit einer Vielzahl von Ingewahrsamnahmen eine gewisse Zeit, sei zu abstrakt.

Fraktionsvorsitzende

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